Alle Ausgaben / 2006 Bibelarbeit von Stefanie Schäfer-Bossert

Frauentanz im Ersten Testament

Bibelarbeit mit Tanz-Vertiefungen

Von Stefanie Schäfer-Bossert


Meine erste Reaktion auf die Anfrage für diesen Text war: Ich liebe Bibelarbeiten, und das gern so klug wie möglich – aber zu „Tanz“ setzen wir uns nicht ein paar Stunden zum geistigen Durchdringen hin. Da setzen wir uns in Bewegung! Und so werde ich die eine oder andere exegetische Vertiefung der praktischen opfern und mögliche Umsetzungen gleich in den Text einbauen.

Was vermutlich als Erstes in Bewegung kommen muss, ist der Eindruck, den wir von der Stellung des Ersten Testaments zum Tanzen haben.

Das kann in der Gruppe nachvollzogen werden zum Einstieg: Wie bewertet das Erste Testament das Tanzen? Was fällt uns dazu als Erstes ein? Was noch?

Heute fällt mancher sofort Mirjam ein, aber in meinem Kopf saß zur „allgemeinen Bewertung“ zunächst einmal der Tanz um das goldene Kalb – und dass der Tanz so verkehrt sei wie das Kalb, und dass folglich das Tanzen den Ruch der Abgötterei habe. Als ich vor Jahren erstmals einen Tanzgottesdienst zur normalen Sonntagszeit anbot, war mein Hauptanliegen denn auch, diesem Eindruck biblisch zu wehren. Diese Bibelarbeit hat ein ähnliches Anliegen und schlägt vor, einfache Tanzformen zu wählen, in die Sie aus dem Schwung des Biblischen direkt einsteigen können. Sie werden überrascht sein, wie gut das dann klappt!

Tanz im Ersten Testament

Welche Bibelstellen gibt es im Ersten Testament, in denen Frauen tanzen oder in denen vom Tanzen die Rede ist?

Die Frage kann einleitend der Gruppe gestellt werden. Dann kann mit der folgenden Sammlung ergänzt werden; diese (reihum im Wechsel?) vortragen und auch als Blatt austeilen. (1)
(Kopiervorlage für AbonnentInnen zum Herunterladen unter
Service)

– Da nahm Mirjam, die Prophetin, die Schwester Aarons, die Handtrommel in ihre Hand. Und alle Frauen zogen aus hinter ihr mit Handtrommeln und mit Tänzen. Da antwortete Mirjam für sie: Singt JHWH! Ja, hoch hat er sich erhoben, das Pferd und seinen Reiter hat er ins Meer geworfen. (Ex 15,20.21 MG)
– Da kam Jephta [heil und siegreich aus dem Krieg zurückgekehrt] nach Mizpa nach Hause und da: Seine Tochter zog aus, ihm entgegen, mit Handtrommeln und mit Tänzen. (Ri 11,34 MG)
– Und sie [die Benjaminiten mit Frauenmangel und keiner Aussicht auf freiwillige Verheiratung aus anderen Stämmen] sagten: Da ist doch ein Fest JHWHs in Schilo von Jahr zu Jahr. (…) Geht, legt euch in den Weinbergen auf die Lauer! Und wenn ihr seht, da, die Töchter von Schilo ziehen aus, um Tänze zu tanzen, dann zieht hervor aus den Weinbergen und fangt euch jeder seine Frau unter den Töchtern von Schilo und geht ins Land Benjamin. (…) Da machten es die Benjaminiten so. Sie nahmen sich Frauen nach ihrer Zahl von den Tanzenden, die sie raubten. (Ri 21,19-23 MG)
Und es geschah, als sie kamen, als David vom Sieg über den Philister zurückkehrte, da zogen die Frauen aus allen Städten Israels mit Gesang und Tänzen dem König Saul entgegen, mit Handtrommeln, mit Freude und mit Triangeln. Da antworteten die tanzenden Frauen, sie sagten: Saul hat seine Tausende erschlagen und David seine Zehntausende. (1 Sam 18,6.7 MG)
– Und David tanzte mit aller Kraft vor JHWH und war umgürtet mit einem leinenen Priesterschurz. Und David und das ganze Haus Israel führten die Lade JHWHs herauf mit Freudenschreien und dem Klang des Schofar. Und die Lade des Herrn kam in die Stadt Davids (…) Und David sagte (…): Ich will vor JHWH tanzen, der mich erwählt hat. (2 Sam 6,14.21)
– Aufgehört hat die Freude unseres Herzens. In Trauer ist unser Tanz verwandelt worden. (Klgl 5,15 MG)
– Mein Wehklagen hast du in Tanz verwandelt, meinen Sack (=Trauergewand) hast du gelöst und mich mit Freude umgürtet. (Ps 30,12 MG)
– Tanze vor dem Herrn, Erde, vor dem Gott Jakobs. (Ps 114,7; vgl. Jer 51,29)
– So spricht JHWH: Es hat Gnade gefunden in der Wüste das Volk derer, die dem Schwert entronnen sind, als Israel zu seinem Ruheort wanderte. Von Ferne ist JHWH mir erschienen: „Ich habe dich geliebt, geliebt für immer, darum habe ich dir meine Freundschaft bewahrt. Ich will dich wieder bauen, und du wirst gebaut sein, Jungfrau Israel! Du wirst dich wieder schmücken mit deinen Handtrommeln und ausziehen im Tanz der Ausgelassenen. Du wirst wieder Weinberge pflanzen auf den Bergen Samarias; die Pflanzer werden pflanzen und genießen. Denn es wird einen Tag geben, an dem die Wächter auf dem Gebirge Ephraim rufen: Macht euch auf und lasst uns nach Zion hinaufziehen zu JHWH, unserem Gott! Dann wird sich die Jungfrau freuen im Tanz, junge Männer und alte Leute miteinander. Und ich verwandele ihre Trauer in Freude, ich tröste sie und mache sie froh anstelle ihres Kummers. (Jer 31,2-6.13 MG)

