Ausgabe 2 / 2011 Material von Ursula Wörmann

Bertha Kafuruki, 84 Jahre, Tansania

Von Ursula Wörmann


Ihr kleines Haus liegt mitten in der Shamba (Feld), umgeben von Bananenstauden und Maispflanzen. Hier, etwa 40 Kilometer entfernt von Bikoba am Viktoriasee, lebt die 84-jährige Bertha Kafuruki. Ihr Mann ist vor sechs Jahren gestorben. Die vier Kinder sind verheiratet und leben mit ihren Familien in Mwanza, auf der anderen Seite des Sees, und in Dar es Salaam. Sie können nur selten kommen. Ein Enkel, der Lehrer an einer Schule in der Nähe ist, besucht sie regelmäßig und kocht dann auch für sie. „Mama Bertha“ ist auf einem Auge blind, dazu schwerhörig und gehbehindert. Es gibt im Dorf ein soziales Netz der Kommunalgemeinde, manchmal helfen die Nachbarn bei der Bearbeitung ihrer Shamba. Die Kinder unterstützen ihre Mutter finanziell so gut es geht. Vorwiegend aber lebt sie von den Erträgen ihrer Shamba. „Euer Besuch ist ein Gottesgeschenk für mich“, sagt sie. „Ihr denkt an mich alte Witwe.“ Sie wünscht sich das Lied „Gott ist die Liebe“ – wir singen es in Kiswaheli und Deutsch.

Bertha Kafuruki ist ein Beispiel für viele alternde Menschen in Tansania. Die demografische Entwicklung gleicht der in Deutschland: Traditionelle Familienstrukturen lockern sich. Die Zahl der Kinder sinkt. Junge Familien wandern ab in die Städte und bauen sich dort oft mühsam eine Existenz auf. Etwa 11 Prozent der tansanischen Bevölkerung sind über 60 Jahre alt, überwiegend Frauen. Nur 4 Prozent bekommen eine kleine Rente. Hinzu kommt: In Tansania leben über eine Million Aids-Waisen. Als „stille Heldinnen“ kümmern sich vor allem die Großmütter um deren Betreuung und Erziehung – manche von ihnen zurzeit immerhin unterstützt durch ein Projekt der Hilfsorganisation Help Age. (www.helpage.de)

Die Nordwest-Diözese hat diese Herausforderung erkannt und sucht nach neuen Wegen der Unterstützung und Begleitung alter Menschen. Seit einigen Jahren treffen alte Menschen sich zum Wazee-Tag (Altentag) auf Distriktebene. Ein stärkender Gottesdienst, ein gutes Mittagessen, Gespräche über Anliegen und Probleme, Hinweise auf Selbsthilfegruppen in den Dörfern und Kleinstädten und zum Schluss eine Tüte mit Zucker und eine Stange Seife zum Mitnehmen. Hier bedeutet Armut: glücklich sein, wenn man den Tee süßen und die Hände waschen kann.

© bei der Autorin

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