Ich war eine introvertierte und zurückgezogen lebende Frau, als mich vor 16 Jahren Lachyoga traf. Und zwar in Person des Allgemeinmediziners Dr. Madan Kataria und seiner Frau Madhuri Kataria, eine Yoga Praktizierende aus Mumbai, Indien. Ihrer Initiative habe ich es zu verdanken, dass mich Hasya- (sanskrit Hasya = Lachen) oder Lach-Yoga erlöste.
Ihre Idee überzeugte mich – und mittlerweile die Welt in 70 Ländern mit Tausenden von Lachclubs. Die Bewegung entstand am 13. März 1995 mit fünf Leuten, die sich morgens um sieben Uhr im öffentlichen Park trafen, Witze erzählten und lachten. Doch die guten Witze waren bald alle erzählt, und über negative und verletzende Themen wollte keiner mehr lachen. Zugleich war die Gruppe auf 50 Menschen angewachsen.
Madan Kataria, der sich bereits mit Recherchen in den Gesundheitsjournalen „Lachen – die beste Medizin“ beschäftigt hatte und aktuelle Forschungsberichte zu den erwiesenen Vorteilen von Lachen für Körper und Seele kannte,1 fand über Nacht eine Lösung: Unser Körper kann nicht zwischen echtem und gespieltem Lachen unterscheiden und produziert in beiden Fällen dieselbe Glücks-Chemie. Am nächsten Morgen wurde also das Lachen simuliert – und die Gruppe lachte wie noch nie, ganz ohne Witz und Comedy. Mit Rollenspiel-Elementen und Atemübungen aus dem Pranayama-Yoga entwickelten die Katarias das Lachyoga, eine Mischung aus tiefer Atmung, Stretching und Lachübungen, die kindlich spielerisches Verhalten fördern.
Unser natürliches Lachen wird von unserem Denken gehemmt – beides gleichzeitig geht nämlich nicht. Das heißt, dass wir, wenn wir lachen, unser Denken unterbrechen und das Gehirn entspannen kann. Überhaupt lehren uns die Lachübungen, Hemmungen abzubauen, um ein Gefühl für kindlich verspieltes Verhalten zu entwickeln und so unser „Inneres Kind“ wieder zu entdecken. Dieses innere Kind, das durch die Erziehung im Zaum gehalten wurde: Wer von uns erinnerte sich nicht an Augenblicke der Kindheit, wo sie oder er in den unmöglichsten Momenten lachend losprustete und dafür böse Blicke erntete? Genau solche Momente werden in den Lachclubs losgekitzelt. Singen, tanzen, Faxen machen – all dies „erlaubt“ eine Lachyoga-Gruppe.
Humor haben ist ein mentales Phänomen, eine Eigenschaft des Verstandes also. Lachen zu entwickeln ist wie einen verstopften Abfluss zu reinigen: Ist er frei, fließt das natürliche Lachen. Psychische Hemmungen und Schüchternheit wirken wie Schutt, der unseren Sinn für Humor blockiert. Lachyoga erleichtert den Reinigungsprozess. Am besten hängen wir vor einer Lachstunde unser Gehirn an die Garderobe. Die Verspieltheit wird dazu beitragen, einen Sinn für Humor zu entwickeln. In Lachclubs ist das Lachen die Ursache und der Effekt ist der Humor. Wir lernen unsere Schüchternheit zu überwinden und offener zu werden, um die lustige Seite des Lebens zu sehen.
Wir können auch lachen, wenn wir keinen Grund dazu haben, denn unsere Bewegung erzeugt Emotionen (engl. motion creates emotion). Das heißt: Wir schicken unseren Körper schon einmal in die Lachstunde, der Geist wird dann folgen. Die psychische Verfassung wird sich ändern, wenn das Körperverhalten sich ändert. Lachyoga nutzt diese wechselseitige Verbindung. Und der Trick in der Gruppe zu lachen ist, über unsere Spiegelneuronen zu lachen. Kataria sagt: „Fake it, fake it, till you make it“, tue es, genauer: täusche es solange vor, bis du es machst! Wir pflegen im Lachyoga unser kindlich-spielerisches Verhalten, sprechen Kauderwelsch, klopfen uns auf aufgeblasene Wangen oder strecken die Zunge heraus, um fröhliche Lachlöwen zu imitieren. Das ist das innere Glück – ein Zusammenspiel von guten Gefühlen und Wohlbefinden, das unseren Blick auf unser Leben verändert. Lachyoga-Mitglieder lernen über die Zeit eine positive Konditionierung der Emotion Freude, gekoppelt mit den körperlichen Erfahrungen der Lachübungen. Wiederholtes rhythmisches Klatschen und Sprechen von „Ho Ho HaHaHa“ und positiver Affirmationen wie „sehr gut, sehr gut, Jaaah“ zeigen, wie im Lachclub körperlich die Emotion Freude ausgedrückt wird.
