Ausgabe 1 / 2008 Bibelarbeit von Angelika Scholte-Reh

Die Hausfrau und die Schülerin des Rabbi

Zwei Frauenrollen in der frühchristlichen Gemeinde

Von Angelika Scholte-Reh


Die Schwestern Maria und Martha begegnen uns zweimal in den Evangelien. Lukas erzählt von einem Besuch Jesu im Haus der Schwestern und davon, wie die eine, Maria, sich zu Jesu Füßen setzt, um seiner Lehre zu lauschen, und die andere, Martha, sich mit Jesus streitet, dass er das zulässt. Ihre Schwester soll ihr doch im Haushalt helfen …

Jesu Antwort stellt die Ordnung der Welt auf den Kopf: „Maria hat das gute Teil erwählt, das wird man nicht von ihr wegnehmen.“(1) In einer anderen Übersetzung heißt es sogar: „Eins aber ist Not. Maria hat das gute Teil erwählt; das soll nicht von ihr genommen werden.“(2) Lukas berichtet beides: Marthas Zorn, ihren Mut, sich so klar und konfrontierend mit Jesus auseinander zu setzen, und Marias ungewöhnliches Verhalten. Sie setzt sich Jesus „zu Füßen“, eine rabbinische Umschreibung dafür, dass jemand sich in die Rolle einer Schülerin begibt.(3) Und im Erzählen stellt Lukas die gewohnte Ordnung in Frage: Nicht die Gastfreundlichkeit Marthas, nicht ihr Sorgen und Mühen bekommt den Vorrang. Maria hat das „bessere Teil“(4) gewählt, etwas, das Bestand hat.

Johannes erzählt in einer dramatischen Szenenfolge, wie Jesus seinen Freund Lazarus von den Toten erweckt, und Maria dann Jesus auf seinem Weg ans Kreuz Gutes tut, indem sie seine Füße mit kostbarem Nardenöl salbt.(5) Die Schwestern könnten auch hier nicht unterschiedlicher geschildert werden: Martha läuft dem Freund entgegen. Klar in ihren Aussagen und Bekenntnissen, fasst sie zusammen, wer Jesus für sie und die Menschen ist: „Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt gekommen ist.“(6) Ein Bekenntnis, das in den synoptischen Evangelien einem Mann, Petrus, vorbehalten ist.(7) Hier spricht dies eine Frau aus, Jesus offensichtlich im Herzen und im Glauben nah, eine Freundin.(8)

Der Text zeigt aber auch Marthas lebenspraktische Seite, die sie die zweifelnde Distanz zum Geschehen bewahren lässt. Als Jesus befiehlt, den Stein vor der Grabhöhle zu entfernen, sagt sie: „Herr, er stinkt schon; denn er liegt seit vier Tagen.“(9) So war sie, die Martha, die wir in den Bibeltexten kennen lernen: Hausmutter, Organisatorin, Koordinatorin für große Feste und immer gastfreundlich, selbst wenn ihr Freund und Lehrer überraschend mit einer großen Menschengruppe auftauchte. Wer sonst hätte auch das Essen kochen, die Dienstmägde koordinieren und die Gäste mit dem Notwendigen versorgen sollen? Lazarus, erzählt Johannes, liegt mit Jesus zu Tisch. Martha „organisiert“ das Festmahl.(10)

Und Maria? Was Johannes erzählt, deutet auf eine erstaunliche Rolle in der frühen Gemeinde hin: Maria bleibt nach dem Tod ihres Bruders mit der Trauergesellschaft im Haus, als Jesus kommt. Ahnte sie, was geschehen würde? Ist sie darum so scheinbar unaufgeregt und gelassen? Und als sie dann aufsteht, um Jesus entgegenzugehen, folgt die Menge ihr. War sie für die Menschen mehr als nur eine stille Frau, die sich aufs Zuhören verstand? Die Szene, die Johannes später erzählt, bei genau jenem Festmahl kurz vor Jesu Tod, legt das nahe: Da kommt Maria, selbstbewusst und klar in ihren Handlungen, und salbt Jesu Füße mit kostbarem Nardenöl, trocknet es mir ihren Haaren und schenkt Jesus damit die Aufmerksamkeit, die in der jüdischen Tradition ein Priester einem angehenden König zukommen lässt.(11) Können Frauen so etwas tun? Die Reaktionen der Zuschauer zeigen Irritation und Widerstand.(12) Jesus verteidigt sie: „Lass sie in Frieden! Es soll gelten für den Tag meines Begräbnisses.“(13) Er sagt damit: Was sie tut, ist in Ordnung! Sie übernimmt die Rolle, die ihr zukommt!

