Ausgabe 1 / 2006 Bibelarbeit von Dörte Wernick

Die Frauen werden mich beglückwünschen

Bibelarbeit zu Genesis 29,16 - 30,24

Von Dörte Wernick


Arme Lea! Tief eingeprägt hat sich mir die Kindheits-Erinnerung an eine Filmszene – die entsetzte Reaktion eines Mannes, der nach Hochzeit und Beischlaf entdeckt, dass er die falsche, die hässliche Frau bekommen hat. Dazu die Schulhofgeschichten, wie Freundinnen einander spinnefeind wurden, weil die eine der anderen den Freund ausgespannt hatte. Die erste verlor nicht nur den Freund, sondern auch den Menschen, mit dem sie das Leid, das nun über sie kommt, geteilt hätte. Ich erkenne. Tief verstrickt in meine eigenen Gefühle und in meine eigene Kultur betrete ich die Welt der Lea und Rahel.

Die Geschichte des Volkes Israel wird uns als eine Familiengeschichte erzählt. Der Zusammenhalt und die Herkunft der 12 Stämme Israels werden als Geschwisterbeziehungen dargestellt. Um das zu untermauern, sind bereits die zwei Mütter Lea und Rahel Schwestern. Und der Vater Jakob, Cousin der Schwestern, wird in Kap. 29,14 durch die Bekundung seines Onkels Laban „du bist von meinem Gebein und Fleisch“ (Gen 2,23) zu einer Ehe-Verbindung vorgesehen. So wird der lose Verband von Nomadenstämmen in der Geschichtsschreibung als engster Familienverband dargestellt. Dabei tritt die Zahl sieben bei der Entstehung der Familienbande dreimal in Erscheinung: die Jahre, die Jakob jeweils um den Brautpreis dient, und sieben Tage, die er noch auf seine auserwählte Ahnfrau warten muss. „Sieben“ ist vollendete Zeit: „Siehe, es war sehr gut … und so vollendete Gott seine Werke“ (Gen 1,31ff). Die Familiensaga der Stämme Israels trägt die Überschrift: „Und siehe, es war sehr gut“ und wird als vollendete göttliche Zeit angesehen. Das Leben von Frauen und Müttern leuchtet durch alle geschichtliche und theologische Deutung hindurch und macht mich neugierig auf das, was damals war.


Frauensachen

Wann Jakob mit welcher Frau schläft und ein Kind zeugt, darüber hat nicht er zu bestimmen. Wahlweise wird Gott dafür verantwortlich gemacht, oder die Frauen handeln. Nach vier Söhnen hört Lea auf, Kinder zu gebären. Dann werden die Mägde Bilha und Silpha durch die Frauen (!) dem Jakob zur Frau gegeben. In der Szene um die Liebesäpfel (1) entscheidet Rahel über den Handel, Jakob bekommt das Ergebnis durch Lea mitgeteilt, er hält sich daran. In Gen 31,2 stellt Jakob klar, dass er keinen Einfluss auf die Fruchtbarkeit von Rahel hat. (2) Zum einen macht Jakob mit seiner Antwort sichtbar: Im damaligen Volk Israel konnte die Frau nicht als Gefäß für den Samen und die Kinder des Mannes angesehen werden, denn sie hat ebenso wie der Mann Anteil an der Frucht des Leibes. Auch die Sintflutgeschichte dokumentiert diesen Wissen: je eine männliche und eine weibliche Kreatur einer Art gehen in die Arche; nur zusammen können sie Nachkommen zeugen. (3) Dieser Erkenntnis entspricht die namentliche Nennung aller vier Frauen.
Zum anderen haben Gott und die Frauen Macht über die Fruchtbarkeit. Dafür gibt es in der Bibel und im Talmud weitere Hinweise. Wenn der Talmud eine Mindestzahl von zwei Kindern als Erfüllung der Gebote angibt und Ausnahmen für weniger Kinder genannt werden, ist die Möglichkeit der Fruchtbarkeitsregulierung als gegeben anzusehen. (4) Drei der vier Frauen in unserem Text bekommen tatsächlich nur je zwei Kinder: die Zahl des Talmud, die einfache Reproduktionsrate. Ebenso wird bei der Gefährdung der Ahnfrau (5) Gen 20,1-18 die Gefahr einer Schwangerschaft Saras abgewendet: Geburtenkontrolle durch das zeitlich befristete Verschließen des Schoßes aller Frauen am Hofe des Abimelech. Dieses kluge Handeln wird als Gottes Tat erzählt. (6)