Das Zusammentragen und Lesen der Bibelstellen sollte mit einem ausgiebigen Gruppengespräch verbunden sein. An dessen Ende steht die Frage: „Hat sich der (jeweils persönliche) Eindruck, wie das Erste Testament das Tanzen bewertet, verändert? Wie?“ Woran sich ein erster Tanz in der Gruppe anschließen könnte…

Tanz und Religion

Die biblischen Texte stellen das Tanzen eindeutig in Gegensatz zu Trauer und Trübsal,(2) aber nicht in Gegensatz zum Glauben. Sie zeigen vielmehr, dass das Tanzen zum altisraelitischen Leben und auch zum religiösen Feiern dazugehörte, und dass es, sogar im Munde GOTTes, als Bild endzeitlichen Heils steht.

In der Erzählung der Vorgänge beim „Tanz ums goldene Kalb“ (Ex 32) ist zunächst (VV.1-6) gar nicht vom Tanzen die Rede, sondern erst dann, wenn Mose das Geschehen theologisch wertet (V.19).(3) Dies zeigt freilich gerade, dass das Tanzen zu religiösen Festen dazu gehörte (vgl. Ri 21,19) – die Erzählung kritisiert primär die Ungeduld, nicht warten zu können, auch nicht auf die Offenbarungen Gottes, sondern baldmöglichst das religiöse „Event“, womöglich nach eigener Maßgabe, zu suchen.(4) Diesem stehen die Offenbarungen und Weisungen Gottes an Mose gegenüber, möglicherweise aber doch auch ein gewisses Unbehagen an „allzu erotischen“ Konnotationen exstatischer Feiern.
Die Schilderung von Davids Tanz bei der Überführung der Bundeslade
(2 Sam 6,14-23) geht in dieselbe Richtung: Seine erste Frau Michal verachtet ihn wegen seines Tanzes.(5) Das Problem ist indessen weniger der Tanz an sich, als der kurze Priesterschurz, den David trägt: „Wie herrlich ist heute der König von Israel gewesen, als er sich vor den Mägden seiner Männer entblößt hat!“ (V. 20) David kontert mit religiöser Überzeugung und dem Tanz als Dank an GOTT, und der Fortgang der Erzählung mit der Bestrafung Michals durch Kinderlosigkeit gibt ihm Recht.(6)
Wie auch die Schilo-Geschichte zeigt, in der Tänze zum JWH-Fest dazugehören, ist das Tanzen als verkörperter Dank, als Zeichen und Ausdruck der Freude, als „Ganzkörper-Gotteslob“ dem alten Israel, das viel weniger als wir in der Trennung zwischen Leib und Seele/Geist denkt, fühlt und lebt, also gar nichts Fremdes.