„Martha, Maria und Lazarus werden als Jesu FreundInnen, die er liebte, dargestellt. Sie sind seine wahren JüngerInnen, und er ist ihr ‚Lehrer'. … Als eine ‚Lieblingsjüngerin' Jesu ist Martha die Sprecherin für den messianischen Glauben der Gemeinde. … Daher repräsentiert Martha den vollen apostolischen Glauben der johanneischen Gemeinde. … Maria salbt Jesu Füße. … So ist die/der Evangelist/in höchstwahrscheinlich daran interessiert, Maria von Betanien als wahre Jüngerin und Amtsträgerin zu schildern.“(14)


einander ergänzend

Bleibt die Frage, warum Martha und Maria eine so prominente Rolle sowohl bei Lukas als auch bei Johannes einnehmen. Die eine ist Jesu Schülerin, die andere in ihrem klaren Bekenntnis eine Sprecherin der gläubigen Gemeinde. Denkbar ist, dass Martha und Maria auch nach Jesu Tod eine wichtige Rolle in der Urchristenheit einnahmen: die eine, Maria, als Lehrerin und Gottesdienstleiterin, die mit der ihr eigenen geistlichen Souveränität Jesu Worte weitergab und Menschen auch in Ritualen Gottes Nähe und Zuwendung begreifbar machte; die andere, Martha, als Gastgeberin einer Hausgemeinde, klar in ihrem Bekenntnis und lebenspraktisch in ihrem Handeln. Zwei Jüngerinnen Jesu, die sich ergänzen. Dass das nicht immer konfliktfrei zuging, zeigt die kleine Szene, die Lukas erzählt.

Tatsächlich spiegelt sich in diesen beiden Frauengestalten nicht nur die über die Jahrhunderte immer wieder gestellte Frage nach dem Ort und der Rolle von Frauen in der Kirche, sondern auch ein urchristliches Problem – und seine Lösung. Die Apostelgeschichte erzählt, wie in der Urgemeinde die Sorge um das leibliche Wohl der wachsenden Gemeinde den Apostelinnen und Aposteln über den Kopf wuchs. „Es ist nicht recht, dass wir für die Mahlzeiten sorgen und darüber das Wort Gottes vernachlässigen.“(15) So berufen sie sieben Diakone, die „zu Tisch dienen“, sich um das Wohl der Menschen kümmern. Eben diesen Begriff benutzt Lukas, um das zu beschreiben, was Martha für Jesus und die Seinen tat: „Martha aber machte sich viel zu schaffen, ihm zu dienen.“(16) Es ging eben nicht beides: Gottes Wort verkündigen und sich um das Wohl der Gäste kümmern. Beide Rollen aber wurden und werden in den Gemeinden benötigt, damals wie heute. Frauen haben in der Urkirche beide Rollen ausgefüllt: als Lehrerinnen und Apostelinnen und als Gastgeberinnen und Diakoninnen, die sich um das Wohl der Hausgemeinden kümmerten.(17)

So erzählt Lukas in der Geschichte von Martha und Maria eine „reale und zugleich ideale, eine konkrete und zugleich exemplarische Episode“,(18) die auf Fragen, Irritationen und Konflikte innerhalb der Urgemeinde antwortet: indem sie Jesu Mahnung zitiert, über aller Arbeit, allem Denken in Netzwerken und Notwendigkeiten, das Eigentliche, nämlich das Hören auf Gottes Wort, nicht zu vernachlässigen. Dieses „eine“, das „Not“ ist,(19) stillt den Hunger der Seele und sättigt auf Dauer. Und doch, mit hungrigem Magen ist es schwer, auf Gottes Wort zu hören. So braucht es auch die Sorge um das leibliche Wohl, Marthas Dienst. Martha und Maria waren zwei „Mütter“ der Urgemeinde, die auf ihre je eigene Art „dienten“, die eine in der Verkündigung, die andere in der lebenspraktischen Versorgung der Gemeinde in ihrem Haus.


