Sie war um vier Uhr früh aufgestanden, hatte ihren kranken Mann ein bescheidenes Frühstück vorbereitet und nebenbei selbst ein paar Happen gegessen. Um kurz vor fünf machte sie sich auf den Weg. Sie trug nur eine geräumige Handtasche bei sich, in die sie ein Stück Brot gesteckt hatte. Mit einem sechsstündigen Fußweg musste sie rechnen; die Veranstaltung, die sie unbedingt besuchen wollte, begann um elf Uhr. Für eine Frau war es nicht ganz ungefährlich, zu dieser Tageszeit durch das große Waldgebiet zwischen Melsungen und Kassel zu wandern, besonders wenn sie nicht einmal einen Passierschein besaß. Zudem pflegten allerlei Leute die Gegend unsicher zu machen. Wild wurde geschossen; für die Ernte von Waldbeeren und Pilzen war es allerdings noch nicht die Zeit.
Elisabeth Selbert kam an jenem Frühsommertag des Jahres 1945 rechtzeitig und unbeschadet ans Ziel. Sie war davon unterrichtet worden, dass im Kasseler Rathaus ein erstes Treffen von Sozialdemokraten aus der Region stattfinden sollte. „Ich kam gerade an, morgens um elf, als die Veranstaltung eröffnet wurde, die erste Zusammenkunft hessischer Sozialdemokraten nach dem Hitler-Reich. Ich empfinde noch heute die Rührung über die Freude: dass wir noch da waren! Über jeden haben wir uns gefreut, der noch oder wieder da war. Es war eben nicht der Neubeginn unseres Parteilebens allein, sondern auch – wie soll ich sagen? – eine unendliche Freude darüber, dass wir wieder frei atmen konnten. Viele Männer habe ich damals weinen gesehen.“
Elisabeth Selbert, Dr. jur., Sozialdemokratin seit dem Revolutionsjahr 1918, war nicht emigriert, hatte kein Konzentrationslager von innen sehen müssen. Es war ihr gelungen, sich „durchzulavieren“, und dabei den Kontakt zu ihren Genossen während der vorangegangenen zwölf Jahre nie zu verlieren. Als Rechtsanwältin und Notarin hatte sie die Familie, Ehemann und zwei Söhne, ernährt: denn Adam Selbert, zeitweilig in „Schutzhaft“ und unter Gestapo-Aufsicht, war als Kommunalbeamter „wegen politischer Unzuverlässigkeit“ entlassen worden. Elisabeth Selbert war es gelungen, nur unpolitische Fälle vor Gericht vertreten zu müssen. Als sie einmal den Befehl erhalten hatte, mit Kollegen zusammen ein sogenanntes Sondergericht zusammenzustellen, hatte sie sich verweigert. Freilich hatten sich andere gefunden; denn die beiden jugendlichen angeblichen Plünderer, um die es gegangen war, wurden trotzdem hingerichtet.
Als Elisabeth Rohde, zweite von insgesamt vier Töchtern des späteren Justizoberwachtmeisters Georg Rohde und seiner gleichfalls Elisabeth genannten Frau, am 22. September 1896 in Kassel geboren wurde, war keineswegs abzusehen, dass dieses Kind einmal eine akademische Laufbahn einschlagen und eine bedeutende politische Karriere hinter sich bringen würde. Zwar waren die Eltern Rohde klug genug, ihren Töchtern solide schulische und berufliche Ausbildung zu vermitteln; aber den Wunsch zum Studium entwickelte Elisabeth ganz aus sich selbst. Und sie verwirklichte ihn, einschließlich des noch zu absolvierenden Abiturs, nach der Heirat und nach der Geburt ihrer beiden Kinder. Die aufgeschlossenen Eltern und ihr Mann Adam Selbert unterstützen sie darin.
Im Eiltempo studierte sie Rechtswissenschaften, promovierte zwischen erstem und zweitem Staatsexamen über das fünfzig Jahre später noch diskutierte Thema „Ehezerrüttung als Scheidungsgrund“ und hatte das große Glück, als eine der allerletzten Frauen in Deutschland 1934 noch zur Anwaltschaft zugelassen zu werden. Mit Hilfe von Freunden eröffnete sie sofort eine Anwaltskanzlei. Sie wurde bei dem schwersten Luftangriff auf Kassel 1943 zerstört, was zu dem vorübergehenden Umzug nach Melsungen führte.
