Ausgabe 2 / 2004 Material von Melanie Miehl

Die erste islamische Mystkerin

Von Melanie Miehl

 

Rabi`a al-Adawiyya führt die islamische Frömmigkeit von der Askese zur Gottesliebe.

Die ersten Mystiker des Islams traten vor allem durch ihre strenge asketische Lebensführung hervor. Reue und Bußfertigkeit standen im Mittelpunkt der Frömmigkeit derer, die sich als von Gott ganz Ergriffene von der Gemeinschaft entfernten.
Eine freigelassene Sklavin, Rabi`a al-Adawiyya, war es, die den Islam um das Motiv der selbstlosen Gottesliebe bereicherte. Dass Frauen ein intensives religiöses Leben führten, war in der Frühzeit des Islams nicht ungewöhnlich. Auch Rabi`a zog eine Zahl von Schülern an.
Sie wollte nicht, dass Gott aus Furcht vor jenseitigen Strafen oder der Hoffnung auf die Wonnen des Paradieses geliebt wurde, sondern um seiner selbst willen. Die Freuden des Paradieses, die ihre Zeitgenossen in Gestalt von Jungfrauen und schattigen Gärten ersehnten, waren für sie nichts als ein weiterer Schleier, der sich zwischen Gott und sein Geschöpf legte.
Ihre Gottesliebe ergriff vollständig Besitz von ihr. Die Mystikerin erstrebte nichts so sehr wie das Einswerden mit dem göttlichen Geliebten. Nichts anderes vermochte ihre Aufmerksamkeit mehr zu fesseln.
Aus ihrem Leben wird berichtet, dass sie darauf verzichtete, sich im Frühling an den Blumen ihres Gartens zu erfreuen. Ihre Freude bestand darin, im Garten ihrer Seele demjenigen zu begegnen, der die Blumen und den Frühling erschaffen hat. In ihrer Zurückweisung alles Geschaffenen gab sie sich bis zur Selbstaufgabe vollständig in Gottes Hand.
Ihre Entdeckung der Liebesbeziehung zwischen Gott und Mensch ließ keinen der späteren islamischen Mystiker unbeeinflusst. Rabi`a wirkte vor allem in Basra, unternahm aber auch die Wallfahrt nach Mekka. Sie starb im Jahre 801.

aus: Der Islam. Die 100 wichtigsten Daten
© Gütersloher Verlagshaus GmbH, Gütersloh 2004

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