Ausgabe 2 / 2011 Artikel von Katharina Friebe

Altersbilder in Bewegung

Film-Tipps für die Frauengruppe

Von Katharina Friebe

Die Herbstzeitlosen
Nach dem Tod ihres Mannes hält Martha den „Tante-Emma-Laden“ nur mühsam am Laufen. Einerseits ist sie mit ihrer Trauer beschäftigt, andererseits war und ist dieser Laden auch nicht ihr Lebensinhalt. Gegen den Widerstand ihres Sohnes – der als Dorfpfarrer den Laden für seine Bibelgruppe nutzen will – und des Gemeinderates erfüllt sie sich ihren Jugendtraum und eröffnet als gelernte Dessous-Schneiderin eine Unterwäsche-Boutique. Unterstützt wird sie dabei zunächst nur von ihrer Freundin Lissi …

Die Komödie, die durchaus einige traurige Momente beinhaltet, überzeugt durch ihre Überraschungen. Das Motto: „Es ist nie zu spät, sich seinen Lebenstraum zu erfüllen“, wird auf humorvolle, aber auch nachdenklich stimmende Weise umgesetzt.

Dinner for one
Miss Sophie feiert ihren 90. Geburtstag mit ihren vier engsten Freunden:
Sir Toby, Admiral von Schneider, Mr. Pommeroy und Mr. Winterbottom. Leider sind die Herren allesamt schon vor über 20 Jahren verstorben – und so muss Butler James einspringen und sie würdig vertreten …

Das Stück wird den allermeisten Teilnehmerinnen bekannt sein. 1963 erstmals im Fernsehen zu sehen, wird dieser 20-Minuten-Sketch seit 1972 regelmäßig zum Jahresausklang im Fernsehen gezeigt und gehört inzwischen zum festen Silvesterprogramm vieler Familien. Vielleicht bietet er gerade deswegen vielfältige Anregungen zum Gespräch: Wie ist es, wenn immer mehr Freundinnen und Wegbegleiter sterben? Kann es einen Ersatz geben? Was ist Illusion, was ist Wirklichkeit? Was ist mit Sexualität im Alter? Ein heiterer Einstieg in schwierige Themen.

Das Festmahl im August
Der alternde Junggeselle Gianni sorgt liebevoll für seine dominante Mutter. So weit, so gut. Plötzlich aber muss er sich um vier weitere alte Damen kümmern, die ihm über Maria Himmelfahrt von Freunden und Bekannten „aufs Auge gedrückt“ werden. Zunächst tun sich alle schwer, sich zusammenzufinden, aber bei den Vorbereitungen zum Festmahl und dem Festessen selbst kommen sie sich näher als gedacht.

Wie „Die Herbstzeitlosen“ ist dieser Film ein „Überraschungshit“. Offenbar entstehen also durchaus publikumswirksame Filme, wenn Filmemacher sich einmal jenseits gängiger Klischees dem Thema Alter widmen. Nur 75 Minuten lang, aber voller Lachen, Weisheit und Liebe zum Leben.

Das Labyrinth der Wörter
Sie ist 95. Klein, zierlich und sehr gebildet. Er ist Mitte 50. Der „Dorftrottel“, der kaum lesen und schreiben kann, aus schwierigen Familienverhältnissen. Margueritte begeistert ihn für die Welt der Bücher, indem sie ihm Camus vorliest und ihn auf seinem Weg zu sich selbst begleitet – bis umgekehrt sie es ist, die auf seine Hilfe angewiesen ist.

Ein ruhiger, anrührender Film, in dem das Alter zur Nebensache wird.

Das Schmuckstück
Suzanne Pujol ist eine Hausfrau, die von ihrem Mann, einem Industriellen, kaum noch be- und geachtet wird. Als dieser plötzlich aus gesundheitlichen Gründen ausfällt, übernimmt Suzanne die Führung der Firma und beweist dabei unvermutet Geschick, Durchsetzungsfähigkeit und Führungskraft. Wirklich schwierig wird es erst, als ihr Mann auf seinen alten Posten zurück möchte.

Der Film spielt Ende der 70er Jahre, als Frauenemanzipation und männlicher Überlegenheitsanspruch machtvoll aufeinandertreffen.

