Ausgabe 2 / 2020 Bibelarbeit von Annina Ligniez

Ich wohne bei denen, deren Herzen zerschlagen sind.

Bibelarbeit zu Jesaja 57,15

Von Annina Ligniez

Gott ist allmächtig, Gott ist unnahbar, Gott wohnt in der Höhe und im Heiligtum – Sätze, mit denen die Bibel und christliche Bekenntnisse Gott beschreiben. Sätze, die mich immer wieder neu treffen. Wie, frage ich mich, soll ein solcher Gott lieben?  Wie gar mit-leiden? Zum Leben und zum Lieben gehört doch Nähe und ja, auch Verletzlichkeit. Erhaben, entrückt, abstrakt. Ein solcher Gott kann doch nicht nah bei den Menschen sein, mitten in ihrem Leid?

Bemerkenswerterweise schließen diese Erfahrungen, vor allem für das biblische Zeugnis, das wir im hebräischen Teil unserer Bibel finden, einander nicht aus. Im Buch, das dem Propheten Jesaja zugeschrieben wird, findet sich eine solche markante Textstelle: Denn so spricht Gott, hoch und erhaben, für  immer wohnend, heilig ist der Name: Ich wohne in der Höhe und im Heiligtum und bei denen, deren Geistkraft gebeugt ist, damit ich aufleben lasse, deren Geistkraft gebeugt ist, und die, deren Herzen zerschlagen sind. Jes 57,151

Unnahbar bleibt Gott in Heiligkeit, in der Höhe, im Heiligtum. Und doch wohnt Gott mitten unter den Menschen, bei denen, die gedemütigt wurden, die verzagt sind, deren Herzen zerschlagen und zerbrochen sind. Was für eine unglaubliche Zusage, tröstend und herausfordernd zugleich! Sie erinnert mich an die mittelalterliche Mystikerin Marguerite Porète, die Gott in ihrem „Spiegel der einfachen Seelen“2 den loingprés, den „Fernnahen“ nennt. Für die menschliche Seele nicht zu fassen, nicht dies oder das. Nur in diesem Paradoxon von fern und nah kann angemessen von Gott gesprochen werden.

Genau so wird es im Jesjabuch dem Volk Israel als Gottes Verheißung zugesagt: Ja, ich wohne als euer Gott fern im Himmel. Und zugleich bin ich mitten unter euch, in Not und Zweifel euch ganz nah. In den letzten Kapiteln des Prophetenbuchs ist die Rückkehr des Volkes Israel aus dem Exil vorausgesetzt, aber es ist keine Euphorie und Aufbruchsstimmung zu spüren. Eher scheinen die Zurückkehrten ernüchtert von der Realität, auf die sie in der Heimat treffen. Gleichwohl findet der Prophet Worte der Hoffnung und des Trostes. Es gilt die Zusage Gottes – auch wenn ihr zweifelt und es euch gerade an Glaubenskraft fehlt. Ich werde euch helfen, ich werde euch trösten, heilen, leiten (vgl. Jes 57,18). Viele von uns haben solche Zeiten schon einmal erlebt und durchlitten. Zeiten, in denen alles zusammenbricht, in denen das Herz zerreißt, die Hoffnung schwindet, Angst die Kehle zuschnürt und das Gefühl sich einnistet, dass alles hoffnungslos ist und bleiben wird. Manche finden dann Trost und neue Hoffnung in ihrem Glauben. Für viele andere aber sind dies Zeiten des Zweifelns und Haderns: Warum, Gott, lässt du dieses Leid zu? Mein Gott, wo bist du jetzt?

Warum lässt Gott Leid zu? Die Frage ist so alt wie die Geschichte Gottes mit den Menschen selbst. Die Antworten der Menschen auf diese Frage füllen ganze Bibliotheken. Die eine, zufrieden stellende Antwort aber gibt es weder in der Bibel noch in den Bücherregalen. Also begebe ich mich selbst auf die Suche: Wie kann ich Gott in meinem Leid begegnen? Wie Gottes Liebe und Trostkraft mitten in meinem Leid erfahren? Ist Gott mir im Leid „le loingprès“, fern und nah zugleich? Leidet Gott wirklich mit mir mit?

