Manche haben vor dem Alter ein Grauen, weil sie kindisch werden könnten. Sie plappern dann dummes Zeug daher, wissen nicht mehr ihren Verstand zu gebrauchen und werden tränenfreudig kindisch. Mit Recht kann man davor einen Horror haben, weil diese kindische Haltung ein Zerfall der Persönlichkeit und eher einer Krankheit zu vergleichen ist. Ihr muss man möglichst früh entgegentreten. Ärzte wie auch Therapeuten versichern uns, dass man das kann, man muss nur früh damit anfangen.
Das beste Mittel dagegen ist die rechte Kindlichkeit. Diese Kindlichkeit offenbart sich dadurch, dass unser Vertrauen sehr groß ist, vielleicht noch größer als in den aufwachenden Jahren der Kindheit. Die Neugier ist wie damals ebenso groß oder größer. Das Experimentieren gehört auch dazu. Kindlichkeit, so gesehen, ist eine sehr aktive Phase, in der das Vertrauen und die Neugier und das Experimentieren richtig miteinander spielen. Im beginnenden Alter darf man zu Hause sein und dieser spontanen Kindlichkeit nachgehen.
Da bastelt plötzlich der ehemalige Bankdirektor ein Spielschiff fur seinen Swimmingpool und denkt sich allerlei Raffinessen mit Batterien und Energien aus. Ich kenne einen Herrn, der ernstlich an einem Windmotor herumdoktert und überzeugt ist, den Dreh zu finden. Seine Frau lächelt zu seinem Spiel und ist glücklich dabei. Die alternde Frau dagegen hat die Liebe zu den Blumen entdeckt und zieht in allen Ecken und Winkeln diese schönsten Handarbeiten Gottes empor. Sie spielt ebenso mit ihren Talenten und besucht noch einen Ikebana-Kurs, zu dem der Mann gar kein Verhältnis besitzt, weil er die Wohltat des abendlichen Dämmerschoppens entdeckt hat…
Von Männern, die alles Kindliche abgelegt und erstorben haben, kann man nur noch Härte und Rücksichtslosigkeit erwarten. Von solchen Menschen kommen Krieg und Unruhen, da sie zu spielen vergaßen.
Die Chance des Alters besteht darin, den Staub der Jahrzehnte vom Kindsein zu wischen und plotzlich neu zu spielen beginnen, schöpferisch zu gestalten, damit das Leben sich rundherum vollendet.
aus: Älterwerden. Texte für Menschen ab dreißig
© Verein der Norddeutschen Pallottiner e. V., Limburg
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