Ausgabe 2 / 2012 Andacht von Ute Lingner

Eine ganz besondere Beziehung

Andacht über Paten- und Patinnenschaft

Von Ute Lingner

Vorbereitung
Stuhlkreis, Kerze, Blumen; Kärtchen in der Anzahl der TN – jeweils 2 mit demselben Symbol (wie Herz, Wasser, Kerze, Kreuz, Hand, Taube, Fisch) – oder Postkarten mit jeweils 2 gleichen Motiven.

Begrüßung
In unserer heutigen Andacht wenden wir uns der Patin und dem Paten zu. Wir singen, hören Texte, beten und tauschen uns aus, welche Bedeutung Patenschaften für uns haben.

Hab keine Angst, denn ich habe dich befreit,
ich habe deinen Namen gerufen, zu mir gehörst du.
Jesaja 43,1 Bibel in gerechter Sprache

Lied
Gott gab uns Atem (EG 432)

Psalm 34
in einer Übertragung von Uwe Seidel
Lasset die Kinder zu mir kommen
Kommt her, ihr Kinder aller Länder,
und hört mir zu!

Ich will euch sagen, was zu wissen wichtig ist
Und was zu lernen sich lohnt:
Bösen Menschen geht aus dem Weg,
bei guten geht in die Lehre.
Redet nicht schlecht über andere,
hört auf die guten Worte eurer Freunde
und achtet auf den richtigen Rat eurer Freundinnen.
Sucht den Friede euer Leben lang:

Dann werden eure Lippen nicht dumm daherreden,
wie Windmühlen, die nichts zu mahlen haben.
Dann werden eure Köpfe nicht hohl werden
Wie leere Kisten, in denen man Luft spazierenfährt.
Ihr werdet das Leben lieben.
Eure Tage werden ausgefüllt bis zum Rand mit Gutem,
denn die Augen unseres Gottes bewachen jeden von euch,
und seine Ohren hören, wenn jemand von euch Angst hat.
Sein Wille richtet sich gegen die bösen Menschen.
Sie werden ihre Bosheit begraben
und als die treuesten Menschen unter uns leben.
Besonders liegen ihm die am Herzen,
die vor Kummer nicht mehr ein noch aus wissen.
Ihnen wischt er die Tränen vom Gesicht
und tröstet sie in ihrem Schmerz.
Ihre Augen können wieder lachen.

Er behütet alle Kinder dieser Erde.
Nicht eines von ihnen soll zerbrechen,
niemand soll verloren gehen.(1)

Austausch zu zweit
Postkarten oder Kärtchen in entsprechender Anzahl mischen und hinlegen, jede nimmt eine Karte und findet ihre Partnerin mit demselben Motiv – oder auch frei einteilen lassen bzw. Sitznachbarinnen um Austausch in Murmelgruppen bitten.

Fragen:
– Was bedeutet Patenschaft für mich? Meine Erfahrungen als Patin und mit meinem Paten, Patenschaften in meiner Nähe …
– Welche gesellschaftlichen Patenschaftsmodelle kenne ich?
10 Minuten

Lied
Kind, du bist uns anvertraut
Melodie: Liebster Jesu, wir sind hier
(EG 161)

Kind, du bist uns anvertraut.
Wozu werden wir dich bringen?
Wenn du deine Wege gehst,
wessen Lieder wirst du singen?
Welche Worte wirst du sagen
und an welches Ziel dich wagen?
Kampf und Krieg zerreißt die Welt,
einer drückt den andern nieder.
Dabei zählen Macht und Geld,
Klugheit und gesunde Glieder.
Mut und Freiheit, das sind Gaben,
die wir bitter nötig haben.
Freunde wollen wir dir sein;
sollst des Friedens Brücken bauen.
Denke nicht, du stehst allein;
kannst der Macht der Liebe trauen.
Taufen dich in Jesu Namen.
Er ist unsre Hoffnung. Amen.