verstörend

Martha und Maria – beide passen sie nicht so recht in das Bild, das wir von den Frauen einer patriarchalen Gesellschaft wie der des Neuen Testaments erwarten würden. Martha, die selbstbewusste, praktische und lebenskluge Herrin ihres Hauses, wagt es, sich voller Zorn und mit Sinn fürs Praktische dem hoch geachteten Lehrer entgegenzustellen. Sie hat sich in ihre Rolle eingefunden und die passt – wenn auch nicht ganz – noch ins Bild: Frauen dürfen sich sorgen, organisieren, Netzwerke bauen, den Haushalt koordinieren. Aber ob sie das so selbstbewusst und selbstbestimmt tun sollten, wie Martha das tat? Sicher entspricht sie nicht dem Bild des „sittsamen Hausmütterchens“. Eher schon erscheint sie wie eine Chaosmanagerin, die sich auch den schwierigsten Herausforderungen stellt und keine Scheu hat, den Männern ihrer Umgebung mit Widerstandsgeist und praktischen Fragen und Anregungen entgegenzutreten. Sie stellt die Ordnung in Frage, und sie weiß das auch.

Und Maria? Sie setzt sich in einer eindeutig den Männern vorbehaltenen Haltung zu Jesu Füßen, eine Schülerin. Das ist selbst Martha zu viel. Erst soll sie allein all die Arbeit schaffen – und jetzt stellt ihre Schwester auch noch so offensichtlich die vorgegebenen Rollen der überkommenen Ordnung in Frage. Kein Wunder, dass sich in ihren Zorn über die versagte Frauensolidarität die Angst um den Ruf ihrer Schwester und die Irritation über deren Mut mischen.

Männern, selbst denen in der Gruppe der Jüngerinnen und Jünger Jesu, mag die Reaktion Marthas angemessen erschienen sein.(20) Eine Frau hatte sich nicht die Rolle einer Schülerin anzumaßen. Diskussionen über Gottes Wort, theologische Dispute über die Fragen des Lebens waren Männersache! Ob einige zu Marthas Worten genickt haben? Eine Frau wie Maria stellt einfach durch ihr Handeln die Gesellschaftsordnung in Frage. So eine verunsichert die Menschen um sich herum, erzeugt Angst.

Für Jesus war die Gleichbehandlung von Frauen und Männern unter seinen Jüngerinnen und Jüngern selbstverständlich. Heute wissen wir, gerade aus den nicht in den Kanon der Bibel aufgenommenen Schriften, wie selbstbewusst und selbstbestimmt Frauen in den ersten Generationen des Christentums als Apostelinnen, Missionarinnen, Diakoninnen tätig waren. Paulus fasst diese Gleichwertigkeit der Geschlechter in Jesu Handeln später in Worte: „Da ist nicht jüdisch noch griechisch, da ist nicht versklavt noch frei, da ist nicht männlich noch weiblich, denn ihr seid einzig-einig im Messias Jesus.“(21) So wie Mann und Frau in der Gemeinde gleichwertig zusammen gehören, stehen die verschiedenen Weisen, Gott zu dienen und ein Amt in der Gemeinde zu übernehmen, gleichberechtigt nebeneinander. Sie ergänzen sich.