Hier könnte ein Kreuzschritt-Reigentanz zu israelischer Musik folgen (s. Seite 12)

Tänze und Frauentänze

Auffällig ist, dass für „tanzen“ verschiedene Verben verwendet werden,(7) aber öfter von „Tänzen“ bzw. „dem Tanzen“ die Rede ist. Mecholot (Plural von Mecholah)(8) wird in der Hebräischen Bibel für den Tanz von Frauen gebraucht,(9) während die maskuline Form (Machol) immer im Singular, in allgemeineren Aussagen ohne nähere Bestimmung der Tanzenden verwendet wird.(10) Bei letzteren sind Frauen wahrscheinlich mitgemeint, aber daneben scheinen eigene Tanz-Traditionen von Frauen auf: bei Mirjam (Ex 20), Jephtas Tochter (Ri 11), den Töchtern von Schilo (Ri 21), den Frauen aus den Städten (1 Sam 18) und der Jungfrau Israel (Jer 31).(11)

Der Trommel-Lied-Frauentanz

Die Töchter von Schilo tanzen anlässlich eines JHWH-Festes, doch hinter den anderen Frauentanz-Belegen lässt sich z.T. ein eigenes Genre finden, das „Trommel-Tanz-Lied-Genre“: Frauen stehen tanzend und trommelnd in der Öffentlichkeit und deuten die Situation mit einem Text/Lied, was die Situation sowohl klärt als auch vorantreibt. All diese Elemente finden sich in Ex 20 und 1 Sam 18. In Ri 11 ist zwar nur Jephtas Tochter explizit genannt, aber die Trommeln im Plural und die Erwähnung des Tanzes weisen auf andere Frauen hin, und meist wird das Lied nach 1 Sam 18 vorausgesetzt.(12) Die metaphorische Jungfrau Israel ist selbst ein Kollektiv, für das der Frauentanz maßgeblich ist, und ab V.3 erscheint – im Gesamt der Gottesrede – ihre Rede, die die Anrede GOTTes an sie wiedergibt.
Die Trommel, der einzige biblisch genannte Trommeltyp, heißt lautmalerisch toph und meint eine Hand-Rahmentrommel, die mit der einen Hand vor den Körper gehalten und mit der anderen geschlagen wird. Im Ensemble mit anderen Instrumenten konnte sie wohl von Frauen wie von Männern gespielt werden.(13) In der (Nur-)Trommelgruppe wird der toph biblisch jedoch nur im Rahmen der Frauen-Tanz-Texte erwähnt. Da geht es ganz besonders um Rhythmus und Kraft, da wurde „auf die Pauke gehauen“!

Es gibt also solche Traditionen, aber sozialgeschichtlich lässt sich kaum eindeutig herausfinden, wie sie konkret ausgesehen haben. In Richter ist von „Jungfrauen“ die Rede, die Frauen aus den Städten bei Samuel sind nicht darauf eingegrenzt, und die des Exodus können es schon gar nicht sein. Ob Frauentanz zu allen religiösen Festen gehörte und wie lange, ist ebenfalls unklar. Aber ganz ohne historischen Hintergrund wären die Erzählungen nicht denkbar, und so sind sie Teil einer Frauengeschichte, die eben doch nicht nur aus Passivität besteht. Und vor allem: Diese Powerfrauen gehören zu der theologischen Tradition, in die wir uns stellen möchten.
Bereits 1959 hat Martin Noth über einen Brauch nachgedacht, dass die Frauen den siegreich heimkehrenden Männern entgegenzogen, um sie mit Gesang und Tanz zu begrüßen und ihnen ein Siegeslied zu singen; dies würde zu 1 Sam 18 und auch noch Ri 11 passen. Feministische Exegetinnen sehen freilich mehr und anderes. Sie können die Frauenchöre auch als subversives öffentliches Proklamieren bis hin zum Verspotten lesen – eine weniger ehefraulich-liebliche, aber nicht minder plausible Deutung des Empfangs von David und Saul. Und schließlich feiern Mirjam und die Frauen nicht heimkehrende Helden, sondern sind, wie die Männer, beim Exodus vom Heimkehren weit entfernt, haben aber bei dieser zentralen Gotteserfahrung ein aufpowerndes und theologisch wichtiges Lied zu singen. (14) Es müsste also eine Tradition öffentlicher Äußerungen von Frauen gegeben haben, die zudem deutlich prophetische Aspekte hatten, wie ja auch Mirjam – wenn auch vermutlich nachträglich redaktionell – „die Prophetin“ genannt wird. Da wird nicht nur die öffentliche Meinung ausgesprochen, da wird sie auch hergestellt! Und hinter einer solchen Trommel-Tanz-Gesangs-Frauengruppe ist doch einiges an zugestandender Kompetenz zu vermuten – und nicht zuletzt an Vorbereitungstreffen, in denen die Lage eingeschätzt und der „Auftritt“ erarbeitet und präpariert wird, der dann von politischer Tragweite sein kann. Im Falle Davids und Sauls erfährt das ganze Umland davon (15) und wird der politische Untergang Sauls eingeläutet.

