Alle Ausgaben / 2010 Bibelarbeit von Antje Röckemann

Da sein, wo ich gerade bin

Bibelarbeit zu Röm 12,1-3

Von Antje Röckemann


Vor Jahren sah ich ein Tanztheater mit dem Titel „Von der Notwendigkeit, da zu sein, wo man gerade ist“. Der Choreograf Rui Horta hatte das Stück entwickelt, weil er ständig zwischen zwei Ländern unterwegs war und sich oft fragte: „Wo bin ich eigentlich gerade? Mit wem habe ich es jetzt zu tun? Was ist hier, an diesem Ort meine Aufgabe?“

Aus dieser Achtsamkeits-Übung, zu der er durch seine Arbeitssituation gezwungen war, hat Rui Horta dann ein Tanzstück gemacht.


Erwachsenen-Leben

Ich pendle zwar meistens nur zwischen Wohnung und Büro, aber die Notwendigkeit, da zu sein, wo ich gerade bin, kenne ich auch sehr gut. Wenn ich in die U-Bahn steige, überlege ich schon, was ich gleich im Büro als erstes erledigen muss. Während einer Sitzung bringe ich meinen Terminkalender auf den neuesten Stand. Wenn ich abends einen Film gucke, erledige ich dabei meistens auch die Bügelwäsche, beim Abwasch läuft gleichzeitig das Radio mit den Nachrichten, und wenn ich alleine esse, lese ich dabei die Zeitung.

In dem Tanzstück war das natürlich ganz anders. Ich erinnere mich gut, dass die Tänzerinnen und Tänzer sich wie Kinder verhielten, einfach über die Bühne liefen, Kinderspiele spielten, sich im Kreis drehten. Kein Wunder, dass Rui Horta auf diese Idee kam. Denn Kinder brauchen keine Übung in Achtsamkeit. Sie können sich selbstvergessen und intensiv mit einer Sache befassen und dabei alles um sich herum vergessen. Und sie tun das mit dem ganzen Körper, mit ihrem ganzen Wesen. Wenn sie etwas vom Boden aufheben wollen, gehen sie mit dem ganzen Körper auf die Erde, nicht nur mit der Hand. Wenn sie etwas fangen wollen, streckt sich der ganze Körper danach, nicht nur der Arm. Und wenn sie lachen oder weinen, dann lacht oder weint der ganze Körper.

Als Erwachsene haben wir das meistens verlernt, denn man benimmt sich ja irgendwann einfach nicht mehr wie ein Kind. Aber warum darf man mit 52 nicht mehr den Bordstein entlang balancieren? Und schließlich gibt es „kein Verbot für alte Weiber, auf Bäume zu klettern“, stellte Astrid Lindgren 67-jährig fest, als sie gemeinsam mit ihrer 80-jährigen Freundin um die Wette auf einen Baum kletterte. Nein, so ein Verbot gibt es auch in Deutschland nicht – warum also nicht auf Bäume klettern, auf einem Bein hüpfen und beim Spazierengehen unbedingt darauf achten, nicht auf die Ritzen zwischen den Platten zu treten? Das sind wunderbare Übungen in Achtsamkeit, denn wenn man das Kinderalter verlassen hat, geht all das ja meist nicht mehr so einfach und selbstverständlich. Und es braucht eine hohe Konzentration und manchmal auch ausdauerndes Üben, bis das Balancieren (wieder) klappt.

Es ist aber nicht nur das Erwachsenwerden, das dazu führt, dass wir das Leben im Hier und Jetzt verlernen. Es hat auch mit unserem Menschenbild, vor allem unserem Bild vom Körper zu tun. Die antike griechische Philosophie war überzeugt, dass Körper, Seele und Geist im Menschen zu unterscheiden und zu trennen sind. Und dass der Geist das Eigentliche sei, und der Körper nur ein unnützer Ballast. Diese Vorstellungen hatten großen Einfluss auf das Christentum und prägen uns bis heute.


Gottes-Dienst

Die Bibel hat ein anderes Bild vom Menschen. Es gibt zwar Begriffe, die mit Körper, Seele oder Geist übersetzt werden können, aber immer ist damit der ganze Mensch gemeint, denn nach biblischem Verständnis gehören Seele/Geist und Körper untrennbar zusammen. Davon geht auch Paulus in seinem Brief an die Gemeinde in Rom aus.