für Leib und Seele sorgend

„Es ist festzuhalten, dass es nicht um den Gegensatz zwischen der vita contemplativa und der vita activa geht. So hat man im Verlauf der Kirchengeschichte im Zusammenhang der Mystik des Mittelalters diese Erzählung verstanden. Damit wurde sie von den konkreten Personen entfernt, gleichsam ent-personalisiert.“(22) Hinter der Szene, die Lukas erzählt, stehen zwei konkrete, lebendige Frauen, mit ihrer je eigenen Geschichte und ihren je eigenen Begabungen. Im Nachdenken über die biblischen Texte scheint, wie ein schwacher Widerschein, etwas auf von dem, was Martha und Maria im Kreis der Jüngerinnen und Jünger Jesu besonders und zu wichtigen Frauen der Urkirche werden ließ. Jede wurde mit ihren eigenen Gaben gebraucht: Martha mit ihrem organisatorischen Talent, ihrem Überblick und ihrem weiten Herz, wo immer Menschen, tatkräftige Hilfe und gastfreundliche Aufnahme benötigten – Maria mit ihrer Fähigkeit hinzuhören, theologisch zu denken und Gottes Wort in der Verkündigung und im Gebet und Segen weiterzugeben. Sie sind wirklich Schwestern, unterschiedlich und doch untrennbar miteinander verbunden. Eine ist ohne die andere nicht zu verstehen. Eine kann ohne die andere nicht sein. Das Hören auf Gottes Wort braucht das Tun als notwendige Konsequenz, das geschäftige Tun die Stille und das Hören auf das Wort, das Richtung und Sinn schenkt.(23)

Jesus nimmt Maria in Schutz und warnt Martha vor zu viel des Sorgens und Mühens. Wenn Martha ein angemessenes Maß des Tuns bei Maria anmahnt, zeigt Jesus Martha die Gefahr auf, in Aktionismus zu verfallen und die Frage nach dem Warum und Wozu außer Acht zu lassen: „Marias Seele ist hungrig! Die Seele braucht auch Nahrung! Die gibt Gottes Wort. Du, Martha, könntest über all deinem Sorgen und Arbeiten für den Leib und sein Wohlergehen vergessen, warum du all das tust.“ Die Schwestern können in der Diskussion zu Urbildern dieser zwei Arten von Bedürfnis werden: Hunger der Seele und des Leibes. Beides brauchen wir Menschen: Nahrung für die Seele und Gutes für den Körper.

Ein weites Herz
für Menschen, die an deine Tür klopfen,
tätige Hände,
wenn Hilfe vonnöten ist,
freundliche Augen,
die sehen, was Not-wendend ist,
festen Stand,
wenn du das aussprichst,
was dir das Herz eng macht,
wärmenden Zorn,
der dich nie mit dem scheinbar Unveränderlichen zufrieden sein lässt,
einen Menschen,
der dich an das Eigentliche und
Wichtige erinnert
und zu dir selbst zurückbringt:
all diese Gaben Marthas wünsche ich dir!

Und dazu Marias
stilles Hören
und sanftes Hinschauen,
eine Seele,
die sich ausstreckt
nach Gottes Gegenwart
und die Hände öffnet
für sein Wort,
das Hoffnung schenkt
und Horizonte weitet,
einen Mund,
der weitersagt,
was dich in der Tiefe trägt
und deinem Leben und Tun Sinn gibt.

Martha und Maria
sollen dir Schwestern werden,
und mit dir gehen,
wenn deine Seele
deinen Füßen den Weg weist
und deine Hände öffnet,
Liebe
freundlich zu empfangen
und herzlich weiterzugeben.

So segne dich
Gott, die Lebendige,
Christus, unser Bruder,
und die Ruach,
die die Ewigkeit in unseren Herzen
klingen lässt.

Amen.


Für die Arbeit in der Gruppe

Gestaltung des Raumes
– der Wand hängen zwei Frauengestalten (mindestens 1 m groß, auf Flipchart-Papier oder Tapetenrolle zeichnen oder ausschneiden); eine trägt eine Schürze (Martha), die andere hat eine Bibel in der Hand (Maria)
– auf den Tischen liegen verteilt: Klebezettel in zwei Farben (entweder buntes Papier auf Postkartengröße zurechtschneiden und Kreppband bereitlegen oder bunte, postkartengroße Klebezettel); Haushaltsutensilien (alles, was die Küche an Tragbarem bietet!); Karten, auf denen steht:

Stille – zur Mitte finden
in der Mitte – ausruhen
ausruhen – der Tiefe begegnen
in der Tiefe – Gottes Wort hören
hörend – Stille atmen
aus der Stille – wirken
wirkend – Gott im Nächsten begegnen