Nun ließe sich durchspielen, was die Auslegungsgeschichte bewirkt hat, bzw. wie sich im Kontrast dazu eine Proklamation einer Frauengruppe anfühlt. Nehmen wir den Satz: „Frauen waren Prophetinnen.“ Es sagt ihn eine (oder mehrere nacheinander), zögerlich, zur Nachbarin. Zur Gruppe. Sie sagt ihn mit einer Trommel in der Hand. Die ganze Gruppe sagt ihn. (Das klingt schon anders!) Die ganze Gruppe sagt (sagt?) ihn mit Trommeln in der Hand…
Das kann in Bewegung (durch den Raum) kommen: Eine zieht los und zieht die anderen mit. Es könnte sich auch sofort ein Stampftanz mit oder ohne Trommeln anschließen, der gar keine Musik benötigt, und völlig ohne Erklärung ein- und durchgeführt werden kann: Alle fassen sich an den Händen (im Kreis oder es wird eine Kette gebildet) und dann wird losgegangen – mit einem kräftigen Stampfen bei jedem dritten Schritt (bitte nicht beim vierten).

Freudentanz als Verheißung

Nicht alle Frauen-Tanz-Geschichten erzählen nur von Heil und Freude, aber die beiden theologisch wichtigsten tun es: Mirjam und die Frauen feiern die Errettung aus der Gefahr, in die Gefangenschaft zurückkehren zu müssen, der man eben erst entkommen war. Die biblisch so zentrale Exodus-Geschichte nennt die Frauen als prophetische Mitgestalterinnen dieses Übergangs: Sie treten öffentlich auf, benennen die Situation und fordern mit viel „power“ zum Gotteslob mit allen Sinnen auf, das sie selbst schon singend, tanzend und trommelnd in Szene gesetzt haben. „Die Frauen-Tanz-Texte spannen einen weiten Bogen von der identitätsstiftenden Befreiung im Exodus zur verheißenen Zukunft einer erneuten Befreiung Israels.“ (Geiger) Diese ist in Jer 31 ins Bild der tanzenden Frau gefasst, und das doppelt im Munde GOTTes. GOTT verheißt den Freudentanz, in den alle sich einreihen können, und der ist ist Bild und Ausdruck zugleich, Bild und Ausdruck des Wiedereinklangs mit GOTT. Ganz störungsfrei geht das in dieser Welt nicht. Wie die andern Geschichten vorführen und die eigene Erfahrung sowieso, kann frau/man in vieler Hinsicht schon mal aus dem Tritt kommen – aber lasst uns tanzen!

Zum Mirjamlied vielleicht? Hier ist nun jeder Tanz denkbar, es kann auch ein schon getanzter wiederholt und damit leichter / sicherer werden.

Tanz-Tipps

Manche Gruppen sind in liturgische oder meditative Tänze bereits eingeübt, da ist das Passende schnell gefunden. Aber das ist keinesfalls Bedingung: Ich kann nur empfehlen, sich beherzt an die Sache zu wagen, und mit den Frauen in einfachste Tänze einzusteigen, bevor sie überhaupt der Meinung sein können, sie könnten das nicht. Nicht mit Zwang, aber mit mitreißendem Schwung. Auf körperliche Probleme
ist natürlich zu achten – eine Frau mit Handicap kann aber z.B. umtanzt  werden und vielleicht besonders gut singen.