1945 wurde Elisabeth Selbert nicht nur aufgefordert, die Praxis so rasch wie möglich zu eröffnen, sondern durch die amerikanische Militärbehörde auch in den überparteilichen Ausschuss berufen. Kommunalpolitische Arbeit kannte die Anwältin nicht nur durch ihren Mann, sondern auch aus eigener Erfahrung. Als sehr junge Frau war sie in Niederzwehren, einer damals noch selbständigen Ortschaft bei Kassel, einige Jahre Gemeindeverordnete gewesen. Doch das, was sie als „die vorderste Front“ bezeichnete, verlangte unmittelbar nach Kriegsende weit mehr von ihr: 1945/46 war die Sozialdemokratin Mitglied der Verfassungsberatenden Landesversammlung für Groß-Hessen. Ein Jahr nach Kriegsende wurde sie zudem als eine der ganz weinigen Frauen in den SPD-Parteivorstand gewählt, dem sie zehn Jahre lang angehörte. Hinzu kam nahezu gleichzeitig die Wahl in den hessischen Landtag, für den sie nach zwölf Jahren nicht mehr kandidierte. Die größere Bedeutung für die spätere Bundesrepublik Deutschland – und hier besonders für die Frauen – gewann Elisabeth Selbert jedoch durch eine weitere politische Aufgabe, deren Bewältigung sie selbst als den Höhepunkt ihres Lebens bezeichnete: „Abgesehen von der Geburt meiner Kinder, abgesehen von einer glücklichen Ehe, war das doch der Höhepunkt meiner Tätigkeit in Politik und Beruf; denn ich saß plötzlich an einem Schalthebel.“ Diese Tätigkeit war die Mitarbeit im Parlamentarischen Rat, war die Durchsetzung des Gleichberechtigungsprinzip im Grundgesetz.
Die „Familienrechtlerin aus Erfahrung und Staatsrechtlerin aus Passion“ – so verstand sich Elisabeth Selbert selbst – ahnte allerdings nicht, dass sie eine außerordentlich schwierige Aufgabe vor sich haben würde, als sie im Spätsommer 1948 in die verfassungsberatende Versammlung nach Bonn berufen wurde. Sie ahnte nicht, dass sie sich ein historisches Verdienst erwerben würde. Sie ahnte nicht einmal, dass sie sich schwerpunktmäßig mit einer innerlich völlig fremden Frauenfrage würde beschäftigen müssen.
Frauenfragen hatten ihr politisch immer fern gelegen; allenfalls war die Ungleichbehandlung von Frauen aus ihrer Sicht ein Problem unter vielen anderen gewesen. Ihr eigener für damalige Zeiten ungewöhnlicher Lebens- und Berufsweg hatte ihr keinerlei Schwierigkeiten bereitet. Sie fühlte sich nie diskriminiert und zurückgesetzt und nahm diesen Zustand als selbstverständlich hin. Allerdings erklärte sie mehr als einmal, „dass Frauen, wie alle, die im Leben etwas leisten wollen, fundiertes Wissen bieten müssen. Guter Wille reicht nicht, wenn man in der Gesellschaft etwas bewirken will.“ Das hatte sie beherzigt und erwartete es mit einer gewissen Strenge auch von anderen.
Der Parlamentarische Rat, die verfassungsberatende Versammlung für die spätere Bundesrepublik Deutschland, war von den Landtagen in den Westzonen gewählt worden. Es vertrat je ein Abgeordneter oder eine Abgeordnete 750.000 Menschen. Dem Rat gehörten 65 Personen an: 61 Männer und vier Frauen. Je 27 der Mitglieder des Gremiums vertraten die SPD und die CDU / CSU, fünf die FDP, je zwei die Deutsche Partei, das Zentrum und die KPD. Unter den vier Frauen befanden sich mit Elisabeth Selbert und Frieda Nadig zwei Sozialdemokratinnen: die anderen beiden weiblichen Ratsmitglieder, Helene Wessel und Helene Weber, gehörten dem Zentrum bzw. der CDU an.
Die kleine Minderheit der weiblichen Ratsmitglieder wurde, nachdem die zweite Frauenbewegung sie Jahrzehnte später gewissermaßen wiederentdeckt hatte, liebevoll als „Mütter des Grundgesetzes“ bezeichnet. Gar zu lange war in Sonntagsreden ausschließlich von den „Vätern des Grundgesetzes“ gesprochen worden. Doch eine parteiübergreifende Frauen-Fraktion gab es im Parlamentarischen Rat nicht; sie bildete sich nicht einmal in der Diskussion um den Gleichberechtigungsgrundsatz.
