Ausgabe 1 / 2016 Material von Elisa Rheinheimer-Chabbi

Die sich die Hände reichen

Von Elisa Rheinheimer-Chabbi

Hasan Atamna und Ilan Sadeh, ein arabischer und ein jüdischer Israeli, sind Bürgermeister in Nachbarstädten. Und arbeiten zusammen gegen den Hass.

Die beiden Männer leben im Norden Israels und sind ein ungleiches Paar. Der eine heißt Ilan Sadeh, ist jüdischer Israeli, 71 Jahre alt, ein Mann mit Lebenserfahrung und einem Blick, der gleichzeitig gütig und streng ist. Seit 1992 ist er Bürgermeister des Menashe Regional Council, eines Zusammenschlusses von jüdischen und arabischen Kommunen. Der andere, Hasan Atamna, ist 45 und arabischer Israeli, vom Alter her könnte er Sadehs Sohn sein. Er ist Bürgermeister der Gemeinde Kafr Qara, ein ernst blickender Mann mit einem gepflegten Dreitagebart, hellem Hemd und dunkler Krawatte.

Damit aus zwei Welten eine wird

Dreizehn Kilometer und zwei Welten trennen die beiden Männer der Region Wadi Ara voneinander. Eine jüdische und eine arabische Welt. Sadeh und Atamna wollen, dass aus diesen zwei Welten eine wird. Deshalb engagieren sie sich im Projekt Shared Communities, das von der Bildungs- und Begegnungsstätte Givat Haviva in Leben gerufen wurde. Arabische und jüdische Gemeinden planen hier gemeinsam Umweltschutzprojekte, organisieren Schulpartnerschaften, diskutieren über neue Straßen oder Zusammenarbeit im Tourismussektor.

Die beiden Bürgermeister haben keinen leichten Job. Immer, wenn die Lage im Land mal wieder eskaliert, sind sie Anfeindungen von allen Seiten ausgesetzt. „Ihr Mut ist bewundernswert“, sagt ein israelischer Aktivist. „Sie schwimmen gegen den Strom, gegen die Regierung, manchmal gegen ihre eigenen Gemeinden.“

Menschenkette des Miteinanders

So wie im Sommer 2014 während des Gaza-Kriegs: Als der israelische Außenminister zu einem Boykott arabischer Geschäfte aufrief, ging der jüdische Bürgermeister Ilan Sadeh demonstrativ in der arabischen Nachbargemeinde Humus essen. Währenddessen stellte sich Hasan Atamna bei Straßenprotesten zwischen aufgebrachte jüdische Bürger und Jugendliche seiner Gemeinde und verhinderte so einen Eklat. Der Jude Ilan Sadeh hielt mit Kollegen Wache vor einer Moschee, die bei einem Anschlag beschädigt worden war. Hasan Atamna rief alle Bürger dazu auf, sich von jeder Art des Extremismus zu distanzieren.

Vor wenigen Wochen haben die beiden gemeinsam mit anderen Bürgermeistern der Region einen Aufruf zur Gewaltfreiheit veröffentlicht: „Wir werden auch weiterhin unsere guten Beziehungen pflegen“, bekennen sie darin. Die Bürger ihrer Gemeinden bildeten mit Sadeh und Atamna eine Menschenkette des Miteinanders. Juden und Araber Hand in Hand, über eintausend Leute standen in der Kette, um aller Welt zu zeigen: Wir halten zusammen.

Für ihr Engagement haben Ilan Sadeh und Hasan Atamna soeben den Menschenrechtspreis der Friedrich-Ebert-Stiftung erhalten.

in:
Publik-Forum
kritisch-christlich-unabhängig
Oberursel
Ausgabe 21/2015

Ausgabenarchiv
Sie suchen eine Ausgabe?
Hier entlang
Suche
Sie suchen einen Artikel?
hier entlang