Und noch mehr dürfen Lea und Rahel entscheiden. (7) Durch die Namensgebung bekunden sie die Macht, über die Bestimmung und den Charakter ihrer Kinder als Stammväter Israels zu entscheiden. Was aber bleibt Jakob als Aufgabe – außer dass er, nach den Regeln der Frauen, der Samenspender für eine zahlreiche Kinderschar ist? Er muss für die Ernährung der großen Familie sorgen. Das tut er, indem er die Herde des Laban vergrößert und sich dann den größten Teil davon zuschanzt. (8) Schon zu Beginn scheint Jakob außer auf Rahel auch einen Blick auf die Schafe geworfen zu haben. (Gen 29,10) So erfüllt er seine Aufgabe von Anfang an gut.

Als Stachel gegen die Sicht einer selbst bestimmten Mutterschaft von Lea und Rahel, die nur Kinder gebären, für die sie eine Zukunft kennen: die von Gott gewollte Stammhalterschaft einer Sippe des Volkes Israel, bleiben die Ränkeleien zwischen den Frauen. Die Szene in Gen 30,14-16 fasst die Fragen nach Zuneigung, Fruchtbarkeit und Liebe zusammen. Die Liebesäpfel und der Handel um eine Nacht gehören in die Welt von Liebe und Sexualität und Geld. Entsprechend unserer Erfahrung werden wir für die eine oder andere Frau Partei ergreifen. (9) Dass Rahel über die Gültigkeit des Handels bestimmt, halte ich für einen Hinweis auf ihre Position unter den Frauen. Sie ist die Frau des Laban, Lea die Nebenfrau. (10) Durch diesen Handel bleiben sie jeweils bei ihrem Typus, mit dem sie hier in Erscheinung treten: Lea bekommt ein weiteres Kind, Rahel wird mit Hilfe der Liebesäpfel ihre erotische Anziehung auf Jakob verstärken können. (11) Nicht nur die Erwählung zur Ahnfrau durch die Liebe Jakobs untermauert ihre besondere Stellung: In der Geburtsgeschichte des Jesus nach ¬ Matthäus (Mt 2,18) wird Rahel mit ihrem Heiligtum in Rama als Ahnmutter erinnert.


Mutterwelten

Lea („Wildkuh“ (12)) gebiert sieben Kinder: sechs Söhne und Dina. Mit jedem Kind hofft sie erneut, dass Jakob sie nun endlich lieben wird. Vergebens. Der Frau, deren Augen ohne Glanz sind, bringt die siebenfache Mutterschaft nicht die ersehnte Verbesserung ihres Lebens. Mit ihrer Erst-Verheiratung ist dem geltenden Recht Gültigkeit verschafft worden. Und Lea hat ihre Pflicht getan und Kinder geboren. Die Kinder sollten sie glücklich machen und den Mann in Liebe zu ihr führen. „Die Kinder sind mein Glück!“ Dieses Bild von Mutterschaft kennt auch unsere Kultur. (13) Und ebenso die enttäuschten Mütter, die ihre Kinder darum nicht loslassen können.
Das letzte Kind, die Tochter Dina tritt mit ihrem Schicksal in die Spur der Mutter. Sie wird vergewaltigt, daraus folgt hundertfacher Rachemord (Gen 34). Auch Dinas Augen werden danach glanzlos geworden sein. Ihr weiteres Leben bleibt im Dunkeln. Da die Möglichkeit, die Vergewaltigung durch eine Ehe mit dem Vergewaltiger zu legitimieren, nicht angenommen wurde, ist davon auszugehen, dass sie unverheiratet in einer Geschwis¬terfamilie weiterlebt. So jedenfalls wird es im vergleichbaren Fall im Hause Davids von der Tamar erzählt, die von ihrem Bruder Amnon vergewaltigt wird (2. Samuel 13,11-20). Tamar bleibt danach „einsam im Hause ihres Bruder Absalom“. Arme Lea, arme Dina!