Vom Neu-Einüben komplizierter Schrittfolgen rate ich für diese Bibelarbeit dringend ab. Die einfachen Tänze vertiefen und illustrieren das zuvor Vorgetragene und Besprochene. So können sie jedoch nur wirken, wenn sie sofort aus der Gesamtatmosphäre heraus anfangen und diese nicht durch lange Tanzerklärungen zerrissen wird, die zudem unnötige Hemmschwellen aufbauen. Es wäre also hilfreich, wenn die Leiterinnen die Tänze gut eingeübt haben und diese Sicherheit („Das ist ganz einfach!“) dann auf die Gruppe übertragen. Es kann zudem nicht wirklich etwas schief gehen, wenn mal eine aus dem Tritt gerät, und ist ein schönes Erlebnis, wie sich die Gruppe schnell einschwingt.

Grundsätzlich kann zu jeder Musik getanzt werden – auch mit Musik zum Selber-Singen, wenn alle das Lied auswendig können. Der eigene Gesang hat den Vorteil, dass ebenfalls die beteiligt sind, die nicht tanzen können oder wollen. Hier bieten sich z.B. bekannte Taizé-Lieder an: Ubi caritas et amor, Deus ibi est oder: Magnificat anima mea Dominum/Dominam. Zum Thema passt natürlich das Mirjamlied von ¬ Claudia Mitscha-Eibl. (CD zu beziehen über: www.beginn.at/claudia oder Tel./Fax: 0043-2262-64319)

Den Schwerpunkt beim Tanzen sehe ich darin, dass die Frauen miteinander in Bewegung kommen, nicht in perfekten Choreographien. Also kann es schon genügen, völlig ohne Tanzschritt durch den Raum zu ziehen, u.U. auch einzeln – mit Trommeln in der Hand (beim Mirjamlied?). Das kann (ohne Trommeln) in Kette/Reihe/Schlange sein, wo alle sich an den Händen fassen (vgl. Polonaisen). Das kann zum Kreis geschlossen werden.
Ganz einfach ist dafür auch der Pilgerschritt: Es geht drei Schritte vor und einen zurück. (re – li – re – li rück = re – li – wie-gen)
Im Kreis oder in der Reihe ist ein einfacher Kreuzschritt möglich: Alle legen den Nachbarinnen die Arme auf die Schultern, Tanzrichtung seitlich nach rechts, der rechte Fuß wird immer nur daneben gesetzt, der linke kreuzt einmal vorn, einmal hinten (re seit – li vorn kreuzt – re seit – li hinten kreuzt). Entweder zu israelischer Musik vom Band (dann eine flotte aussuchen), oder etwas langsamer und dazu ein israelisches Lied singen, das die Frauen auswendig können. (Das geht! Und dürfte recht fidel werden.) Denkbar hier: Schalom Chaverim, Schalom Chaverot, oder: Hevenu Schalom alechem.


Stefanie Schäfer-Bossert, geb. 1963, ist Pfarrerin i.R. und wissenschaftliche Theologin (Hedwig-Jahnow-Forschungsprojekt). Beruflich war sie im Sonderdienst im Landeskirchlichen Museum zur Frauenforschung und im Gemeindepfarramt der Württembergischen Landeskirche tätig. Sie lebt mit Tochter, Mann und Maus in Fellbach und bietet Seminare, Vorträge und Veröffentlichungen quer durch die Theologie an.