Als Artikel 3 GG beraten wurde, hatte Elisabeth Selbert weder die drei übrigen Ratsfrauen, noch, zunächst, die Männer der sozialdemokratischen Fraktion auf ihrer Seite. Frieda Nadig, ihre Parteigenossin, fürchtete, es werde ein „Rechtschaos“ eintreten, wenn man die von Elisabeth Selbert geforderte schlichte Formulierung – „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ – zum Verfassungsgrundsatz erhöbe. „Du willst ja das ganze Familienrecht außer Kraft setzen!“ warnte sie. Das genau wollte Elisabeth Selbert.
In der Weimarer Verfassung, die wie andere demokratische Verfassungen zur Beratung herangezogen wurde, war von „gleichen staatsbürgerlichen Rechten und Pflichten der Frauen“ die Rede gewesen: ein Verfassungsauftrag war daraus keineswegs abgeleitet worden. Elisabeth Selbert hielt es für eine Selbstverständlichkeit, „weiterzugehen als Weimar“. Die Frau sollte nicht nur in staatsbürgerlichen Dingen gleichstehen, sondern musste auf allen Rechtsgebieten dem Manne gleichgestellt werden.
In ihre „kühnsten Träumen“, so erklärte sie im Hauptausschuss des Rates, hätte sie nicht erwartet, dass ihr Antrag auf Widerspruch, sogar auf einmütige – wenn auch unterschiedlich begründete – Ablehnung stoßen würde. Dabei machte sie es all jenen, die ein „Rechtschaos“ prophezeiten, leicht. Sie schlug jene Übergangsregelung vor, wie sie später in Artikel 117 GG niedergelegt wurde.
Dieser Grundgesetz-Artikel sollte den Gesetzgeber zwingen, die dem Gleichheitsprinzip noch widersprechenden Gesetze bis zum 31. März 1953 zu revidieren. Die Abgeordneten des später gewählten ersten Deutschen Bundestages nahmen es übrigens mit dem Datum nicht so genau; sie ließen sich Zeit. Und auch die Mehrheit im Parlamentarischen Rat zeigte sich zunächst durchaus nicht begeistert über den Vorschlag für eine Übergangsregelung.
Nachdem das Gleichberechtigungsprinzip seit langem eine Selbstverständlichkeit ist und es lediglich immer wieder um die Anwendung dieses Grundsatzes zu kämpfen gilt, ist schwer vorstellbar, dass gegen den Selbert-Antrag argumentiert wurde und in welcher Weise dies geschah. Handelte es sich nicht um ein Grundrecht, um ein Menschenrecht, das eigentlich keiner weiteren Diskussion bedurft hätte?
Als Elisabeth Selbert zunächst ihre Genossin Nadig, dann die gesamte sozialdemokratische Fraktion hinter sich wusste, zeigten sich vor allem die christdemokratischen Parlamentarier besonders hartnäckig in der Ablehnung. Sie gedachten, „Gleiches gleich, Ungleiches nach seiner Eigenart“ zu behandeln; das hätte zweifellos Rechtsunsicherheiten hervorgerufen und willkürlicher Gesetzesauslegung Vorschub geleistet. Die Kommunisten neigten zwar zu prinzipieller Zustimmung, forderten jedoch die Aufnahme zusätzlicher wichtiger Aspekte, darunter eine Passage über die Lohngleichheit.
Elisabeth Selbert, die politische Pragmatikerin, aber wusste, dass jedes Mehr ein Weniger bedeutet hätte: „In dem Augenblick, wo wir katalogisieren, womöglich mit Forderungen wie ,insbesondere', haben wir verloren!“ Sie bestand auf ihrer klaren Formulierung, ohne Wenn und Aber. Und je kontroverser die Diskussionen verliefen, je länger sich die Debatten hinzogen, desto wichtiger erschien der Selbert-Antrag, nun SPD-Antrag, ihr selbst.