Text
Wir haben uns erinnert und mit einer Gesprächspartnerin unsere Assoziationen zu Patenschaften geteilt – welche Patentante, welchen Patenonkel wir erlebt haben, welche Patenkinder wir begleiten dürfen, welche Patenschaftsmodelle über die Taufe hinaus wir kennen.

In unserer kirchlichen Tradition ist die Patin erst einmal Zeugin der Taufhandlung gewesen. Als es noch keine Dokumentation in Form von Kirchenbüchern oder gar moderner Technik gegeben hat, wurde eine Erwachsene / ein Erwachsener hinzugezogen, um zu bezeugen, dass ein Kind getauft worden war. Zum Patenamt der Kirche gehört die Begleitung des Täuflings auf seinem Glaubensweg. In der Tradition der Kindstaufe pflegt der Pate die Tauferinnerung und hat seine Aufgabe erfüllt mit der Entscheidung der Jugendlichen zur Konfirmation und damit zum eigenen Glaubensbekenntnis.

Doch verbindet sich mit der Übernahme einer Patinnenschaft viel mehr. Schon der Beginn dieser ganz besonderen Beziehung ist von einem außerordentlichen Vertrauen geprägt. Denn Eltern trauen einer Freundin oder einem Verwandten zu, sich verantwortungsvoll mit um ihr Kind zu kümmern. Man wird gefragt, eine Patenschaft zu übernehmen. Es besteht also schon eine Verbindung zu Mutter und/oder Vater eines Kindes, die von Vertrauen geprägt ist. Diese suchen sich einen Erwachsenen zur Unterstützung als Eltern und zur Begleitung des Kindes aus. Im Englischen ist die Patin „godmother“ und der Pate ist „godfather“. Das verweist auf die mütterliche oder väterliche Funktion, aber eben nicht in biologischer Hinsicht, sondern vielmehr als von Gott eingesetzt.

Gefragt zu werden, ob ich Patin (Pate) eines Kindes werden wolle, ist gewiss ein besonderer Moment im Leben. Mir wird Vertrauen entgegen gebracht, ich werde eingebunden und verpflichte mich, Verantwortung zu übernehmen, einen noch kleinen Menschen auf dem Lebens- und Glaubensweg zu begleiten. Das kann je nach individuellen Möglichkeiten in der Nähe mit regelmäßigen gemeinsamen Aktivitäten geschehen oder auch aus der Ferne mit Aufmerksamkeit und gepflegten, intensiven Zeiten miteinander. Auf jeden Fall geht es darum, Kontakt zu halten, an der Entwicklung des Patenkindes interessiert zu sein, eine Rolle als Bezugsperson in dessen Leben auszufüllen.

Diese Bedeutungen der Patenschaft sind es auch, die dazu geführt haben mögen, dass in unserer heutigen Gesellschaft eine Reihe von Projekten die Begrifflichkeit übernommen habt. Es gibt Bildungspatenschaften, Lesepaten, Patenschaften für Zootiere, Patenmodelle für Kinder in Entwicklungsländern und vieles andere mehr. Sie haben gemeinsam, dass ich als Patin etwas abgebe von meinen Ressourcen und Fähigkeiten. Der Lesepate kümmert sich regelmäßig um ein Kind in einer nahen Schule beim Lernen von Buchstaben und Sprache. Als Patin eines Kindes in einem SOS-Kinderdorf unterstütze ich dessen Aufwachsen und Schulbesuch durch monatliche Spenden und werde über dessen Entwicklung stetig informiert. Diese sozialen Paten und Patinnen werden manchmal auch Mentorinnen oder Lotsen genannt. Was sie von der Taufpatenschaft unterscheidet, ist zum einen der Beginn – denn hier melde ich mich als an einer Patenschaft interessiert und werde nicht angesprochen. Zum anderen sind soziale Patenschaften kündbar, ich kann meine finanzielle Unterstützung einstellen, meine ehrenamtliche Arbeit beenden.