Dazwischen fließt immer unser tiefer Atem – nach der Philosophie des Yogas eine kosmische Energie des Universums, die als Lebenskraft oder Prana bezeichnet wird. Stress, Angst und andere negative Gefühle verursachen im Körper eine flache Atmung, was zu einer vermehrten Ansammlung von krankmachendem Kohlendioxid führt. Otto Warburg, der Präsident des Instituts für Zell-Physiologie und Nobelpreisträger, stellt den Sauerstoff als wichtigste Komponente für die Atmung dar. Durch verlängertes Ausatmen bei den Übungen wird mehr verbrauchte Restluft aus den Lungen abgegeben und durch sauerstoffreichere Luft ersetzt. Dabei kommen auch das Zwerchfell und die Bauchmuskeln mit ins Spiel. Das stoßweise automatische Atmen durch unser Lachen stimuliert alles – ohne nachzudenken.
Eine Lachyoga-Stunde sieht bei jedem Lachleiter und jeder Lachleiterin anders aus. Es gibt hunderte von Übungen, die den Körper und das Lachen vorbereiten. Spielen, Singen, Tanzen und Lachen sind der Rhythmus der Stunde, dem mit der Gruppe nachgespürt wird. Lachyoga gehört zur Lautmeditation, das heißt, es wird beim Lachen laut! Die Lachkunst ist es, bei sich zu bleiben, in den Körper zu hören, sich zu spüren, etwas zu wagen, sich zu loben, das Lachen oder Lächeln immer zuzulassen. Schnell verlieren wir dabei das Denk- und Zeitgefühl. Am Ende folgt noch eine Lachmeditation im Sitzen oder Liegen. Wir gehen mit Glück erfüllt nach Hause. Zwerchfelltraining, besserer Schlaf, lautere Stimme, mehr Selbstbewusstsein, Freundschaften, Beweglichkeit, Verantwortung für mein Leben übernehmen – das sind nur einige der vielen positiven Wirkungen einer Lachyoga-Stunde.
Vorbereitung: Schreiben Sie die folgenden Fragen auf Kärtchen (eine Frage – ein Kärtchen; insgesamt so viele Kärtchen wie Teilnehmerinnen):
Wann habe ich zum letzten Mal so richtig gelacht? Über was?
Wie fühle ich mich, wenn ich lache?
Welche humorvollen Erinnerungen habe ich an meine Kindheit?
Habe ich einen Lieblingswitz? Welchen?
Welche Rolle spielt Humor in meiner Familie?
Einstieg
Legen Sie die vermischten Kärtchen (verdeckt) vor den TN aus (auf dem Tisch oder, bei offenen Stuhlkreisen, unter den Stühlen). Eine nach der anderen deckt ihr Kärtchen auf und sagt kurz etwas zu ihrer Frage. – Wenn die TN einander noch nicht kennen, kann damit eine kurze persönliche Vorstellung verbunden werden.
Anschließend kurzer Austausch über die Eindrücke aus der Runde – Impuls: Was ist bei mir „hängen geblieben“? Was hat mich überrascht? Was geht mir gerade durch den Kopf?
Lachen üben
– Wir stellen uns im Kreis auf – Beine hüftweit auseinander, gerade Wirbelsäule, die Knie locker – und legen die Hände auf unseren Bauch. Nun rufen wir „Ho Ho, Ha Ha“, und lassen stoßweise unseren Bauch nach vorne schnellen (einige Male).
– Wir machen Grimassen mit dem Mund: Unterlippe noch oben ziehen – Oberlippe nach unten ziehen – dasselbe mit den Mundwinkeln – Wangen aufblasen, mit den Händen dagegen drücken und Pupsgeräusche erzielen. Dabei schauen wir uns immer gegenseitig an – lächeln!
– Mit tiefem Einatmen ziehen wir die Schultern über beide Ohren – und mit plötzlichem Fallenlassen der Schultern atmen wir ein „Hahahahaaa“ aus.
– Wir legen die Handflächen und die leicht gespreizten Finger aufeinander – schauen einander tief in die Augen – hüpfen umher beim klatschenden Rhythmus „Ho Ho, HaHaHaaaa … – 1,2, 1,2,3, …“ – ein paar Minuten, bis es uns warm wird.
– Dann bilden wir wieder einen Kreis – heben die Arme langsam mit der Einatmung hoch – halten die Luft ein wenig an – und mit der Ausatmung senken wir die Arme langsam und lassen laut stöhnend alles los, entspannen – der Kopf fällt auf die Brust oder wir beugen uns nach vorne, Kopf und Arme baumeln locker. Wieder einatmen …
– Wir greifen uns mit HaHaHaaaaa ein Lachen aus der Luft und werfen uns selbst oder einer anderen in der Gruppe ein Lachen ins Gesicht.