Ich ermutige euch, Geschwister: Verlasst euch auf Gottes Mitgefühl und bringt eure Körper als lebendige und heilige Gabe dar, an der Gott Freude hat. Das ist euer vernunftgemäßer Gottes-Dienst. Schwimmt nicht mit dem Strom, sondern macht euch von den Strukturen dieser Zeit frei, indem ihr euer Denken erneuert. Dann wird euch deutlich, was Gott will: das Gute, das, was Gott Freude macht, das Vollkommene. (Röm 12,1-2 BigS)

Den Brief hat Paulus wahrscheinlich im Jahr 56 geschrieben. Die Menschen leben in der Hauptstadt, der Schaltzentrale der Macht des Römischen Imperiums. Neben dem römischen Kult sind andere Religionen unerwünscht, eine Weigerung, den römischen Göttern öffentlich Opfer zu bringen, kann Konsequenzen haben.

Paulus stellt dagegen ein anderes Verständnis von Gottes-Dienst: den Gottesdienst im Alltag, den Gottesdienst mit dem ganzen Körper, der ganzen Lebenskraft – nicht nur für wenige Stunden in der Woche. Dazu braucht es keine großen, protzigen Gebäude. Vielmehr genügt der Körper des Menschen als Gottes Tempel. So schreibt Paulus im Brief an die Gemeinde in Korinth: „Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und Gottes Geistkraft in euch wohnt? … Denn der Tempel Gottes ist heilig, der seid ihr.“ (1 Kor 3,16-17; vgl. auch 1 Kor 6,19-20)

Durch die Beziehung zu Gott ist der Mensch geheiligt. Paulus spricht in seinen Briefen die Gemeindemitglieder als „Heilige“ an, zum Beispiel in Röm 1,7 als „heilige Geschwister“. Heilige sind auch wir, denn heilig bedeutet nach biblischem Verständnis „zugehörig zu Gott“ – und das sind wir unabhängig von besonderen Taten. Als zu Gott gehörige Menschen sind wir in diesem Sinne heilig – nicht nur unsere „Seele“, sondern auch mit unserer Körperlichkeit. Der Vergleich mit dem Tempel ist ein starker Ausdruck dieser Wertschätzung des Körpers. Mit und in unserem Körper zu leben, das ist Gottes-Dienst, Gottesdienst in meinem ganz gewöhnlichen Alltag.


Körper-Übung

Was heißt das nun konkret? Eine Lebensform, eine Gottesdienstform, die diesem biblischen Verständnis vom Körper entspricht, ist Achtsamkeit. Achtsamkeit, wohl verstanden, ist eine spirituelle Haltung, die einem Gottes-Dienst im Alltag nahe kommt. Andere Worte dafür sind Körper-Spürsinn, Leben in der Gegenwart, im Hier und Jetzt. Das geht nicht nur mit dem Kopf, mit dem Denken, das geht am besten, wenn ich auch ganz und gar in meinem Körper lebe. Wie die Tänzerinnen und Tänzer, die das Verhalten von Kindern nachahmen, verkörpern.

In unserer Gesellschaft werden Körper sehr geschätzt – wenn sie die Norm erfüllen. Unterstützt von den Medien werden vor allem Frauen dazu gebracht, die Achtsamkeit sich selbst gegenüber zu verlieren und nur auf die äußeren Werte zu achten. Und so sind Millionen Frauen mit falschen und meist überflüssigen Diäten beschäftigt und verschwenden ihr Geld für sogenannte Schönheitsoperationen.

Paulus dagegen weiß: Der Körper ist kein Ding, sondern etwas Lebendiges. In den meisten Bibelübersetzungen wird darum auch der Begriff „Leib“ benutzt. Dieses etwas altmodische Wort ist verwandt mit „Leben“ (englisch: life) und klingt auch in dem Ausdruck ein „Laib Brot“ an. Der „Leib“ ist immer der beseelte, lebendige Körper. Dieser Körper ist uns von Gott geschenkt. Es ist eine spirituelle Übung, die Bewegungsmöglichkeiten und das Wunder unseres Körpers immer wieder staunend wahrzunehmen. Und eigentlich versteht es sich von selbst, dass wir mit diesem Wunder achtsam umgehen.

Der vernunftgemäße Gottesdienst, von dem Paulus spricht, meint heute, sich im alltäglichen Leben immer wieder an die Beziehung zu Gott zu erinnern und von daher zu handeln. Das betrifft alle Lebensvollzüge. Wir sind darum aufgefordert, nicht nur unsere Gedanken und Taten zu überprüfen, sondern auch den achtsamen Umgang mit unserem Körper. Übungen in Achtsamkeit helfen, (geistes-) gegenwärtig zu leben. Wir brauchen solche Übungen, die zugleich körperlich sind und so den ganzen Menschen einbeziehen.