Als ich im Juni 2019 unser Kind Peppa noch während meiner Schwangerschaft verlor, war Gott nicht da. Jedenfalls fühlte es sich so an. Wir hatten so viel gebetet und gehofft – aber erhört hat Gott all dieses Flehen nicht. Wir mussten unser Kind loslassen. Wir müssen damit leben, dass es nie in unseren Armen liegen wird. Die Zeit danach verbrachte ich in tiefer Trauer. In gefühlter Gottverlassenheit. Dunkel war es in mir und um mich herum. Es brauchte Monate, in denen ich wieder neu lernte zu vertrauen, zu beten, zu hoffen auf „meinen Gott“.

Wie mir das gelang, kann ich nicht genau sagen. Im Rückblick erinnert es mich an die Bitte Rainer Maria Rilkes „an einen jungen Dichter“, den österreichischen Schriftsteller Franz Xaver Kappus, in einem Brief aus dem Juli 1903: „Sie sind so jung, … und ich möchte Sie, so gut ich es kann, bitten, lieber Herr, Geduld zu haben gegen alles Ungelöste in Ihrem Herzen … Forschen Sie jetzt nicht nach den Antworten, die Ihnen nicht gegeben werden können … Leben Sie jetzt die Fragen. Vielleicht leben Sie dann allmählich, ohne es zu merken, eines fernen Tages in die Antwort hinein.3 Gott beantwortete meine Fragen nicht. Aber Gott lebte weiterhin mit mir als „le loingprès“ – fern in meiner Wahrnehmung und doch nah in meinem Schmerz. Diese ferne Nähe Gottes war schwer auszuhalten, denn Gottes Nähe spürte ich zunächst nicht.

Die Bibel ist kein Buch von Geschichten ausschließlich gelingenden, fröhlichen Lebens. Sie ist ein Schatz an Erzählungen von Menschen, die nach Glück und Zufriedenheit suchen, aber immer auch die Erfahrung machen, welche Schmerzen das Leben bereithält, wenn dieses Glück, das man sich erträumt hat, nicht eintreten will. Auch unsere Lebensgeschichten wären in dieser Sammlung gut aufgehoben. Blättert man im Buch der Psalmen, findet man dort Gebete mitten aus dem Leben heraus:4


Mein Gott, Tag und Nacht rufe ich um Hilfe, doch du antwortest nicht und schenkst mir keine Ruhe. Ps 22,3

Hilf mir Gott! Die Flut geht mir bis an die Kehle!  … bis zur Erschöpfung habe ich geschrien, meine  Kehle ist davon ganz entzündet. Ps 69,2.4


Denke ich an Gott, so muss ich stöhnen. Komme ich ins Grübeln, so packt mich Verzweiflung. … Hat der Herr uns für immer verstoßen? Will er sich nicht mehr erbarmen? Ist er nie wieder gut zu uns? Gilt sein Versprechen in Zukunft nicht mehr? Hat Gott vergessen, sich zu erbarmen? … Von Gottes Macht ist nichts zu sehen, der Höchste tut nichts mehr für uns – das ist es, was mich quält! Ps 77,4.8-11


Die Menschen, die da beten, nehmen kein Blatt vor den Mund. Sie werfen Gott ihr Elend und ihren Zweifel mit voller Wucht entgegen. Dass Klage so viel Raum in der Bibel einnimmt, hält Ingo Baldermann für einen der Schlüssel, um Gott als mit-uns-leidend zu entdecken und zu erfahren. Baldermann ist einer der Theolog*innen, die immer wieder die Frage stellen, wie wir nach dem unendlichen Leid, das Jüd*innen während der Shoa erlitten haben, überhaupt noch von Gott reden können, geschweige denn von einem allmächtigen Gott. Er findet eine Antwort in jener Begegnung, in der sich Gott Mose offenbart und die einzigartige Geschichte zwischen Gott und dem Volk Israel ihren Anfang nimmt.5 Mose, der am Fuß des Sinai Schafe hütet, sieht einen Dornbusch, der lichterloh brennt, aber nicht verbrennt. Als er sich das aus der Nähe ansehen will, hört er die Stimme Gottes, die aus den Flammen spricht:
Komm nicht zu nahe heran! Zieh die Sandalen aus, denn der Ort, an dem du stehst, ist heiliger Grund. Ex 3,5 Gott erklärt Mose, warum es zu dieser Begegnung kommt: Ich habe das Elend meines Volkes in Ägypten sehr wohl bemerkt.
Ich habe gehört, wie sie vor ihren Peinigern aufschrien. Ich kenne ihre Schmerzen. Deshalb bin ich herunter gekommen. Ich will sie … retten. Ex 3,7
f


