Alle Ausgaben / 2004 Bibelarbeit von Katja Jochum

Fäden in den Stoff des Glaubens weben

Von Katja Jochum

(Auszug)

Glaube – was ist das eigentlich? „Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht auf das, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht.“ (Hebräer 11,1)

Die führenden Fäden Von Gott geschenkte Grundlage

Für diese Bibelarbeit leihe ich mir aus der Alltagswelt das Bild des Stoffes. Wenn wir in diesem Bild bleiben, spannt Gott selbst die führenden Fäden. Der Leitfaden ist das unbedingte „Ja“ Gottes zu den Menschen. Ein unzerreißbarer Faden, der das Ganze im Inneren hält. Auf der Suche nach anderen Fäden werden wir in der Bibel fündig. Sie heißen z.B. „Leidenschaft“, „Erbarmen“, „Gerechtigkeit“, „Befreiung“, „Schutz“, aber auch „Enttäuschung“ und „Neuer Anfang“. Aber noch sind sie bloß Fäden – und noch nicht Stoff. Gott verzichtet darauf, seine Macht auszuspielen und selbst „alles fertig zu machen“. Er schenkt Raum und Freiheit, dass etwas Neues entstehen kann: ein Stoff aus Gotteszuwendung und Menschenantwort, ein Glaubensgeflecht.

Fäden, die den Stoff bilden Glaubensbeispiele

Der Verfasser beschreibt im 11. Kapitel des Hebräerbriefes, wie Menschen begonnen haben, ihre eigenen Lebensfäden in das Glaubensgeflecht einzuweben. So unterschiedlich diese Lebensfäden auch sein mögen – in einem Punkt sind sie gleich: Sie alle sind Teil des bunten Stoffes der Glaubensgeschichte geworden, weil die Menschen, zu denen sie gehörten, sich gegen die Sicherheit des Gewohnten für das Wagnis der Verheißung Gottes entschieden haben. Und aufgebrochen sind – ohne schriftlichen Vertrag, auf Vertrauen hin. So „funktioniert“ Glauben zunächst nur auf einer Grundlage: „Wer zu Gott kommen will, der muss glauben, dass er ist und dass er denen, die ihn suchen, ihren Lohn gibt.“ (Hebr 11,6) Oder im Bild des entstehenden Stoffes: Wer als erste/erster den eigenen Lebensfaden einwebt, muss auf die Tragfähigkeit der von Gott gespannten Leitfäden setzen. Ohne sie anfassen und ihre Stärke prüfen zu können. Die späteren Mitweberinnen und –weber finden bereits etwas vor. Sie können anknüpfen an die Zusagen Gottes und an das Vertrauen der Menschen vor ihnen, die bezeugen, dass der Aufbruch sich lohnt, Gott tatsächlich auf sie und ihre Antwort gewartet hat.

Der Stoff wächst Anknüpfen, sich erinnern, neu beginnen

Die besondere Zukunft Gottes durch den Glauben empfangen – das ist die Belohnung und das Versprechen, das uns auch heute durch den Text von Hebr 11 anspricht. Die Verse weisen uns dabei auf dreierlei: Glaube gibt den Anstoß, dass Menschen fähig werden, sich auf den Weg des Vertrauens zu machen. Glaube verändert Menschen und mit ihnen die Geschichte, in der sie leben. Glaube lässt Menschen erwarten, dass Gott Leben in Fülle bereithält – diesseits und jenseits der Zeit.

So regt er auch heute dazu an, die Zusagen Gottes zu hören, aber auch die vielen Stimmen derer, die vor uns gewagt haben, ihren Lebensfaden in das Geflecht des Glaubens einzuweben. Vom Judentum haben wir in besonderer Weise gelernt: „Gedenken“, mich erinnern (lassen) gehört wesentlich zu den Grundlagen des Glaubens. Die Bibel selbst ist so aufgebaut, dass sie an das Wirken Gottes anhand ganz konkreter Menschen in ihren besonderen Lebenssituationen erinnert.

Heute beschreiben wir uns als Christinnen und Christen oft als „Erzählgemeinschaft“, die einen großen Teil ihrer Kraft aus der Vergegenwärtigung der biblischen Traditionen zieht. Darin sehen wir uns verbunden mit den Frauen, Männern und Kindern vor uns, die entschlossen, zögerlich oder überwältigt den lebendigen Stoff des Glaubens, das Beziehungsgeflecht von Ansprache und Antwort haben wachsen lassen. Mit ihnen entdecken wir für uns die Namen der Glaubensfäden, die wir selbst einweben können: Bewahrung und Segen Gottes erbitten und erfahren. Gegen den Augenschein vertrauen. Tragen und getragen werden. Einbezogensein in die Gemeinschaft der Glaubenden. Den Sprung über den Graben des nur Vernünftigen wagen. Aufgefangen werden. Auf dem Boden der Verheißung meinen mutigen Schritt gehen. Frieden erwarten und ihm den Boden bereiten. Die Namen der Glaubensfäden werden vielfältig sein. Es lohnt sich, sie in Ihrer Gruppe laut zum Klingen zu bringen.

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