– Wir machen ein Reißverschluss-Lachen, indem wir die Lippen durch den Zug verschließen und beim Öffnen wieder laut loslachen – spielen!
– Oder wir halten unseren Jammerlappen in der Hand und jammern, was das Zeug hält, Hahaaaaa!
– Die Arme nach vorne ausstrecken, Fäuste machen, und mit der Einatmung durch die Nase zu sich an die Brust ziehen, bis bei Luftnot mit einem HaHa Haaaaaaaa plötzlich alles wieder losgelassen wird, auch die Arme und Hände locker lassen.
– Hühner-Lachen: Wir stecken die Daumen unter die Achseln und flattern aufgeregt mit den Ellenbogen, watscheln mit lautem HiHiHiHiiiiii quer durch den Raum – immer im Augenkontakt zu den anderen – und legen spielerisch im Hühnerhaus Eier, scharren mit unseren Füßen, eine ist der Hahn…
– Wir legen unsere Handflächen vor der Brust zusammen und ziehen sie mit dem Einatmen durch die Nase über unseren Kopf, halten die Luft ein wenig an und öffnen in einem großen Bogen zu den Seiten beim Ausatmen unsere Arme – als wären wir eine Sonne – und lächeln leise unser Haaaaaaaaaaa durch den Mund.
– Wir springen alle, uns im Kreis an den Händen fassend, aus dem Stand in eine imaginäre Glückssuppe. Hier kraulen und schwimmen wir dann vorwärts und rückwärts durch unser Glück.
– Wir sitzen mit geschlossenen Augen im Kreis (auf Stühlen oder auf dem Boden) und atmen tief ein und aus. Der Atem wird ruhiger und feiner, länger. Dann fangen wir wieder an zu kichern und zu giggeln, hören unsere Nachbarinnen, fühlen uns wohl. – 5 Minuten – Dann stehen wir noch einmal auf, legen unsere Hände in der Mitte zusammen und rufen laut: Ich bin der glücklichste Mensch auf der Welt, Jaaaaah! Ich bin der gesündeste Mensch, Jaaaaah! Und ich bin der dankbarste Mensch, Jaaaah!
Brigitte Kottwitz ist Bildende Künstlerin und seit 1999 Lachyoga-Trainerin, Laughter Ambassador seit 2006. – Mehr unter www.lachclub-frankfurt.de
Anmerkung
1) Vgl. Norman Cousins: Anatomy of an Illness As Perceived by the Patient, New York (Norton&Company) 1979 / dt. Ausgabe: Der Arzt in uns selbst. Die Geschichte einer erstaunlichen Heilung gegen alle düsteren Prognosen. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg (Rowohlt) 1984; Madan Kataria: Lachen ohne Grund, Petersberg (Verlag VIA NOVA) 1998. Zu den Vorreitern im Bereich Lachen und Gesundheit gehören weiter u.a. Lee Berk (Loma Linda Universität, Medical Center) und der Begründer der Gelotologie, der Wissenschaft des Lachens, der Psychiater William F. Frey, der 1964 an der Stanford-University erstmals über die Auswirkungen des Lachens auf die körperlichen Vorgänge forschte.
Zum Weiterlachen
Wenn Sie mehr über das Lachen wissen wollen, lesen Sie z.B. Michael Titze: Die heilende Kraft des Lachens, Kösel-Verlag 2001, oder Harald-Alexander Korp: Macht Lachen schön? HCD-Verlag 2014.
Den Lachtrainer oder die Lachtrainerin finden Sie in der Umgebung Ihres Ortes oder im unter den deutschlandweiten Adressen im Internetportal www.lachclub.info.
Lachen Sie im Sommer einfach mit einer Lachgruppe im Park.
Am ersten Sonntag im Mai ist der WELTLACHTAG. Da wird weltweit um 14 Uhr MEZ rund um den Globus für den Frieden auf der Welt gelacht. Meist kündigen die Gruppen ihre Treffen in den Städten im Internet oder durch die Medien an. Mitlachen ist sehr erwünscht!
Lachyoga wird in Zentren für Senioren, Kindergärten, Schulen, Hochschulen, Universitäten, Kliniken, Selbsthilfegruppen, Yogastudios und in Unternehmen praktiziert.
Gerade entsteht in Bangalore (Indien) die Laughter-Yoga-International-University. Informationen über Theorie und Praxis des Lachyoga und vieles mehr dazu finden Sie unter www.laughteryoga.org – auch in deutscher Sprache.
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