„Blöde Zicke! Müssen wohl die Wechseljahre sein!“ Die Kollegin des sich so äußernden Herrn hatte seinen Projektvorschlag kritisiert und den ihren heftig verteidigt. Wäre sie jünger, hätte er auf „PMS“ getippt. Männer haben Standpunkte, Frauen Hormonschwankungen. Als erfahrene Frauen können wir so etwas mit einem Kopfschütteln abtun. Seit Mitte 40 spüre ich allerdings eine zunehmende, seltsame Gereiztheit in mir. … Ich bin höflich, zuvorkommend, harmoniebedacht. War. Neulich schnauzte ich einen Kollegen an, der mir mitten ins Wort gefallen war. Seltsamerweise tat sich nicht der Boden auf, um mich zu verschlucken. Ich war auch nicht tagelang Bürogespräch. Der Kollege entschuldigte sich höflich bei mir. Das war's. Ganz neue Möglichkeiten tun sich auf! „Weißt du was? Ich habe es satt, immer gemocht werden zu wollen“, fasste eine Freundin die wichtigste Veränderung in den „Wechseljahren“ zusammen. Man kann so vieles tun, um sich Wohlwollen zu erringen: sich zum Protokollschreiben melden, weil niemand sonst das macht, den eigenen Urlaub aufschieben, weil man als Single flexibler ist als Kollegen mit Kindern, den Projektantrag zum zehnten Mal korrigieren und sich zähneknirschend mit anhören, wie der Kollege die schüchtern geäußerte und daher übergangene Idee stolz und laut als die Seine ausgibt. …
Und jetzt mag ich nicht mehr und viele meiner gleichaltrigen Bekannten auch nicht. Dazu haben wir keine Ratgeber für böse Mädchen gelesen, es kam einfach so. … Unzufriedenheit, Gereiztheit, Unwillen in den Wechseljahren sollten keine zu ignorierende „Phase“ sein, sondern ein Warnsignal, sich endlich selbst um das hungrige Kind, das artige kleine Mädchen im Innern zu kümmern. Mögen andere dies als eine Laune der Wechseljahre und beginnenden Altersstarrsinn bespötteln, es wird Zeit, „eigen zu werden“.
Auszüge aus:
Zwischen Tür und Angel.
Orientierung in den Wechseljahren
© Patmos-Verlag der Schwabenverlag AG Ostfildern, Düsseldorf 2009