Mein Leben ohne mich
Ann – 23, glücklich verheiratet und fröhliche Mutter von zwei kleinen Mädchen – erfährt, dass sie höchstens noch zwei Monate zu leben hat. Ohne mit irgendjemand außer ihrem Arzt zu reden, macht sie sich daran, ihr restliches Leben zu leben. Sorgfältig arbeitet sie die Liste der „Dinge, die ich noch erledigen muss, bevor ich sterbe“ ab. Eine neue Frau für ihren Mann suchen, die auch für die Mädchen gut ist. Von einem anderen Mann geliebt werden. Eine neue Frisur. Für ihre Mädchen Geburtstagswünsche aufnehmen für jedes Jahr, bis sie 18 sind. Und einiges andere mehr.

Der Film erzählt eine hoch dramatische und tief traurige Geschichte ganz schön und anrührend, ohne dabei je pathetisch oder sentimental zu werden. Eine unwiderstehliche Einladung an Frauen jedes Alters, sich mit den Dingen zu beschäftigen, die sie noch erledigen müssen, bevor sie sterben.

Für die Arbeit in der Gruppe

Filme eignen sich hervorragend als Einstieg in ein fruchtbares Gespräch in der Gruppe. Die folgenden methodischen Hinweise(1) können bei der Vorbereitung hilfreich sein.

Vorbereitungen
– Film vorher anschauen und klären: Warum will ich den Film zeigen?
– Raum vorbereiten und Technik ausprobieren
– evtl. benötigtes Material (Kopien, Stifte etc.) zusammenstellen

Einstieg
– kurz einleiten, warum der Film gezeigt wird – aber keine möglichen Deutungen vorgeben
– evtl. vor der Vorführung den TN Gelegenheit geben, ihre Assoziationen bzw. Erwartungen zum Titel des Films kurz auf Kärtchen zu notieren; kurzer Austausch und Sammeln der Kärtchen an einer Pinwand

Filmgespräch – erste Runde
– bei längerem Film kurze Pause, um den Raum zu lüften und den TN Gelegenheit zu geben, das Gesehene zu verarbeiten; evtl. Umräumen des Raums z.B. zum Stuhlkreis oder in Tischgruppen
– spontane Eindrücke sammeln, ggf. mit Bezug auf die vorher geäußerten Erwartungen; weiterer Impuls z.B.: Welche Szene ist mir noch besonders präsent? Welchen Satz habe ich noch im Ohr? Die Äußerungen werden auf keinen Fall kommentiert oder gar kritisiert!
– evtl. vertiefte Aneignung des Films durch kurze Charakterisierungen der Filmfiguren; dazu Namen der ProtagonistInnen auf je ein Plakat schreiben und deren Merkmale (Alter, Typ, Beruf, Einstellung zum Altwerden, Beziehung zu den anderen Filmfiguren …) stichwortartig notieren

Filmgespräch – zweite Runde
– Impuls: Mit welcher Person habe ich mich stark identifiziert? Mit welcher Person komme ich überhaupt nicht klar? Was hat mir bei dem Film besonders gefallen – und was hat mich gestört, geärgert? (Austausch, evtl. in Kleingruppen)
– weiterer Impuls: Wenn ich den Film mit meiner eigenen Biografie und Lebenserfahrung vergleiche: Habe ich ähnliche Erfahrungen? Bietet der Film mir Anregungen für mein eigenes Denken und Handeln?

Abschluss
Blitzlichtrunde, z.B.: Was nehme ich mit nach Hause – was lasse ich hier?

Katharina Friebe, 36 Jahre, ist Referentin für Theologie und Ökumene bei den Ev. Frauen in Deutschland.

Anmerkungen:
1 Die methodischen Hinweise sind – mit freundlicher Genehmigung der Autorin – weitgehend übernommen aus einem Beitrag von Carmen Rivuzumwami über den Film „Unter Fremden“, in: Dies., Stefanie Schäfer-Bossert (Hgg.): Aufbruch ins Alter, Stuttgart (Kohlhammer) 2008. Hier werden weitere gute Filme zum Thema vorgestellt – der Beitrag ist wie der gesamte Band für die praktische Frauenarbeit sehr zu empfehlen.

Ausgabenarchiv
Sie suchen eine Ausgabe?
Hier entlang
Suche
Sie suchen einen Artikel?
hier entlang