Es hat ja auch einen Grund, dass wir bei bestimmten Gebeten im Gottesdienst stehen. Stehen und Sitzen ist jeweils eine andere Haltung, eine andere Aufmerksamkeit. Wenn ich meinen Körper, mein Gehen, Stehen bewusst wahrnehme, bin ich zugleich ganz im Hier und Jetzt, in der Gegenwart. Die bewusste Wahrnehmung meines Körpers, meiner Bewegungen ist eine spirituelle Übung, eine Übung in Achtsamkeit, in der ich lerne, ganz gegenwärtig zu sein, im Moment zu leben. Die Art, wie ich meine Füße aufsetze, mein Gehen, meinen Atem – dies bewusst wahrzunehmen, braucht Einübung. Es ist ein lebenslanges Lernen – weil ich ja auch jeden Tag ein klein wenig eine andere bin. Mit etwas Übung kann es mir dann immer wieder im Alltag helfen, achtsam, ganz gegenwärtig zu leben und wahrzunehmen, „wo ich gerade bin“.

Achtsam mit sich selbst umzugehen, den eigenen Körper liebevoll wahrzunehmen, haben wir – zumal als Frauen – oft nicht gelernt, geschweige denn so eingeübt, dass es uns selbstverständlich wäre. Spüren Sie eigentlich Ihren Atem, während Sie diesen Text lesen? Sitzen Sie bequem? Wo und wie sind die Füße am Boden? Ist Ihre Stirn entspannt oder in Falten gelegt?

Wenn ich nicht auf mich achte, wer soll es dann tun? Und wenn ich die Achtsamkeit mir gegenüber nicht einübe, wie soll ich es dann andern gegenüber können? Sich selbst achten, auf sich zu achten, das ist Gottes-Dienst, das ist ein liebevoller Umgang mit dem Tempel der heiligen Geistkraft, mit meinem Körper. Wenn nun der Körper der Tempel der heiligen Geistkraft ist, ist ein bisschen Pflege wohl angemessen. Dazu gehören auch ganz einfache Dinge: genug schlafen, sich gesund ernähren und mit Genuss essen, mit Freude den eigenen Körper in der Bewegung gebrauchen – beim Tanzen oder Spazierengehen. Und achtsam sein auf das, was ich brauche, was mein Körper braucht. Als Christin darf ich das nicht nur, ich „muss“ es geradezu.


Überfordert euch nicht!

Erfüllt von der Zuneigung Gottes, die mir geschenkt wurde, sage ich nun einer jeden und einem jeden von euch: Überfordert euch nicht bei dem, wofür ihr euch einsetzt, achtet auf eure Grenzen bei dem, was ihr vorhabt. Denn Gott hat jedem und jeder ein bestimmtes Maß an Kraft zugeteilt, Vertrauen zu leben. (Röm 12,3 BigS)

Paulus ermutigt zu einem achtsamen Gottes-Dienst im Alltag der Welt, und er weiß, dass die Umsetzung ihre Grenzen hat. Achtsamkeit – auch wenn Paulus dieses Wort nicht gebraucht – will ein Leben lang geübt werden. Und je nach den inneren und äußeren Bedingungen fällt es schwerer oder leichter. Und das darf so sein!

Ein fühlender, wacher und lebendiger Körper ist die Quelle unserer Kraft und Kreativität. Diesen kennen und lieben zu lernen, dafür werbe ich in meinem Beruf als Theologin wie als Atem- und Tanzpädagogin. Dass Paulus dieses Anliegen teilt, hätte ich lange nicht vermutet. Dank der Übersetzung „Bibel in gerechter Sprache“ habe ich aber auch Paulus neu kennengelernt. Ich entdecke mehr und mehr befreiende Botschaften in seinen Briefen und stelle fest, wie hoch Paulus den Körper schätzt. Vielleicht hat er selbst wahrgenommen, dass die Achtsamkeit für den eigenen Körper zu einer erhöhten Wertschätzung für andere Menschen führt? Er wusste ja, was schwere Arbeit ist, und hatte selbst erlebt, wie sehr das Leben im Römischen Imperium bedroht war. Wir leben in anderen politischen Verhältnissen, aber auch meine Erfahrung ist: Je mehr ich den Körperspürsinn für mich selbst trainiert habe, desto aufmerksamer kann ich für andere werden. Die Achtsamkeit auf den eigenen Körper führt auch zu ei-nem wachen politischen Spürsinn.