Ich höre dich! Ich kenne deinen Schmerz! Das ist es, was wir von Gott brauchen, was wir hören und fühlen müssen, wenn wir mitten drinstecken in der Trauer, im Zweifel, im Schmerz. Dieses „Kennen“ ist mehr als objektives Erfassen, es ist emotionales Wahrnehmen – so tiefgreifend, wie wenn sich zwei Liebende leidenschaftlich umarmen und einander nahekommen. Dies bezeichnet die Hebräische Bibel mit demselben Wort „erkennen“. Gott erkennt die Schmerzen seines Volkes, Gott fühlt sie und leidet mit. Wie heilsam ist es, wenn man einen leidenden Menschen spüren lässt: Ich sehe dich in deinem Schmerz! Wie heilsam, selbst diese Worte zu hören. Vertröstende Floskeln helfen nicht – mir selbst nicht und auch nicht der oder dem anderen. Anerkennen, dass da Trauer und Schmerz und Wut und Zweifel sind, ja, das hilft.

In der biblischen Erzählung geht Gott noch einen Schritt weiter. Gott kennt nicht nur den Schmerz des Volkes Israel, hört dessen Schreie und sieht dessen Elend. Gott offenbart sich Mose mitten in diesem Leid mit Namen: Ich bin da, weil ich bin … Das sollst du den Israeliten mitteilen: ICH-BIN-DA hat mich zu euch geschickt. Ex 3,14 ICH-BIN-DA.Das ist eine Zusage, ein Versprechen, ja, eine Liebeserklärung. Ich höre dein Schreien! Ich kenne deinen Schmerz! ICH-BIN-DA. Hier und jetzt. Darin liegt die Kraft des mitleidenden Gottes – eines fernnahen Gottes mitten im Leid dieser Welt.

Das bedeutet für uns: den Schmerz und die Trauer eines jeden Menschen anerkennen und nicht darüber hinwegsehen. Es bedeutet: mitleiden, so wie Gott mitleidet, und nicht vorschnell auf die Auferstehungskraft Jesu verweisen und auf die Zeiten, die kommen und wieder gut sein werden. Und auch: wieder klagen lernen – und anderen den Raum eröffnen, das eigene Leid zu klagen. Denn wenn wir Gott unser Leid klagen, Gott auch inmitten unseres Leidens anklagen, dann kann sich unsere eigene klagende Stimme mit einem leisen, vielleicht auch nur flüsternden oder stimmlosen Hoffen vereinen und auf die Liebeserklärung Gottes leise antworten: JA, GOTT, DU-BIST-BEI-MIR.

Für die Arbeit in der Gruppe

Zeit / 90 min

Die Erfahrung gefühlter Gottverlassenheit inmitten von Leid können viele Menschen aus eigenem Erleben nachvollziehen. Angesichts der Jahreslosung 2021 „Habt Mitleid, wie auch Gott mit euch leidet“ (Lk 6,36) lädt die Textstelle aus dem Jesajabuch dazu ein, gemeinsam nachzudenken und nachzuspüren, wie Gott mitten im Leid erfahren werden kann, wie Gott fern und nah zugleich sein kann, wenn das eigene Leid, die eigene Klage von Gott gesehen und gehört wird.

Ankommen
Nicht jeder und jedem fällt es leicht, über eigene Erfahrungen von Leid oder Trauer zu sprechen. Um in einen ersten Austausch zu kommen, werden einige Texte vorgelesen. Die TN werden gebeten, beim Hören auf die eigenen Reaktionen zu achten: Was berührt mich beim Hören? Welche Gefühle nehme ich bei mir wahr? Wo spüre ich Widerstände? Wo fühle ich mich an mein eigenes Erleben erinnert? Anschließend tauschen sich die Teilnehmenden in kleinen Murmelgruppen aus.