Rahel („Mutterschaf“  (14)) ist aus Liebe und wegen ihrer Schönheit geheiratet worden. Ob sie Jakob liebte, wird nicht erzählt. Wie bei Lea ist auch ihr Name Programm. Feiner Unterschied: Hier steht „Mutter“ ausdrücklich im Namen, bei Lea kann das nur gefolgert werden. Rahel ist allerdings nicht Mutter durch viele Kinder, sondern als Ahnfrau des Volkes Israel. Als Ahnfrau des Heiligtums in Rama und Trägerin der Tradition der Messiaserwartung wird sie im Matthäusevangelium (2,18) zitiert. Durch ihren Beruf als Hirtin (Gen 29,9) steht sie in einer Linie mit den Erzvätern bis hin zu David, dem König. Das untermauert ihre herausgehobene Bedeutung. Wie bei den Ahnfrauen Sara und Rebekka scheint die Aufgabe mit der Geburt von nur einem oder zwei Kindern (15) erfüllt zu sein. Die Mutterschaft ist für sie Unglück: Ben-Oni, Sohn meines Unglücks, nennt sie ihr zweites Kind. Diese zweite Geburt wäre für sie als Ahnfrau auch nicht nötig gewesen. Sie bringt ihr den Tod. Arme Rahel!

Bilha („Sorglosigkeit“) und Silpa („Ehrenrang“ (16)), die Leibmägde, bekommen auch nur je zwei Kinder. Trotzdem sind sie unfrei, Mägde. Eberhard Jüngel setzt Leibmagd mit Leihmutterschaft gleich. (17) Tatsächlich legen das Wort „Leibmagd“ und auch unsere Perikope es nahe anzunehmen, dass diese Frauen einzig dazu da waren, im Dienste des Leibes ihrer Herrin zu sein, wie eine Amme, die an Mutter statt nährt. Zusätzlich verstärkt das Bild „auf dem Schoß gebären“ (Gen 30,2) diese Annahme. Aber „auf dem Schoß gebären“ ist eine Haltung zur Unterstützung einer Geburt, bei der die Gebärende kniet und im Rücken von einer anderen Frau gehalten und unterstützt wird. (18) Dieses Bild stellt also wohl eher die tiefe, unterstützende Beziehung zweier Frauen dar als eine Leihmutterschaft. (19) Bilha und Silpa springen immer dann ein, wenn die Frauen Lea und Rahel unfruchtbar sind. Erinnern wir uns aber daran, dass sie ihre Fruchtbarkeit regulieren konnten, und eine Kinderzahl von zwei für jede Frau vorgeschrieben war, so kann der Leibmagd eine andere wichtige Aufgabe zukommen: Werden mehr als zwei Kinder gebraucht, z.B. um die 12 Stämme Israels darzustellen, entlastet die Leibmagd die Frau von zusätzlichen Geburten. (20) Selbst den Mägden werden nicht mehr als zwei Geburten zugewiesen. Sie sind mit Namen erwähnt und haben diese als Gegenüber zum Schicksal ihrer Herrinnen bekommen: Die Magd Leas, die mit jeden Kind um Anerkennung ringt, heißt „Ehrenrang“. Die Magd Rahels, deren Unglück mit dem zweiten Kind durch ihren Tod besiegelt wird, heißt „Sorglosigkeit“. Nicht nur für die Schwangerschaften sind die Leibmägde an ihre Herrin gewiesen, die Frauen brauchen einander als Ergänzung. Eine Leihmutterschaft, wie wir sie heute kennen, die ganz im vermeintlichen „Muss“ einer Frau und eines Mannes zu einem biologisch eigenen Kind begründet ist, stellt sich für mich mit diesen Leibmägden und den Erkenntnissen über die Mutterschaft nicht dar. Die Leibmägde scheinen die einzig Zufriedenen bezüglich ihrer Mutterschaft zu sein.