Eine Atemreise

Den Körper achtsam wahrzunehmen, zu spüren, wie ich atme, wo und wie meine Füße den Boden berühren, ob meine Schultern gelockert oder verspannt sind, das haben wir zumeist nicht gelernt. Darum schlage ich Ihnen, etwas unüblich in einer Bibelarbeit, eine „Atemreise“ vor. Die Übung ist einfach und ohne Voraussetzungen auszuprobieren, aber ich habe diese Atemübung auch gewählt, weil Atem eine andere Übersetzung für ruach (hebr.) und pneuma (griech.) ist; die bekanntere Übersetzung ist (heiliger) Geist oder Geistkraft.

Ich lade Sie also ein, mir auf eine Reise durch den Körper, den Tempel der heiligen Geistkraft / des Atems zu folgen. Am besten lesen Sie die Anleitung einmal ganz durch, danach dürfen Sie sich ruhig ein paar Minuten Zeit lassen, es auszuprobieren – und später vielleicht auch in einer Gruppe. Es geht bei der Atemreise „nur“ um das Wahrnehmen der Atembewegung. Sie können nichts falsch machen, wenn Sie versuchen achtsam wahrzunehmen, was gerade ist.

– Setzen Sie sich gut aufrecht hin, beide Beine auf dem Boden, die Arme locker auf den Oberschenkeln. Schließen Sie die Augen oder schauen Sie vor sich auf den Boden.
– Die erste Reisestation: Legen Sie beide Hände auf den Unterbauch, ruhig übereinander, auf die Stelle zwischen Schoßbein (manche sagen: Schambein) und Bauchnabel. Sie machen nichts, sondern sitzen einfach da, spüren und lassen den Atem fließen. Wahrscheinlich spüren Sie, dass sich die Bauchdecke bewegt. Sie nehmen einfach wahr, was gerade passiert, ohne Anstrengung. Wie fließt der Atem? Wie viel Bewegung können Sie spüren? Geht der Atem, die Atembewegung schnell oder langsam?
– Dann geht die Reise weiter: Legen Sie die Hände oder eine Hand auf das Kreuzbein, also den unteren Rücken. Fragen Sie sich wieder ganz neugierig: Wie fühlt sich die Atembewegung hier an? Was kann ich spüren?
– Als Nächstes nehmen Sie die rechte Hand und legen sie auf/unter das linke Schlüsselbein. Die Handmitte liegt etwas unterhalb des Knochens. Wieder fragen Sie sich: Was spüre ich an dieser Stelle? Wie fließt mein Atem hier?
– Und Sie wechseln die Hand und das Schlüsselbein. Dabei bleiben Sie ganz offen für die vielleicht anderen Erfahrungen auf der anderen Körperseite. Vielleicht ist hier der Atem mehr oder weniger zu spüren als auf der andern Seite?
– Jetzt kommen die Flanken dran, die seitlichen unteren Rippen. Je nachdem, was für Sie bequemer ist, setzen Sie die Hände auf, oder Sie verschränken die Arme vor dem Oberkörper, so dass die rechte Hand auf die linke Seite fasst und umgekehrt. Was können Sie hier spüren? Findet hier Atembewegung statt?
– Ein weiterer Ort auf der Atemreise: Die rechte Hand geht unter die linke Achselhöhle, der linke Arm kann dabei einfach hängen, dann wechseln. Die Fragen bleiben dieselben.
– Zum Abschluss legen Sie die Hände wieder auf den Unterbauch. Wie fühlt sich das jetzt an? Anders als zu Beginn der Atemreise? Genau so? Spüren Sie einen Moment nach – nicht zu lange – und öffnen dann die Augen.

Ich vermute, dass es für Sie die eine oder andere Überraschungen gab. Vielleicht haben Sie vorher nicht gewusst, dass es auch unter dem Arm Atembewegungen zu spüren gibt. Vielleicht gab es auch Stellen, wo sich bei Ihnen einfach nichts bewegte. Vielleicht war auch etwas unangenehm. Wenn Sie die Übung in einer Gruppe machen, werden Sie merken, dass es oft große Unterschiede gibt. Das ist gut so – zeigt es doch, wie verschieden wir sind.

„Die Notwendigkeit, da zu sein, wo ich gerade bin“ heißt nichts anderes als achtsam zu leben, im Hier und Jetzt, gegenwärtig zu sein. Gottesdienst auch in hektischen Zeiten. Dass wir dies im Vertrauen auf Gottes Mitgefühl tun dürfen mit unserem ganzen Sein, mit Körper, Geist und Seele, dazu ermuntert uns Paulus. Achtsam leben, vernunftgemäßen Gottes-Dienst mit unserem Körper leben, das meint nicht mehr, aber auch nicht weniger als: Innehalten, den Atem kommen und gehen lassen. Einfach da sein, als Gottes geliebtes Kind. Und zu wissen: Bei aller Übung der Achtsamkeit auf mein Leben und Tun – Gott hat längst auf mich Acht.