Texte zum Vorlesen:
Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen? Ich fühle mich so entmutigt und schwach. Ich bin müde und verunsichert. Ich bin aufgerieben, so verwundbar und empfindlich. Ich sehne mich nach einem Schutz, nach einer Haut, einem Mantel, mit dem ich mich umgürten, schützen kann. So wie ich jetzt bin, mich erlebe, erlebe ich mich ausgesetzt, hilflos. … Du bist mir fern. Du warst mir jedenfalls schon näher. Doch nie hast Du mich verlassen. Ich hab´ Dich verlassen, bin ausgeklinkt aus der Verbundenheit mit Dir. Ich habe mich in mich selbst verloren. Jetzt strecke ich mich wieder aus nach Dir. Bleib hier! Wunibald Müller6

Gott hilft nicht immer am Leid vorbei, aber auf jeden Fall hindurch. Johann Albrecht Bengel

Die Stunde unseres Scheiterns ist die Stunde der unerhörten Nähe Gottes und gerade nicht der Ferne. Dietrich Bonhoeffer

In mir ist Bitterkeit, aber bei dir ist Geduld; ich verstehe deine Wege nicht, aber du weißt den rechten Weg für mich. Dietrich Bonhoeffer

Gott, hilf mir! Denn das Wasser geht mir bis an die Kehle. Ich versinke in tiefem Schlamm, wo kein Grund ist; ich bin in tiefe Wasser geraten, und die Flut will mich ersäufen. Ich habe mich müde geschrien, mein Hals ist heiser. Meine Augen sind trübe geworden, weil ich so lange harren muss auf meinen Gott. aus Ps 69, Luther 2017

Ich schreie zu Gott, so laut ich kann; ich schreie zu Gott, er wird mich hören. In meiner Angst suche ich den Herrn; … Denke ich an Gott, so muss ich stöhnen. Komme ich ins Grübeln, so packt mich Verzweiflung. Er hindert mich, die Augen zuzumachen; ich bin verstört, kaum finde ich Worte. … Die ganze Nacht verbringe ich mit Grübeln, immer wieder bewegen dieselben Fragen mein Herz: Hat der Herr uns für immer verstoßen? Will er sich nicht mehr erbarmen? Ist er nie wieder gut zu uns? Gilt sein Versprechen in Zukunft nicht mehr? Hat Gott vergessen, sich zu erbarmen? Verschließt er im Zorn sein Herz? Von Gottes Macht ist nichts zu sehen, der Höchste tut nichts mehr für uns – das ist es, was mich quält! Ich denke an deine Taten, Herr, deine Wunder von damals mache ich mir bewusst. Ich zähle mir auf, was du vollbracht hast, immer wieder denke ich darüber nach. Gott, heilig ist alles, was du tust! Kein anderer Gott ist so gewaltig wie du! Du bist der Einzige, der Wunder tut; an den Völkern hast du deine Macht bewiesen. Dein Volk, die Nachkommen Jakobs und Josefs, hast du mit starker Hand befreit. aus Ps 77, Gute Nachricht
Ins eigene Erleben kommen
Wir haben in unserer Gesellschaft verlernt zu klagen. Es wird als Schwäche angesehen, dem eigenen Schmerz, der eigenen Trauer Raum zu geben. In vielen Religionen und Kulturen aber gehören Klage-Riten selbstverständlich zum gemeinsamen Leben dazu.

Aufgabe für die Gruppe: Schreiben Sie einen kurzen  eigenen Klagepsalm. Lassen Sie sich inspirieren von den Vorlagen, und orientieren Sie sich am Gerüst einer Klagebitte. Es gibt kein richtig oder falsch. Wenn es Ihnen schwerfällt, eigene Worte zu finden, verändern Sie einen der vorliegenden Psalmen. Lassen Sie etwas weg, ergänzen Sie anderes, kommentieren oder fragen Sie. Haben Sie Mut, ihren eigenen Schmerz, Trauer in Worte fließen zu lassen. – Dieser Psalm bleibt bei Ihnen; Sie müssen ihn im Anschluss nicht vorlesen.

Hilfestellungen, um einen eigenen Klagepsalm zu schreiben:
Als Vorlagen können Kopien verschiedener Klagepsalmen (ggf. in Auszügen) in unterschiedlichen Übersetzungen dienen (z.B. Ps 6, 13, 22, 69, 77). Hilfreich sind als Vorlage auch Psalmenübertragungen wie die von Peter Spangenberg.7

Als Gerüst wird (als Arbeitsblatt oder auf einer Flipchart) eine Übersicht der Formelemente einer Klagebitte zu Verfügung gestellt:
A   Anrufung/Anrede Gottes
B   Klage über die eigene Situation oder auch über Gott oder die Welt
C   Bitte(n) an Gott
D   Vertrauensaussage und Lobversprechen/Lob8

Gott begegnen
Der dritte Teil der Einheit schafft einen Raum für die Klagen einer und eines jeden Einzelnen. In diesen Klageraum hinein können die TN den Zuspruch Gottes hören und nachklingen lassen. Es bietet sich an, hierfür einen liturgischen Rahmen zu schaffen: eine Kerze anzünden, ein Votum sprechen und mit einem Gebet zu beginnen. Die TN sitzen im Kreis; sie haben ihren Klagepsalm bei sich.