Fazit

Im kulturellen Umfeld des patriarchalen Nomadenstammes gibt es keine Mutterschaft „an sich“. Mutterschaft gründet auf der Zusage von Zukunft für die geborenen Kinder – Jakob sorgt für die ausreichende Ernährung – und der Aufgabe, für die das Kind vorgesehen ist: Stammesvater sein und Gottes Segen für ein großes Volk sichtbar machen.
Um die Gesundheit der Frau und der Kinder zu schützen (Talmud, Rahel) oder um gesellschaftlichen Schaden abzuwenden (Ahnfrau), kann Mutterschaft geplant, Geburtenkontrolle betrieben werden. Liebe und Sexualität müssen nicht die Mutterschaft zur Folge haben (Rahel). Und es gibt Frauenaufgaben, die eine vielfache Mutterschaft ausschließen (Ahnfrau). Es gibt gute Gründe dafür, dass ein Schoß verschlossen bleibt: Mutterschaft kann zum Tod der Mutter führen (Rahel). Und es gibt traurig-böse Gründe, die eine Mutterschaft verhindern (Dina, Tamar).
Die Mutterschaft kann benutzt werden, um eine Beziehung zum Mann herzustellen und Liebe zu erwirken (Lea). Sie schafft darüber hinaus Beziehungen zwischen Frauen (Geburtshilfe bei den Nebenfrauen) und, angepasst an den kulturellen Kontext, Zufriedenheit (Bilha und Silpa).

Und was hat das mit uns zu tun? „Frau und Mutter“ ist ein sehr persönliches und hoch sensibles Thema. Jede ist beteiligt, denn sie hat eine Mutter, aber nicht jede ist selbst Mutter. Spätestens die erste Menstruation fordert jede Frau heraus darüber nachzudenken, ob und wie sie Mutter werden will. Diese Entscheidung wird durch die Beziehung zur eigenen Mutter ebenso beeinflusst wie durch unsere Kultur – und auch durch die gerade angesagte Bevölkerungspolitik. Innerhalb Deutschlands kommt die über fast zwei Generationen unterschiedliche Sozialisation von Frauen entlang den miteinander rivalisierenden Leitbildern in der DDR und im Westen Deutschlands hinzu. Weil zu alledem die persönliche Entscheidung über Mutterschaft durch die tiefste körperliche und seelische Beteiligung jeder Frau am „Thema“ Mutterschaft keine gelassene Distanz zulässt, ist es hier besonders schwer, andere Entscheidungen als gleichwertig anzusehen. Umso wichtiger ist es, dass Frauen miteinander über Mutterschaft sprechen: offen, aber behutsam und respektvoll – wohl wissend, wie verletzbar jede ist.


Für die Arbeit in der Gruppe

Ziel:
Die Teilnehmerinnen erkennen sich selbst in einem Kontext verschiedenster Lebensentwürfe von Frauen und Müttern, indem sie von anderen Teilnehmerinnen hören und die biblischen Frauen kennen lernen. Sie reflektieren ihre ¬ eigene Situation, indem sie sich in eine biblische Frau einfühlen und sich zu dieser in Beziehung setzen.

Hinweis für die Leiterin:
Eine Differenzierung zwischen Frau und Mutter gibt der Bibeltext explizit nicht her. Es ist die Aufgabe der Leiterin, bei den auszuwählenden Personen und Situationen darauf zu achten, dass sie auch als Frauen ohne Mutterschaft vorkommen (z.B. „Rahel hütet die Schafe ihres Vaters“), besonders in Gruppen, in denen alle Frauen Mütter sind und deswegen der Blick auf das Frau-sein zu entfallen droht. Die Leiterin kann zwischen drei methodischen Vorschlägen wählen: Die „Fußstapfen“ ermöglichen eine hohe Identifikation mit Mutterschaft, die Einheit „Geschenk“ ermöglicht mehr Distanz. Daraus abgeleitet wird eine dritte Variante vorgeschlagen für Frauen, denen es schwer fällt zu schreiben.


Fußstapfen

geeignet für 5-30 Teilnehmerinnen; benötigt werden 2-5 Std. Zeit und ein Raum, in dem ein Stuhlkreis möglich ist

Material:
Bibeln oder Textauszug (Kopiervorlage für Abonnentinnen im Servicebereich), eine große Bibel, vorbereitete Fußstapfen, Papier, Stifte, 1-3 Tabletts, 1-5 siebenteilige Matrjoschkas (Versandangebote im Internet)