Für die Arbeit in der Gruppe

Ziel

eine (neue) Aufmerksamkeit für die Heiligkeit des Körpers gewinnen und das Verständnis von Gottesdienst als achtsames Leben im Alltag erweitern


Zeit

60 – 90 Minuten


Ablauf

Hinweis: Die Atemübung im Text eignet sich gut für die Gruppenarbeit. Es ist aber wichtig, dass die Anleiterin es vorher einige Male – am besten zu unterschiedlichen Tageszeiten – ausprobiert hat.


Was ist Gottes-Dienst im Alltag?

Die Leiterin (L) gibt einige erläuternde Hinweise, dass Gottes-Dienst mehr sein kann als der Kirchgang am Sonntagmorgen.

Dann hängt L eine Karte mit „Gottes-Dienst“ an eine Pinnwand. Jede TN erhält Moderationskarten und einen Stift und wird gebeten, etwa drei Stichworte zu nennen. Ggf. kann diese Aufgabe auch in einer Zweiergruppe gelöst werden. Die Antworten werden von den TN kurz vorgestellt und an die Pinnwand gehängt. Sie sollten dabei – oder später von L im Gespräch mit der Gruppe – nach thematischen Zusammenhängen sortiert werden.


Röm 12,1-2

Die beiden Verse werden vorgelesen, es folgt eine Gesprächsrunde unter der Frage: Was hat der Körper mit Gottesdienst zu tun? Austausch von Erfahrungen, ggf. Sammeln von Stichpunkten an einem Flipchart oder auf einem Plakat.

L weist auf das positive Verständnis von Körper in der Bibel hin (Einheit von Körper-Seele-Geist; Leib: der beseelte Körper) und speziell bei Paulus (Körper als Tempel Gottes).


Atemreise

Überleitung: Achtsamkeit auf den Körper kann man nicht besprechen, nur erleben. Die biblischen Worte für „heilige Geistkraft“ kann man auch mit Atem übersetzen, für biblische Menschen schwingt diese Bedeutung immer mit. Darum eine Übung mit dem Atem. Sie alle sind herzlich eingeladen mitzumachen – wenn eine das im Moment lieber nicht möchte, bleibt sie während der Übung einfach ruhig sitzen.

Für die Atemreise ist es gut, wenn die TN im Kreis sitzen. Die L kann die Anleitung aus dem Text nehmen und ruhig bei jeder neuen „Reisestation“ die gleichen Fragen stellen. Die unterschiedlichen Wahrnehmungen werden in einem kurzen Austausch in einer Gruppe wunderbar deutlich. Die L sollte auch ausdrücklich fragen, ob jemand unangenehme Erfahrungen gemacht hat, und dabei signalisieren, dass das vorkommen kann und völlig in Ordnung ist.


Austausch

Entwickeln Sie im Gruppengespräch Ideen, wie die Erfahrungen der Atemreise (Achtsamkeit für den Körper) mit den ersten Überlegungen zum Gottes-Dienst verbunden werden könnten. Welche Übungen der Achtsamkeit fallen Ihnen gemeinsam ein?


Abschluss

Zum Ende der Gruppenarbeit lesen Sie noch einmal den Bibeltext Röm 12,1-2 und ergänzen Vers 3, den Sie am besten zweimal lesen – als Ermutigung.


Antje Röckemann, geb. 1963, ist Pfarrerin und leitet das Gender-Referat im Kirchenkreis Gelsenkirchen und Wattenscheid. Ihr Interesse an Körper und Bewegung führte sie zu einer Ausbildung als Atempädagogin und einer weiteren als Tanzpädagogin.


Verwendete Literatur

Claudia Janssen, Art. Körper der Frau – Neues Testament, in: Wörterbuch der Feministischen Theologie, S. 333-336.
Antje Röckemann, Das ist so etwas Lebendiges und Vibrierendes in diesem Körper. Interview mit Leony Renk, in: Schlangenbrut 45/1994 „frauenblicke auf frauenkörper“, S. 10-12. (vergriffen, zu finden in: www.theologie-in-bewegung.de)
Antje Röckemann, Die Heiligkeit des Körpers. Spirituelle Körperspür-Übungen, in: Schlangenbrut Nr. 23/2009 „heilig, heilig, heilig“, S. 23-26.
Ev. Frauenhilfe in Westfalen e.V., Mit Körper, Geist und Seele – Wege der Spiritualität entdecken. Material- und Arbeitshilfe zum Jahresthema 2008, Soest 2007 (Zu bestellen unter: www.frauenhilfe-westfalen.de/online-shop

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