Anmerkungen
1 Von Michaela Geiger – deren Aufsatz mir wichtige Dienste geleistet hat – übernommene Übersetzungen habe ich mit MG gekennzeichnet. Ich empfehle, das Gottesnamen-Tetragramm JHWH mit dem deutschen Tetragramm GOTT zu lesen.
2 Allerdings mündet er in den Geschichten aus dem Richterbuch dorthin: Auch das Tanzen ist also nicht aus den Gefährdungen menschlichen Handelns ausgenommen.
3 V. 18 nennt ein Wort, das sich mehr auf das Singen bezieht, auch als „Begleitmusik“ zu Tänzen. V. 19 nennt das Stichwort für Frauentanz (s.u.). Damit ist jedoch nicht dieser widergöttlich, sondern wird nochmals an den Frauentanz im Exodus erinnert, der den richtigen Inhalt hatte, und damit der theologische Konstrast vergrößert.
4 Die Erzählung arbeitet durchaus karikierend. Für das Buch Exodus werden immer wieder Konflikte zwischen an Aaron, Mirjam oder Mose orientierten Traditionen und Traditionskreisen erwogen. Historisch spiegelt sich darin zudem eine in die Vergangenheit zurückverlegte Konkurrenz verschiedener Tempel: In den Nordreichstädten Bethel und Dan stand jeweils ein goldenes Rind, das allerdings nicht als eigene Gottheit verstanden wurde, sondern als Podest oder Thron des sehr wohl unsichtbar gedachten JHWH (1 Kön 12,28).
5 Das Wort für „Tanzen“ kommt nur hier vor.
6 Freilich schwingen in Davids Antwort auch weitere erotische bis sexistische Konnotationen mit. Die Wiedererzählung in 1 Chr 15,25ff löst das Problem dezent, indem sie David mit einem längeren Gewand bekleidet (V.27), und lässt den Dialog aus.
7 Nicht alle werden hier durchgearbeitet (und finden sich auf o.g. Liste), doch unbedingt hinweisen möchte ich auf das „Ausgelassensein“, das im Wortstamm sachak (Grundbedeutung: lachen, scherzen) enthalten ist und auch im Tanz den ganzen Körper mitnehmen kann. Es erscheint oft neben der Nennung der Tänze, und zudem in Spr 8,30.31 in der Selbstvorstellung der Frau Weisheit, deren „Spielen vor Gott“ demach auch Tänzerisches enthalten hat.
8 Der Singular erscheint nur einmal: in Hld 7,1, dem Tanz der Sulamith.
9 Ex 15,20; 32,19 (s.o.); Ri 11,34; 21,21; 1 Sam 18,6; 21,2; 29,5.
10 Ps 30,12; 149,3; 150,4; Klgl 5,15. Hierzu verdanke ich wichtige Einsichten dem Aufsatz von Michaela Geiger.
11 Da die Junfrau als Allegorie für ganz Isael steht, findet sich in Jer 31,4.13 die kollektiv gemeinte maskuline Form: Der Frauentanz ist also ein Bild oder gar Maßstab für die verheißende Freude.
12 Später wird dann die „Klage der Töchter Israels“ genannt, allerdings ist diese nicht öffentlich, sondern unter Frauen in den Bergen (W. 37-40). Dieser Brauch mag es gewesen sein, aus dem die Geschichte herausgesponnen wurde, deren Motive (Gelübde in Not – Verlust des Kindes) wir auch aus Märchen kennen.
13 1 Sam 10,5; 2 Sam 6,5; 1 Chr 13,8.
14 Es ist exegetisch umstritten, ob das Mirjamlied älter und ursprünglicher als das Moselied ist und ob dieser Frauenkommentar in der ältesten Erzähltradition direkt auf den Auszug folgte. Auch könnte das längere Lied erst später von Mirjam auf Mose umgewidmet worden sein.
15 1 Sam 21,12; 29,5.


Zum Weiterlesen
Michaela Geiger: Mirjams Tanz am Schilfmeer als literarischer Schlüssel für das Frauen-Tanz-Motiv im Kanon der hebräischen Bibel (Arbeitstitel), in: Michaela Geiger / Rainer Kessler (Hg.): Musik, Tanz und Gott. Ton-Spuren durch das Alte Testament, Stuttgart (in Vorbereitung).
Athalya Brenner, Fokkelien van Dijk-Hemmes: On Gendering Texts. Female and Male Voices in the Hebrew Bible, BIS 1, Leiden 1993.
Irmtraud Fischer: Gotteskünderinnen. Zu einer geschlechterfairen Deutung des Phänomens der Prophetie und der Prophetinnen in der Hebräischen Bibel, Stuttgart 2002.
Christiane Karrer: Grenz-Überschreitung. Zum Körperkonzept in der Erzählung über Jephtas Tochter, in: Hedwig-Jahnow-Forschungsprojekt (Hg.), Körperkonzepte im Ersten Testament. Aspekte einer Feministischen Anthropologie, Stuttgart u.a. 2003, S. 94-121.
Carol L. Meyers: Of Drums and Damsels. Women's Performance in Ancient Israel, Biblical Archaeologist 54 (1991), S. 16-27.

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