Ablauf:
Abholen der Teilnehmerinnen:
Die Frauen sitzen im Stuhlkreis, in der Mitte stehen viele „Matrjoschkas“. Deren Herkunft wird erläutert: Die russische Holzpuppe, die aus mehreren Innenpuppen besteht, wird Matrjoschka genannt. Die erste Matrjoschka wurde Ende des 19. Jahrhunderts hergestellt. Zu dieser Zeit befand sich Russland in wirtschaftlicher und kultureller Entwicklung. Die traditionelle Matrjoschka trägt einen roten Sarafan (Tracht) und soll ein dickes Dorfweib darstellen. Sie steht als Symbol für Mutterschaft und Fruchtbarkeit. Auch der Name Matrjoschka (lat. „mater“, dt. „Mutter“) wurde nicht zufällig gewählt; in Russland gehörte der Name Matryona oder Matryosha zu den häufigsten weiblichen Vornamen.
(www.matrjoschka.kalinka-shop.de)
Die Frauen werden aufgefordert, eine der Puppen auszuwählen und mit ihrer Hilfe über sich als Frau und über sich als Mutter oder Nicht-Mutter zu erzählen. Mit den Matrjoschkas lässt sich vielfältig assoziieren: So viele Kinder in einem Bauch. / Wenn ein Kind geboren ist, ist der Puppe leer. / Der Bauch kann verschlossen bleiben, dann ist die Puppe voll. / Eine letzte Puppe kann keine Kinder bekommen. / Sie stehen wie die Orgelpfeifen. / Jede Puppe sieht gleich aus…
Nach ihrem Bericht stellen jeweils die Frauen ihre Puppe auf ein Tablett,
das für die gesamte Zeit an einem ¬ würdigen(den) Ort im Raum seinen Platz findet.

Kennenlernen des Textes:
Gen 29,16-30,24 vorlesen und einige Informationen aus der Auslegung geben (z.B. Liebesäpfel)

Identifikation mit den Frauen:
Die Leiterin hat Fußstapfen (mindestens ein Paar pro Teilnehmerin) vorbereitet: aus festem Papier in „Echtgröße“ ausgeschnitten und mit Namen und Stichworten beschriftet. Entweder kommt jede der biblischen Frauen mehrfach, aber in verschiedenen Lebenssituationen vor (z.B.: Rahel hütet die Schafe / Rahel erhandelt Liebesäpfel / Lea gibt Jakob ihre Leibmagd Silpa zur Frau etc.) oder: Jede kommt ohne Erläuterungen mehrfach vor (z.B.: je 3 x Lea, Rahel, Silpa, Bilha, Dina).

Vorbereitete Fußstapfen auf dem Boden verteilen. Jede wählt eine Frau aus, nimmt die Fußstapfen zu sich und stellt, solange sie über sie nachsinnt, ihre Füße auf das Papier. Jede teilt kurz mit, warum sie diese Frau ausgewählt hat.

Jede Frau widmet sich in Einzelarbeit „ihrer“ Frau und Situation und schreibt dazu eine autobiographische Betrachtung: Als ich, Lea, … ging es mir so:
…. Ich habe gehofft, dass …;
Alternativ können die Frauen sich in Gruppen zur „ihrer“ Frau zusammenfinden, sich für eine Lebenssituation entscheiden und im Gespräch eine gemeinsame autobiographische Betrachtung schreiben. (Besonders in großen Gruppen muss diese Variante gewählt werden.)

Die Frauen lesen ihre Betrachtungen vor; Fragen und Gespräch können sich entwickeln. Jeweils danach und einzeln legt jede Frau ihre Fußstapfen in eine aufgeschlagene Bibel, begleitet von einem Satz des Gefühls für diese Frau, z.B.: Ich lege das Leben von Lea in Gottes Hand in Sorge um…; Das Leben von Dina lege ich in Gottes Hand mit der Anklage…
Ist viel Schmerz und Trauer hörbar geworden, sollte die Leiterin auf die Möglichkeit aufmerksam machen, die Fußstapfen zerrissen zurückzulegen.

Zum Abschluss wird die Bibel mit einem Fürbittgebet der Leiterin oder einer Fürbitt-Gebetsgemeinschaft geschlossen. Sie bleibt in der Mitte liegen.

Verabschiedung:
Das Tablett mit den vielen Matrjoschkas wird neben die Bibel in die Mitte gestellt. Die Frauen nehmen ihre Matrjoschka in die Hand und „füllen“ die Puppen passend ineinander. Diejenige, die dadurch an der Reihe ist, formuliert, welche Erfüllung als Frau oder als Mutter sie heute neu (wieder) entdeckt hat.