Die Mitglieder des Parlamentarischen Rates lernten ihre Kassler Kollegin als eine äußerst resolute, rechtswissenschaftlich fundiert gebildete und in der juristischen Praxis erfahrene Frau kennen; sie arbeitete in verschiedenen Gremien der verfassungsberatenden Versammlung mit und gehörte den wichtigsten Ausschüssen teils als ordentliches, teils als stellvertretendes Mitglied an. Wer sich wie sie mit Fragen der Verfassungsgerichtsbarkeit, der Richterwahl, der Gerichtsreform beschäftigte; wer Diskussionsbeiträge lieferte zur Begründung einer allgemeinen Bürgerpflicht zum Schutz der Verfassung, über die Stellung der Abgeordneten zu ihrer Partei; wer mitberiet über das Amt des Bundespräsidenten und über die Position der Bundesländer in dem neu zu schaffenden Staatswesen, der musste auch in der leidigen Frauenfrage ernst genommen werden.
Trotzdem erlebte auch Elisabeth Selbert, was offenbar alle Frauen in der Politik erleben: dass der Versuch unternommen wird, sie selbst oder ihr Anliegen nicht ernst zu nehmen. Besonders der FDP-Mann Thomas Dehler tat sich mit süffisanten Bemerkungen über den Selbert-Antrag hervor; und der Sozialdemokrat Carlo Schmid meinte, der Sache mit chevalerseken Äußerungen dienen zu müssen.
Vier Beratungsmonate, September bis Dezember 1948, waren vergangen, das neue Jahr angebrochen, als Elisabeth Selbert in der 17. Sitzung des Hauptausschusses ihren Antrag und die Übergangsregelung nochmals begründete. Sie schloss ihren Appell mit einer demokratischen Drohung, die das Hohe Haus mit Befremden zur Kenntnis nahm: „Sollte der Artikel in dieser Fassung heute wieder abgelehnt werden, so darf ich Ihnen sagen, dass in der gesamten Öffentlichkeit die maßgeblichen Frauen wahrscheinlich dazu Stellung nehmen werden, und zwar derart, dass unter Umständen die Annahme der Verfassung gefährdet ist.!“ Später berichtete sie wiederholt davon, wie es ihr gelungen war, die weitgehend ja gar nicht informierte Öffentlichkeit zu mobilisieren: „Wie ein Wanderprediger bin ich von Versammlung zu Versammlung gefahren und habe den Frauen erzählt, was für eine Art Ausnahmegesetz sie zu erwarten hätten, wenn sie nicht dazu beitrügen, den CDU-Antrag zu Fall zu bringen“, den Antrag also, welcher vorsah, „gleiches gleich“ und „Ungleiches nach seiner Eigenart“ zu behandeln.
Die Menschen hatten damals elementare Sorgen um Wohnung, Nahrung, Kleidung, Arbeit. Dennoch war die Resonanz auf die Selbert-Kampagne erstaunlich lebhaft und positiv. Es kamen „waschkörbeweise Protestschreiben“, wie die Initiatorin der Aktion sich erinnerte; es gab Resolutionen und Gutachten zur Unterstützung des SPD-Antrages. Die weiblichen Abgeordneten aller Landtage, mit Ausnahme des Bayerischen, Gewerkschaftlerinnen, selbst eher konservative landwirtschaftliche Frauenverbände machten sich stark für den Selbert-Antrag, zumindest aber gegen die CDU-Formulierung.
Der Sinneswandel der Mehrheit im Parlamentarischen Rat erfolgte spät, jedoch „über Nacht“, denn, so stellte Elisabeth Selbert zufrieden fest: „Plötzlich war der Umschwung da.“ Die Liberalen erklärten, ohnehin immer für die Gleichberechtigung gewesen zu sein; ein CDU-Parlamentarier fand die ganze vorangegangene Debatte überraschend. Und der spätere erste Bundespräsident Theodor Heuss, FPD-Mitglied im Parlamentarischen Rat, gab eine Kostprobe seines Demokratie-Verständnisses: „Ich möchte draußen nicht unwidersprochen den Eindruck entstehen lassen, dass jetzt dieses Quasistürmlein“ – damit meinte er Elisabeth Selberts Mobiliserungskampagne – „uns irgendwie beeindruckt und zu einer Sinneswandlung veranlasst hat. Denn unser Sinn war von Anfang an so, wie sich die aufgeregten Leute draußen das gewünscht haben.“
Teils erleichtert, teils kritisch ging Elisabeth Selbert in einer späteren Sitzung des Hauptausschusses auf das Ergebnis der langwierigen Beratungen ein: „Wir quittieren mit Genugtuung, dass die Vertreter, insbesondere der CDU, jetzt eine solche Stellung einnehmen und nicht mehr ,ja aber', sondern vorbehaltlos ,ja' sagen.“ Aber sie merkte auch an, das Problem hätte „keineswegs die Lächerlichkeit (verdient), mit der es vielfach behandelt“ wurde: die Reaktion der Öffentlichkeit hätte im Übrigen bewiesen, „welches große Interesse diese Lebensfrage der deutschen Frauen … erregt hat.“
Am 23. Mai 1949 wurde das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland verkündet. Seitdem gilt auch das in Artikel 3 formulierte Grundrecht: „Alle Menschen sind vor dem Gesetzt gleich. – Männer und Frauen sind gleichberechtigt – Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“ Es ist das historische Verdienst von Elisabeth Selbert, dies angeregt, erstritten und durchgesetzt zu haben.