1. Bibel
– Lukas 10,38-42 vorlesen, Text austeilen (kopiert oder Bibeln bereit legen)
– Zweiergespräch: Was spricht mich an dieser Geschichte an?
– kurze Auswertung im Plenum; danach einige Ausführungen zu Martha und Maria (Rolle unter den Jüngerinnen und Jüngern Jesu; mögliche Rolle im Urchristentum)
– Marthas Brief an eine Frau von heute vorlesen (siehe S. 19)
– auf den Karten sammeln: Was fällt mir zu Maria (mit der Bibel) und Martha (mit der Schürze) ein? Ein Gedanke – eine Karte!
– Jede Teilnehmerin sagt das, was sie gefunden hat, und klebt die Karte an die passende Figur. Aber jede sagt immer nur einen Gedanken – die anderen Karten kommen nach und nach dazu! Doppelungen können einfach übereinander geklebt werden.
– Gespräch in der Gesamtrunde: „Dazu fällt mir noch ein …“; wichtig für die Moderation: Gedankenaustausch, nicht Vollständigkeit ist das Ziel dieses Gesprächsganges!

2. Leben
Um ins Nachdenken über das Verhältnis von Hören und Tun in unserem Leben zu kommen, wird jetzt das Gedicht auf den Karten gelesen.
– Zweiergespräch: Bin ich eher ein Maria-Typ oder ein Martha-Typ? Wie finde ich ein gutes Gleichgewicht zwischen Hören und Tun in meinem Leben?
– Gespräch im Plenum

3. Abschluss
– Jede Teilnehmerin fasst ihre Gedanken in einem Satz (Blitzlicht) zusammen.
n Martha-Maria-Segen (siehe oben S. 17)

Liedvorschläge
„Eins ist not!“ (EG 386);
Lass mich dein sein und bleiben (zum Beispiel zum Abschluss; EG 157);
Gott gab uns Atem (EG 432);
Hilf, Herr meines Lebens (EG 419)

Angelika Scholte-Reh, Jahrgang 1963, ist Landpfarrerin für 15 Dörfer in der Lausitz, inmitten des entstehenden Lausitzer Seenlandes und des Tagebaugebietes der Lausitzer Braunkohle. Sie ist Supervisorin und begegnet so – neben ihrem Pfarramt – auch immer wieder Menschen, die in sozialen Berufen genau dieses Gleichgewicht finden müssen: zwischen tätiger Hilfe und Ruhe, die sie wieder zu sich selbst und dem Mittelpunkt ihres Lebens finden lässt.


Anmerkungen
1
Bibel in gerechter Sprache
2 Luther-Übersetzung, 1984
3 Barbara MacHaffie: Readings in Her Story. Women in Christian Tradition, Augsburg Fortress, 1992, S. 11
4 So kann der Begriff auch übersetzt werden.
5 Johannes 11 und 12
6 Johannes 11,27 (Luther-Übersetzung, 1984)
7 vgl. Markus 8,27 par.
8 Elisabeth Schüssler-Fiorenza: Zu ihrem Gedächtnis. Eine feministisch-theologische Rekonstruktion der christlichen Ursprünge, München 1988, S. 401
9 Johannes 11,39 (Luther-Übersetzung. 1984)
10 Johannes 12,2 (Bibel in gerechter Sprache)
11 Ingeborg Kruse: Mädchen, wach auf! Frauengeschichten aus dem Neuen Testament, Stuttgart 1993, S. 141-147
12 vgl. Johannes 12,4f
13 Johannes 12,7 (Luther-Übersetzung, 1984)
14 Schüssler-Fiorenza, S 401-403
15 Apostelgeschichte 6,2 (Luther-Übersetzung, 1984)
16 Lukas 10,40 (Luther-Übersetzung, 1984)
17 Schüssler-Fiorenza, S 208
18 Francois Bovon: Das Lukas-Evangelium, EKK III/2, S 101
19 Lukas 10,42 (Luther-Übersetzung, 1984)
20 Spannend ist es, Maria und Martha als Frauen zu betrachten, die schon zu ihrer Zeit die vorgeschriebenen Geschlechterrollen auf ihre je eigene Weise in Frage stellten. Vgl. dazu Gender in Wissenschaft und Alltag. 1. Ringvorlesung der Koordinierungsstelle für Genderstudies an der Evangelischen Hochschule für Soziale Arbeit Dresden, Sommersemester 2001, besonders den Vortrag von Beate Beckmann: Frau und Mann in den Weltreligionen. Religionswissenschaftlich Reflexionen zum Geschlechterverhältnis, S. 133-157
21 Galater 3,28 (Bibel in gerechter Sprache)
22 Rosemarie Micheel: Aufbruch des Himmels. Sieben Texte zum Lukasevangelium. Neukirchen-Vluyn, 2004, S. 68
23 vgl. Jakobus 1,22 und Lukas 11,28; von Martin Luther ist der Ausspruch überliefert: „Heute habe ich viel zu arbeiten, darum muss ich viel beten!“