Doch viel wichtiger erscheint das verbindende Element: Mit der Übernahme einer Patenschaft zeige ich mich verantwortlich für meinen Sozialraum, bringe meine Schätze ein zum Wohle derer, denen es nicht so gut geht, gehe Beziehungen ein und mache damit unsere Welt ein bisschen wärmer.

Auch wenn das Ziel der Taufpatenschaft mit der Konfirmation erreicht worden sein mag, so bleibt doch eine besondere Beziehung zum „Ex-Patenkind“ bestehen, die mit den Jahren wohl ihren Charakter, jedoch nicht die Intensität ändern wird. Es zählt weiterhin das Interesse aneinander, an der Haltung des oder der anderen, daran, sich wechselseitig zu bereichern. Denn solch eine Patenschaft ist keine Einbahnstraße, in der die Ältere dem Jüngeren nur gibt, sondern eine Beziehung auf Gegenseitigkeit mit Geben und Nehmen von Zuneigung, Begeisterung, Anregungen, Freude, Hilfe.

Zum Abschluss eine kleine Geschichte: Martha ist Taufpatin von sechs Mädchen und Jungen im Alter von 4-24 Jahren. Darunter sind vier Kinder von Freundinnen und Freunden sowie zwei Kinder von Marthas Cousin und Cousine. Sie unternimmt gern einmal etwas mit allen zusammen – beispielsweise einen Besuch im Zoo oder Freibad. Bei einer Gelegenheit sagt der 11-jährige Robert zum 4-jährigen Jan, mit dem er nicht verwandt ist: „Wenn wir dieselbe Patentante haben, dann sind wir ja Patenbrüder.“

Das ist doch ein schönes Bild für moderne Patenschaften. Es können sich Gemeinschaften gründen, Familien in der postmodernen Gesellschaft, in der wir leben. Familien, die sich nicht nur über verwandtschaftliche Herkunft definieren, sondern als Gemeinschaft von Menschen, die füreinander Sorge tragen, Verantwortung übernehmen, gemeinsam die Kinder auf ihrem Weg begleiten. In diesem Sinne lassen Sie sich Mut machen, Patin oder Pate zu werden. Das kann eine bereichernde Beziehung für alle Beteiligten sein, bei der Ältere und Jüngere in der Nähe und Ferne miteinander in Kontakt kommen und bleiben, voneinander lernen und miteinander Vertrauen pflegen und unsere gemeinsame Welt sozial vernetzen.

Fürbitten
Für alle Kinder, die am Anfang des -Lebensweges stehen: dass sie gesund bleiben und sich gut entwickeln können.
Alle: Gott, wir bitten dich, erhöre uns.

Für alle Kinder, die es schwer im Leben haben: dass sie Menschen finden, die ihnen beistehen.

Für alle, die Verantwortung haben in Kirche und Gesellschaft: dass sie sich einsetzen für gute Lebensbedingungen von allen Menschen.

Für Menschen, die überlegen, eine Patenschaft zu übernehmen: dass sie mutig sind und voller Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten und in Gottes gute Begleitung.

Für die Eltern, Patinnen und Paten: dass sie die Entwicklung ihrer Kinder mit Liebe und Geduld begleiten können.

Vater unser

Lied
Ich möcht, dass eine/r mit mir geht
(EG 209)

Segen
Der Segen des Gottes von Sarah und Abraham,
der Segen des Sohnes, von Maria geboren,
der Segen des Heiligen Geistes, der über uns wacht wie eine Mutter über ihre Kinder,
sei mit euch allen. Amen.

Ute Lingner, geboren 1966, ist Sozialpädagogin. Sie arbeitet als Studienleiterin für Familienbildung im Amt für kirchliche Dienste der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz.

Anmerkungen:
1 Uwe Seidel: Lasset die Kinder zu mir kommen, aus: Hanns-Dieter Hüsch / Uwe Seidel: Ich stehe unter Gottes Schutz, S. 146, 2011/12 ©tvd-Verlag Düsseldorf, 1996

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