Trotz aller Unzulänglichkeiten in der Ausführung betrachtete Elisabeth Selbert ihre wichtigste politische Arbeit positiv und optimistisch, denn: Der Gleichberechtigungsgrundsatz ist nie wieder aus dem Grundgesetz rauszukriegen, nie wieder! Ohne ihn wären alle Reformen die uns heute Selbstverständlichkeiten sind, nicht möglich gewesen.
„Das ist die Sache der Frauen“ war eine sehr typische Bemerkung von Elisabeth Selbert. Sie besaß nicht das geringste Verständnis für die Larmoyanz, mit der viele Frauen ihre Situation betrachten und beschreiben. „Sie haben doch – ganz anders als früher! – alle Rechte. Sie können sich darauf berufen. Sie müssen sie durchsetzen! Es ist mir ganz und gar unbegreiflich, warum sie es nicht tun – Doppelbelastung hin oder her.“
1896 am 22. September in Kassel geboren
1903 Besuch der Volks-, dann der Mittelschule
1912/13 Besuch der Handelsschule
1913 Arbeit als Auslandskorrespondentin
1918 Beitritt zur SPD
1920 Postgehilfin. Wahl zur Gemeindeverordneten in Niederzwehren. Heirat
mit Adam Selbert
1921 Geburt des Sohnes Gerhart, erstmals Delegierte auf einem SPD-
Parteitag, er im Oktober in Kassel stattfand, und Teilnehmerin der
SPD-Reichsfrauenkonferenz, ebenfalls in Kassel
1922 Geburt des Sohnes Herbert
1926 Aufgabe der Gemeindeverordnetentätigkeit wegen vorangegangen
Schulbesuchs.
Abiturprüfung als Externe. Beginn des Jurastudiums
1929 1. Juristisches Staatsexamen in Kassel
1930 Dissertation in Göttingen
1933 Entlassung von Adam Selbert aus dem Öffentlichen Dienstag
1934 2. Juristisches Staatsexamen in Berlin.
Zulassung zur Anwaltschaft, Eröffnung einer Anwaltskanzlei in Kassel
1943 Zerstörung der Praxis durch den größten Bombenangriff auf Kassel,
vorübergehende Aufgabe der Praxis, Umzug nach Melsungen
1945 Wiedereröffnung der Anwaltskanzlei, nun mit Notariat, Berufung in der
Über parteilichen Ausschuss der Stadt Kassel, Wiedereinstellung von
Adam Selbert in den kommunalen Dienst
1945/46 Mitglied der Verfassungsberatenden Landesversammlung Groß-Hessen
1946 Wahl in den SPD-Parteivorstand (zum Parteitag 1956 nicht mehr
kandidiert)
1946 Wahl in den Hessischen Landtag (1958 nicht mehr kandidiert)
1948/49 Mitglied des Parlamentarischen Rats
1950 Bezirksvorstandsmitglied der SPD-Hessen-Nord (bis 1956)
1956 Ehrung durch Großes Bundesverdienstkreuz
1969 Verleihung des Wappenringes der Stadt Kassel an Elisabeth Selbert
1978 Würdigung Elisabeth Selberts durch Verleihung der
Wilhelm-Leuschner-Medaille
1983 erst Würdigung von Journalistinnen mit dem Elisabeth-Selbert-Preis
durch das Land Hessen
1984 Ehrenbürgerin der Stadt Kassel
1986 am 9. Juni in Kassel gestorben
Literatur
aus: Antje Dertinger, Frauen der ersten Stunde
J. Latzka Verlag, Bonn 1989, S. 179 ff
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