Arbeitsmaterial: Marthas Brief
Maria und Martha – beide haben ihre guten Seiten. Aber meine Zuneigung gehört Martha. Wir könnten Freundinnen sein! Da sie das auch so empfindet, hat sie mir einen Brief geschrieben, um mir aus ihrer Zeit und von ihren Sorgen zu erzählen…

Meine gute Freundin Regina!

Du weißt ja, dass Maria und ich zusammen mit unserem Bruder Lazarus im väterlichen Haus wohnen. Praktisch bin ich da für den gesamten Ablauf des alltäglichen Lebens zuständig. Lazarus ist bei den Männern zu finden, also meist außer Haus. Ob bei diesen „Männergesprächen“ auch etwas Vernünftiges herauskommt? Wir wollen es mal annehmen. Na, und Maria ist nicht gerade sehr praktisch veranlagt. Sie befasst sich hauptsächlich mit der Lehre von Jesus und folgt ihm nach, um von ihm zu lernen. Du hast sicher davon gehört, dass unser Haus ein beliebter Treffpunkt für Gäste und Gruppen ist, die immer wieder gern bei uns einkehren. Nicht zuletzt auch deshalb, weil ich sie gut und auch gerne bewirte.

Als vor einiger Zeit Jesus mit seinen Anhängern wieder in unser Haus kam, habe ich sofort überlegt, was ich für Vorräte im Keller habe, um daraus ein würdiges Mahl für diese besonderen Gäste zuzubereiten. Ich hatte auf die Unterstützung meiner Schwester gehofft. Aber nein! Sie setzte sich zu Jesu Füßen in die Männerrunde, um von seinen Lehren und den Gesprächen zu lernen. Oh, wie gerne hätte ich auch zugehört! Aber meine Arbeit in der Küche war doch notwendig, um die Gäste zu versorgen. Es war sehr anstrengend, so allein in der Küche zu wirtschaften. Und darum packte mich die Wut, als Maria so gar keine Anstalten machte, mir zu helfen, und ich trug Jesus mein Anliegen vor.

Liebe Regina, ich habe lange überlegt, ob ich es wagen darf, ihn mit diesem Alltagskram zu belästigen. Doch was sagte Jesus zu mir? „Maria hat sich den guten Teil erwählt!“ Er wollte mich damit beruhigen, und ich habe es ja auch begriffen. Also begab ich mich wieder in die Küche und erledigte „meinen Teil“ – obwohl mir etwas um den guten Ruf meiner Schwester bange war, weil sie sich so einfach in diese Männerrunde setzte. Das ist bei uns hier durchaus nicht üblich! Aber sie ist nun mal eine wissensdurstige Frau, im Gegensatz zu mir. Ich höre auch gern Neues. Aber das alltägliche Leben, die praktischen Dinge und anderen Menschen ein gemütliches Zuhause zu bereiten, dazu fühle ich mich verpflichtet.

Mein Teil – Marias Teil. Beide gehören doch irgendwie zusammen. So, wie meine Schwester Maria und ich untrennbar zusammen gehören…

In diesem Sinne grüßt Dich sehr herzlich

Deine Freundin Martha aus dem Neuen Testament


Regina Domann, Jahrgang 1939, ist seit vielen Jahren engagierte Ehrenamtliche in der Martin-Luther-Kirchengemeinde Brieske / Marga. Sie ist Sprecherin der Ev. Frauenhilfe Brieske und engagierte „Grüne Dame“ im Altenheim in Brieske.

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