Geschenk

geeignet für 5-30 Teilnehmerinnen; benötigt werden 1-4 Std. Zeit und ein Raum, in dem ein Stuhlkreis möglich ist;

Material:
Bibeln oder Textauszug (Kopiervorlage für Abonnentinnen im Servicebereich), eine große Bibel, vorbereitete Briefumschläge mit Papier, Stifte, 1-5 siebenteilige Matrjoschkas, 1-3 Tabletts, Bastelmaterial

Ablauf:
Abholen der Teilnehmerinnen / Kennenlernen des Textes:
wie oben

Dialog mit den Frauen:
Die Teilnehmerinnen lassen sich zu einem Dialog mit den biblischen Frauen herausfordern. Sie schreiben ihnen zu lebensgeschichtlichen Anlässen (z.B. Geburt eines der Kinder, Hochzeit Leas, Tod Rahels) einen Brief und schicken ein Geschenk.

In die Mitte des Kreises werden beschriftete Briefumschläge (z.B.: An Lea, anlässlich der Geburt von Ruben) mit Schreibpapier gelegt und jede Frau wählt einen der Umschläge aus. (Viele verschiedene Aufschriften für Einzelarbeit vorbereiten oder mehrere gleiche für Kleingruppenarbeit.)
Einzeln oder in Gruppen überlegen die Frauen sich ein zum Anlass passendes Geschenk (evtl. malen oder basteln) und schreiben dann ihren Brief, in dem unter anderem erklärt wird, warum dieses Geschenk ausgewählt wurde.

Die Frauen beschreiben (zeigen) ihr Geschenk und lesen die Briefe vor; durch Fragen der anderen kann sich ein Gespräch entwickeln. Anschließend legen sie die Briefe in die aufgeschlagene Bibel, daneben das Geschenk. Zum Abschluss wird die Bibel mit einem Fürbittgebet der Leiterin oder einer Fürbitt-Gebetsgemeinschaft geschlossen. Sie bleibt in der Mitte liegen.

Verabschiedung:
wie oben


Variation

Für Frauen, denen es schwer fällt zu schreiben, kann diese Einheit auch ohne einen Brief gestaltet werden: Die Namen der biblischen Frauen werden auf eine A5 Karte geschrieben oder es wird ein symbolischer Gegenstand für jede Frau hingestellt. Nach dem Vorlesen ordnen sich die Frauen in Kleingruppen (keine Einzelarbeit!) einer biblischen Frau zu.
Der Text wird noch einmal vorgelesen. Danach überlegen die Frauen sich ein gemeinsames Geschenk; es kann gemalt, gebastelt oder spontan besorgt werden.
Anschließend wird das Überreichen des Geschenkes gespielt, wobei die Frauen dem Geschenk Glückwunschworte hinzufügen. Die dargestellten Geschenke werden zu der Bibel gelegt und es wird fortgefahren, wie oben beschrieben.

Dörte Wernick, geb. 1963, ist Mutter eines Kindes und geschieden. Sie wohnt in Potsdam und arbeitet als Gemeindepädagogin und Pfarrerin in der evangelischen Kirchengemeinde Babelsberg. Darüber hinaus arbeitet sie praktisch und theoretisch mit in der Mädchenarbeit im Landesjugendpfarramt der EKBO.

