Ausgabe 2 / 2003 Material von Kroeber-Wolf, Gerda/Mesenhöller, Peter

Deutsch-Samoa, ein koloniales Kleinod

Von Kroeber-Wolf, Gerda/Mesenhöller, Peter

 

Bericht aus der „Gartenlaube“ von 1899

Der erste Morgenschein leuchtet über der Südsee, die ein Dampfer eilig durchkreuzt. Wie ein köstlicher Opal schimmert die unendliche Flut, im Süden taucht aber wie ein prächtiger Riesensmaragd ein Eiland aus den Wogen des Meeres empor. Also grüßt Upolu, die Perle von Samoa, den Südseereisenden – ein entzückender Anblick! Näher und näher dampft das Schiff heran, zwischen Brandungen der Korallenriffe sucht es seinen Weg und fährt in die von dem schön gerundeten Apiaberge überragte Bucht.

Im weiten Halbkreise, fast nur eine einzige Straße bildend, hat sich Apia, Samoas „Hauptstadt“, an dem Gestade der Bucht ausgebreitet. In der Mitte liegt die eigentliche Stadt mit den Handelshäusern, Gasthöfen und Schenken; westlich von ihr sehen wir das Dorf Matafele; deutscher Fleiß hat es errichtet und zur Blüte emporgebracht; denn in langen Reihen stehen hier die weiten Gebäude der großen Faktorei der „Deutschen Handels- und Plantagengesellschaft der Südsee“. Im Osten erblicken wir das Dorf Matautu mit englischen und amerikanischen Konsulatsgebäuden und auf der Landzunge Mulinuu, die an Matafele grenzt, haben sich die Eingeborenen mit ihren leichten, luftigen Hütten angesiedelt.

Da sehen wir keine abstoßenden, hässlichen Wilden. Freundliche Menschen steigen von den Booten auf das Deck des Schiffes; vollendet schön sind ihre Körperformen; ihr Eindruck wird noch gehoben durch die malerische Tracht, ein Hüfttuch und Blätter- und Blumengewinde; ihre Gesichtszüge haben auf klassische Schönheit keinen Anspruch, aber sie sind selbst dem Europäer sympathisch, der sich bald angezogen fühlt durch das freundliche, sich anschmiegende Wesen der bronzefarbigen Gesellen.Wir lernen ihre Heiterkeit und Sorglosigkeit begreifen, wenn wir mit ihnen ans Land gehen und mit ihrer Heimat vertraut werden.

Dem gemütlichen Charakterbilde des Samoaners fehlen allerdings die Schattenseiten nicht. Diese Insulaner sind leider ungemein arbeitsscheu. Nur das Notwendigste zum Lebensunterhalt pflegen sie zu verrichten und lassen sich durchaus nicht bewegen, in den Pflanzungen zu arbeiten. Eine Geißel, die sie über sich selbst beschwören, sind ihre fortwährenden Kriege, die aus Rivalität der einzelnen Häuptlinge geführt werden. Sie verlaufen zwar nicht besonders blutig, aber die Parteien verheeren gegenseitig ihre Pflanzungen, hauen des Feindes Brotfruchtbäume und Kokospalmen um und brennen die Häuser nieder. So haben diese nutzlosen Scharmützel nur zu oft Hungersnot im Gefolge, die sonst in dem gesegneten Lande völlig unmöglich sein würde. …

Nun ist der größte und schönste Teil der Samoainseln deutsch. Dem Pflanzer ist unter dem Schutz des Reiches eine sichere Zukunft gewährleistet. Samoa wird aufblühen, und hoffentlich wird es gelingen, auch das heitere Völkchen der Samoaner wirklich zu kultivieren, indem man ihm die kleinen Kriege unmöglich macht und es nach und nach zur Arbeit erzieht.

in: Gerda Kroeber-Wolf und Peter Mesenhöller (Hrsg.), Talofa! Samoa, Südsee © (Roter Faden 21), Museum für Völkerkunde, Frankfurt am Main 1998 (heute Museum der Weltkulturen)

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