Ausgabe 2 / 2023 Editorial von Margot Papenheim

Editorial

Von Margot Papenheim

Liebe Leser*innen

Küche putzen. Im Büro heute endlich die Ablage machen. Die Kids zum Fußballtraining kutschieren. Die Einkommensteuererklärung vorbereiten. Die alte Freundin zur Ärztin fahren. Die meistens etwas nörgelige ehemalige Kollegin anrufen. Alles mit Liebe tun? Ernsthaft? Nun ja.

Mir kommt dabei eine Erinnerung an ferne Kinderzeiten in den Sinn. Wenn ich etwas so Langweiliges wie Verhasstes tun sollte. Im Garten Unkraut zupfen zum Beispiel. Einen Eimer voll Sauerkirschen entkernen oder, das Schlimmste überhaupt, Berge von grünen Bohnen putzen und schnippeln und in die nochmal sauber gespülten Einmachgläser füllen. Das macht doch richtig Spaß!, sagte meine Mutter dann. Dir vielleicht – mir nicht, hielt ich dagegen, natürlich ohne den gewünschten Erfolg. Mein Papa konnte mich gut verstehen; Bohnen putzen und schnippeln war auch nicht gerade seine Lieblingsbeschäftigung. Nützte mir aber im Ergebnis auch nichts. Denn unweigerlich schob er dann, augenzwinkernd zwar, aber in der Sache erbarmungslos hinterher: Gemachte Lust ist auch zu brauchen.

Gemachte Lust ist auch zu brauchen – schon klar, das ist noch reichlich weit entfernt von „Alles, was ihr tut, tut mit Liebe.“ Aber doch immerhin ein Schritt in die richtige Richtung? Sozusagen die Fingerübung für die hohe paulinische Schule? Ein bisschen anspruchsvoller als das norddeutsche „Watt mutt, dat mutt“ ist es allemal.

Und vielleicht ist es ja auch gar keine so schlechte Idee, sich im Laufe des kommenden Jahres der Aufforderung der Jahreslosung Schritt für Schritt zu nähern. Und dabei, learning by doing, zu entdecken, dass Mitliebetun gelingen kann. Nicht sofort. Nicht immer. Aber immer öfter. Denn eins ist mal sicher: Geübt sein will es. Und üben lässt es sich. Und lernen nach und nach. Und dabei entdecken, wie gut sich das anfühlt, voranzukommen beim Mitliebetun. Und dass die als gehörige Zumutung daherkommende paulinische Aufforderung jedenfalls ganz sicher nichts mit Gefühlsduselei zu tun hat. Umso mehr mit Entschiedenheit. Und ja: mit Übung eben.

Ganz unterschiedliche Übungsfelder fürs Mitliebetun-Training haben die Autor*innen dieser Ausgabe für Sie abgesteckt. Private ebenso wie öffentlich-politische. Lassen Sie sich ansprechen, sich einladen auf den Weg mit der Jahreslosung. Und freuen Sie sich auf Ihre ganz eigenen Entdeckungen dabei.

Ihre
Margot Papenheim

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