Ausgabe 2 / 2005 Artikel von Antje Schrupp

Kleines Lexikon zur Frauenbewegung

Von Antje Schrupp

Biologismus ist, wenn die Unterschiede zwischen den Geschlechtern nicht auf kulturelle oder soziale, sondern ausschließlich auf biologische Ursachen zurückgeführt werden. Damit soll meist gleichzeitig behauptet werden, dass man sie eigentlich nicht verändern kann. Bei allen sonstigen Unterschieden halten das sämtliche C Feministinnen für Quatsch.
Emanzipation ist ursprünglich ein Begriff aus dem römischen Recht, der die Entlassung des Sohnes aus der väterlichen, also im Wortsinn aus C patriarchaler Gewalt bezeichnet. Seit dem 18. Jh. steht sie für die Befreiung aus als unrechtmäßig empfundenen Herrschaftsverhältnissen allgemein. Im 20. Jh. wurde Emanzipation auch zum Synonym für die gesellschaftliche Gleichstellung der Frauen mit den Männern.
Empowerment entstand in den 1980er Jahren als Konzept in Psychologie bzw. Sozialpädagogik und bedeutet „Selbstermächtigung“. Gemeint waren Strategien, die den Patienten oder Klientinnen helfen sollten, ihre Belange selbst zu vertreten und sich als Expertinnen ihrer eigenen Situation zu verstehen. Später wurde der Ansatz auch in der Entwicklungs- und Frauenpolitik aufgegriffen und ersetzte dort weitgehend die früheren Hilfskonzepte. Das war zweifellos sinnvoll. Es ist aber keineswegs so, dass jede C Frau Empowerment nötig hätte.
Frau nennt man Menschen weiblichen Geschlechts. Sie machen gut die Hälfte aller Neugeborenen aus. Das Frausein ist nicht allein von der körperlichen Beschaffenheit abhängig (vgl. Trans sexualität oder Intersexualität), kann jedoch auch nicht losgelöst vom Körper verstanden werden. Doch auch wenn umstritten ist, was genau Frauen zu Frauen macht, sicher ist: Es gibt sie.
Feminismus könnte man als Theorie zur C Frauenbewegung definieren. Feministische Ideen, Ansichten oder Projekte haben das Anliegen, die Lebensumstände von C Frauen zu verbessern bzw. die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass solche Verbesserungen möglich werden. Inhaltlich können sie sich erheblich voneinander unterscheiden, ja sogar gegenseitig widersprechen. Deshalb ist zuweilen auch im Plural von „Feminismen“ die Rede.
Frauenbewegung ist der Oberbegriff für Gruppen und Frauen, die gemeinsam mit anderen und öffentlich für ihre Anliegen eintreten. Da es solche Gruppen und Frauen immer gab (und auch überall gibt), ist die Frauenbewegung so alt wie die Menschheit, und es gibt sie auch in allen Kulturen und auf allen Kontinenten. Allerdings ist sie, wie alle sozialen Bewegungen, Höhen und Tiefen ausgesetzt. In der westlichen Geschichtsschreibung gilt das Engagement europäischer Frauenrechtlerinnen im 19./20. Jahrhundert als „erste“, die aus der Studentenbewegung der 1960er Jahre hervor gegangenen C feministischen Aktionen als „zweite“ Frauenbewegung.
Gender kommt aus dem Englischen und bezeichnet das soziale, kulturell definierte Geschlecht im Unterschied zum biologischen Geschlecht („sex“). Wie sinnvoll diese Unterscheidung ist, ist unter C Feministinnen umstritten.
Gender-Mainstreaming heißt in etwa: „Die Bedeutung des sozialen Geschlechts in das allgemeine Bewusstsein und Handeln einbringen“. Vorgeschlagen wurde es erstmals 1985 bei der C Weltfrauenkonferenz in Nairobi, konkretisiert 1995 in Peking. Die Staaten verpflichteten sich dafür zu sorgen, dass in Behörden, Institutionen und Unternehmen alle Entscheidungen auf ihre meist unterschiedlichen Auswirkungen auf Frauen und Männer untersucht und entsprechend gestaltet werden. Ein Unterbereich, der speziell die Verteilung von Geld betrifft, ist das Gender-Budgeting.
Patriarchat – wörtlich: „Herrschaft/Ordnung des Vaters“ – heißt eine Gesellschaft, wenn erwachsene Männer die Vorherrschaft über Kinder und Frauen haben. Ihre Symbole sind der Vater als Oberhaupt der Familie sowie ein als allmächtig definierter Vater-Gott. Die klassische patriarchale Ordnung ist in vielen westlichen Ländern inzwischen ins Wanken gekommen, was einerseits Grund zur Freude ist, andererseits aber auch zahlreiche Krisen hervorruft, insbesondere im Hinblick auf das soziale Gefüge. Die Herausforderung, an Stelle des Patriarchats eine andere – möglichst bessere – Ordnung zu etablieren, ist noch nicht bewältigt.
Wahlrecht ist seit der Französischen Revolution (1789) ein demokratisches Grundprinzip und soll die Beteiligung aller Erwachsenen an den politischen Entscheidungen eines Staates gewährleisten. Infolge einer gewissen Inkonsequenz seiner (männlichen) Erfinder waren Frauen anfangs davon ausgeschlossen. Das Frauenwahlrecht zu erkämpfen war daher ein Hauptanliegen der „ersten“ C Frauenbewegung in Europa. In den meisten westlichen Ländern wurde es nach dem ersten Weltkrieg eingeführt (z.B. Deutschland 1918, USA 1920).
Weltfrauenkonferenz(en) werden von den Vereinten Nationen in unregelmäßigen Abständen abgehalten, um Möglichkeiten zu diskutieren, wie die Position von Frauen weltweit in rechtlicher, wirtschaftlicher, politischer und sozialer Hinsicht gestärkt werden kann. Die erste Weltfrauenkonferenz fand 1975 in Mexiko statt, die zweite 1980 in Kopenhagen, die dritte 1985 in Nairobi, die vierte 1995 in Peking.
Womanism (von engl. woman = Frau) ist die Selbstbezeichnung afro-amerikanischer C Feministinnen. Der 1983 von Alice Walker eingeführte Begriff soll deutlich machen, dass sie sich auf das kulturelle Erbe der schwarzen, afro-amerikanischen Bevölkerung beziehen (und nicht auf die meist bürgerlichen Traditionen der weißen C Frauenbewegung).

Dr. Antje Schrupp ist Journalistin und Politikwissenschaftlerin und lebt in Frankfurt am Main. Sie arbeitet u.a. zu weiblicher Philosophie und politischer Praxis; mehr unter: www.antjeschrupp.de.

Tipp: Eine ausführlichere Fassung des kleinen Lexikons zur Frauenbewegung finden Sie als Material zum Herunterladen im Servicebereich dieser Internetseite.

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