Votum:
Gott spricht: |  Ich höre deine Klage, dein Weinen, dein Rufen. |  Ich sehe deinen Schmerz! |  ICH-BIN-DA

Gebet:
Gott, hier sind wir. |  Sei du nun bei uns. |  Höre, was wir auf dem Herzen haben. |  Amen.

Nun werden alle eingeladen, ihren Klagepsalm noch einmal für sich zu lesen. Wer damit fertig ist, ist eingeladen, ein Teelicht anzuzünden, es neben die Kerze in der Mitte zu stellen und sich wieder zu setzen. Während dieser Phase wird gemeinsam geschwiegen.

Im Anschluss werden die TN eingeladen, ihre Augen zu schließen, zur Ruhe zu kommen, den eigenen Atem zu beobachten und nachzuspüren, wie es ihnen nun geht, da sie ihre Klage vor Gott gebracht haben.

Nach einer kleinen Weile:
Unser Leben auf dieser Welt ist nicht ohne Leid, ohne Trauer, ohne Schmerz. Nein – das nicht. Aber Gott sieht und hört dies alles, so wie Gott auch das Leid und das Elend des Volkes Israel gesehen hat. Damals in Ägypten, in Babylon, im Exil. Gottes Versprechen gilt auch heute. Gott spricht: Ich wohne in der Höhe und im Heiligtum – ja. Aber ich wohne auch bei denen, deren Geistkraft gebeugt ist und deren Herzen zerschlagen sind. Ich sehe dein Leid, deinen Schmerz, und ja, ich höre dein Weinen. Auch wenn ich dir fern scheine, bin ich dir nah. Denn ICH-BIN-DA. Genau jetzt. Genau hier.

Den TN wird Zeit gelassen, diesem Zuspruch Gottes nachzuspüren. Ganz in Ruhe kehren sie in ihrem Tempo zur Gruppe zurück und öffnen die Augen.

Gebet:
Gott, manchmal bleibt nur, eine Kerze anzuzünden und dich zu bitten, dass du mich siehst und hörst und dass du da bist, auch wenn ich dir fern bin. Manchmal bleibt nur, sich die Worte anderer zu leihen.

Lasst uns gemeinsam beten:
Psalm 23


Segen:
Gott, du hörst und du siehst uns. Auch das, was wir nicht zeigen, nicht sagen. |  Dir genügt unser ICH, und du antwortest uns darauf mit deinem ICH-BIN-DA. |  Gott segne und behüte uns. |  Gott gebe uns Kraft für einen nächsten Schritt. |  Gott mache uns mutig für das Leben. Amen.
Lied
Bewahre uns Gott
EG 171,1+2
Anmerkungen
1) Schriftzitate hier und im Folgenden, sofern nicht anders angegeben, nach der Übersetzung der Bibel in gerechter Sprache
2)Margareta Porete: Der Spiegel der einfachen Seelen. Wege der Frauenmystik. Zürich/München 1987; vgl. auch Ingrid Leicht: Marguerite Porète. Eine Frau lebt, schreibt und stirbt für die Freiheit. München 2001
3) Rainer Maria Rilke: Brief an einen jungen Studenten; zitiert nach: www. rilke. de/briefe/160703.htm (Stand: 14.7.2020)
4) Zitate i.F. in der Übersetzung der Guten Nachricht
5) Vgl. Ingo Baldermann: Der Gott der Lebenden. Die Einzigartigkeit der biblischen Gotteserfahrung. Neukirchen-Vluyn 2013
6) Wunibald Müller: Du bist die Liebe, die stärker ist als alles – Mit Gott sprechen in Angst, Depression und Verzweiflung, Würzburg (Echter Verlag) 2009, S. 110f
7) Peter Spangenberg: Höre meine Stimme. Die Psalmen. Hamburg 2013
8) Für weitere Hinweise vgl. z.B. Evangelische Frauen in Württemberg: EFW-Materialien für die Praxis: Schreibwerkstatt Psalmen. Download unter www.frauen-efw.de (Stand 14.7.2020)

Dr. Annina Ligniez
ist evangelische Theologin und Pfarrerin in einer Gemeinde im Kirchenkreis Herford.
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