Ausgabe 2 / 2010 Material von Christine Sassermann

Buch-Tipp: Täterinnen

Von Christine Sassermann


Anderes Geschlecht – anderes Recht? „Junge Mutter erwürgt Kind direkt nach der Geburt.“ „Frau ersticht tyrannischen Ehemann im Schlaf.“ Schlagzeilen, die so auf den Titelblättern der Boulevardzeitungen zu finden sind und große Aufmerksamkeit erregen. Denn Gewaltkriminalität von Frauen ist unheimlich und bedrohlich, eine Abweichung von der Norm. Gilt die Frau doch als das schwache Geschlecht, das allenfalls ein Diebstahls- oder Betrugsdelikt begeht. Abweichungen der Frauenkriminalität von der als normal betrachteten Männerkriminalität geben Anlass zur genaueren Betrachtung der Täterinnen unter geschlechtsspezifischen Gesichtspunkten bei Tathandlung, -hintergründen, -motiven sowie Beratung, Behandlung und Sanktionierung. Ein Beispiel: „Bei Tötungshandlungen, die von misshandelten Frauen planend und strategisch vorgenommen werden, wird das Mordmerkmal der Heimtücke relativ häufig verwirklicht, etwa wenn der über Jahre gewalttätige Ehemann im Schlaf getötet wird. Die verzweifelte Lebenssituation der Frau findet bei der Gesamtbeurteilung der Tat keine Berücksichtigung. Das Strafsystem ist für solche Handlungen von Frauen nicht konstruiert; orientiert ist es eher an männlicher Täterschaft. Frauen erhalten somit nicht nur keine Möglichkeit auf Rechtfertigung, Entschuldigung oder Strafmilderung; sie werden gegenüber Männern, die ihre Ehefrau oder Partnerin offen und spontan töten – weil in der Regel körperlich überlegen – und deshalb keine Mordmerkmale erfüllen, strafrechtlich schlechter gestellt.“

Die Kriminologische Zentralstelle führte eine interdisziplinäre Fachtagung durch, die Frauenkriminalität aus geschlechtsspezifischer und in weiten Teilen feministischer Sicht beleuchtete. Deren Dokumentation ist auch für nicht juristisch vorgebildete Frauen eine interessante Lektüre.

zu: Jutta Elz (Hg.):
„Täterinnen – Befunde, Analysen, Perspektiven“, KUP Kriminologie und Praxis – Schriftenreihe der Kriminologischen Zentralstelle e.V., Bd. 58, Wiesbaden 2009

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