Anmerkungen
1
Damit soll die Alraune (Mandragora officinarum) gemeint sein. (Sach- und Worterklärungen zur Lutherbibel 1984) „Sie ist das bekannteste Aphrodisiakum der antiken Welt.“ (Johnson-Illi, 10)
2 Ein coitus interruptus ist m.E. an dieser Stelle nicht interpretierbar.
3 Hüttermann, 28 ff. und 99ff.
4 Heinsohn, Steiger, 49
5 Die Gefährdung der Ahnfrau ist ein wichtiges Motiv in den Väter-Erzählungen: Aus Vorsicht wird die Ahnfrau nicht als Ehefrau ausgegeben, weshalb der fremde König um sie anhält und bereits den Brautpreis zahlt (Geschenke), sie also nun zweimal verheiratet ist. Das ist Ehebruch und mit Steinigung bedroht. Die Unfruchtbarkeit der Ahnfrau und der anderen Frauen am Hofe verhindert, dass Kinder geboren werden und das todeswürdige Vergehen noch weiter zementiert wird. Gen 12,10ff.; 20,1ff.; 26,1ff.
6 Es würde reichen, dass Saras Schoß verschlossen ist. Der Umstand, dass alle Frauen am Hofe davon betroffen sind, lässt an Lebensmittel und Kräuter denken, die zu diesem Zweck in das am Hofe für alle gekochte Essen getan wurden.
7 Nur einmal mischt sich Jakob ein. (Gen 35,18) Ihrem letzten Sohn gibt Rahel sterbend den Namen Ben-Oni, Sohn meines Unglücks. Nach ihrem Tod nennt ihn Jakob Ben-Jamin, Sohn des Glücks.
8 Gen 30,29-43; Hüttermann erkennt in diesen Versen die Kenntnis von Vererbungsgesetzen, die in unserer Kultur im 19. Jahrhundert wieder entdeckt wurden: die mendelschen Gesetze (39ff). Wenn nun Jakob „nur“ alles Schwarze, Bunte und Gesprenkelte nehmen will und dem Laban alles Weiße und Reine überlässt, dann trifft zu, was ihm in Gen 31,1 vorgeworfen wird: ca. 70% der Schafe nimmt er mit sich.
9 Dass durch die Ränkeleien auch Aspekte der Beziehungen der Stämme untereinander abgebildet sind, kann angenommen werden; vgl. das Beispiel des Joseph – er wird von seinen „Lea-Geschwistern“ nach Ägypten verkauft (Gen 37,12ff). Das müsste aber noch im Detail für die weiteren Geschwisterbeziehungen untersucht und beschrieben werden.
10 Es ist möglich, dass aus Geldmangel zunächst eine Nebenfrau geheiratet wurde und später die Frau.
11 Schön, wie hier am Beispiel der Liebesäpfel mit-erzählt wird, dass die Sexualität nicht allein zur ¬ Empfängnis bestimmt war, sondern Aphrodisiaka benutzt werden, um das Leben auch in der Erotik genießen zu können.
12 Lexikon zur Bibel, 831
13 „Kinder sind der Schlüssel zum Himmel“ stand auf einer christlichen Spruchkarte auf dem Vertiko einer fünffachen Mutter. Ich weiß, wie sie es verstanden hat: Hoffnung, die mit jedem dieser Kinder in der Welt ist. Mir hat es gleichwohl den Atem verschlagen. Welche schwere Aufgabe diese Kinder zu erfüllen haben: Schlüssel zum Himmel! Hat die nicht Petrus übertragen bekommen?!
14 Lexikon zur Bibel, 1110
15 Als Zwillingsgeburt ist es aber nur eine Geburt, wie bei Sarah.
16 Lexikon zur Bibel, 231 und 1302
17 In einer Predigt zu Gen 16 zur Verleihung der Ehrendompredigerwürde am 16. November 2003 in der Oberpfarr- und Domkirche Tübingen
18 „Ich hielt es aber auf dem Bett nicht mehr aus und musste wieder stehen, obwohl meine Beine schon ganz zittrig waren. Schlussendlich saß ich mit dem Seil in den Händen auf dem Majahocker und mein Mann stützte mich von hinten.“ (www.babyzimmer.de)
19 So dicht wird ja auch die Beziehung zwischen Ruth und Naemi dargestellt, bei der vermutlich auch solche Geburt beschrieben wird: Ruth 4,16
20 So auch Bibellexikon, 313: „Die Polygamie entspringt dem Wunsch nach größerer Kinderzahl.“ Lea ist mit ihren vielen Geburten, durch die Bedeutung, die sie ihren Kindern beimisst, eine Ausnahme!

Literatur
Ruth Johnson-Illi, Rezepte der Liebe, AT Verlag, Aarau 1999
Aloys P. und Aloys H. Hüttermann, Am Anfang war die Ökologie. Naturverständnis im Alten Testament, Herder Verlag, Freiburg 2004
Gunnar Heinsohn, Otto Steiger, Die Vernichtung der Weisen Frauen. Beiträge zur Theorie und Geschichte von Bevölkerung und Kindheit, Area-Verlag 2005
Lexikon zur Bibel, hg. v. Fritz Rienecker, Brockhaus 1961
Eberhard Jüngel, Predigt über Genesis 16 zur Verleihung der Ehrendompredigerwürde am 16. November 2003 in der Oberpfarr- und Domkirche Tübingen
Internet: www.babyzimmer.de / www.matrjoschka.
kalinka-shop.de / www.russouvenier.de

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