Alle Ausgaben / 2013 Material von Julia Schirrmacher

Fleischkonsum und Geschlecht

Von Julia Schirrmacher


Ein Aspekt von klimagerechtem Handeln liegt im nachhaltigen Umgang mit Ressourcen. Dazu gehören auch unsere Nahrungsmittel. Die jährlichen Treibhausgas-Emissionen in Deutschland pro Kopf betragen rund 11 Tonnen CO2-Äquivalente. Bis zu einem Fünftel davon ist auf unsere Ernährung zurückzuführen. Über die Hälfte davon geht auf die Landwirtschaft mit der Erzeugung von tierischen (44 Prozent) und pflanzlichen (8 Prozent) Lebensmitteln zurück.

Forscher der Universität Halle-Wittenberg haben unsere Ernährung auf Genderunterschiede untersucht und herausgefunden: Es gibt deutliche Unterschiede in der Ernährungsweise von Männern und Frauen. Unsere Ernährungsweise hat einen Einfluss auf die Treibhausgas-Emissionen und auf die Flächennutzung. Die Studie stellt folgende These auf: Frauen essen klimafreundlicher als Männer. Wie lässt sich das begründen? Absolut gesehen konsumieren Männer mehr Nahrungsmittel als Frauen, da sie im Allgemeinen einen höheren Energiebedarf haben. In Relation betrachtet konsumieren sie 15 Prozent mehr Nahrungsmittel pro Personenkilo pro Jahr als Frauen. Im Konsum beider Geschlechter dominieren Fleisch- und Wurstprodukte. Doch auch hier bestehen Geschlechterunterschiede: bei Männern beträgt der Anteil dieser Produkte mehr als die Hälfte ihres Nahrungsmittelkonsums, bei Frauen nur knapp 40 Prozent. Frauen konsumieren dagegen wesentlich mehr Obst- und Gemüse (37 Prozent) als Männer (28 Prozent).

Welche Auswirkung liegt darin für das Klima? Viehhaltung verursacht durch Entwaldung, Düngung und Wiederkäuung hohe CO2-, Methan-, und Lachgasemissionen. Ein ausgeprägter Fleischkonsum wirkt sich daher negativer auf das Klima aus: Bei Männern liegen die Treibhausgasemissionen aus der Ernährung um 44 Prozent höher als bei Frauen (gemessen in CO2-Äquivalenten pro Person pro Jahr). Auch die Nachhaltigkeit der Landnutzung wird durch einen vorwiegend aus tierischen Produkten bestehenden Ernährungsstil negativ beeinflusst. Fressen Tiere Gras und andere Pflanzen, die nicht zur direkten menschlichen Ernährung geeignet sind, erhöhen sie das Lebensmittelangebot und leisten einen wichtigen Beitrag zur landwirtschaftlichen Produktion. Sie liefern Dünger, tragen zur Bodenbearbeitung bei und stabilisieren die Ernährungssicherheit ihrer Besitzer. Das ist gut. Doch die meisten Masttiere fressen heute Mais, Soja, Weizen und anderes Getreide anstelle von Gras. Die dafür benötigten Ackerflächen gehen der direkten Lebensmittelproduktion verloren. Der ernährungsverursachte Flächenverbrauch von Männern in Deutschland liegt der Studie der Universität Halle-Wittenberg zufolge um 43 Prozent höher als bei einem weiblichen Ernährungsstil.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Frauen essen klima-freundlicher als Männer, weil sie weniger Fleisch und mehr Obst und Gemüse essen. Was bedeutet das für den Klimaschutz? Würden sich alle deutschen Männer den typisch weiblichen Ernährungsstil aneignen, mit einem um die Hälfte reduzierten Fleisch- und Wurstkonsum und stattdessen einem höheren Anteil an Obst, Gemüse und Getreideprodukten, würden wir dadurch 15 Mio. Tonnen Treibhausgasemissionen im Jahr einsparen. Zudem würde dadurch eine Fläche von rund 15.000 km² frei werden. Das entspricht ungefähr der Fläche von Schleswig-Holstein. Der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zufolge sollten auch aus gesundheitlichen Gründen pflanzliche Erzeugnisse gegenüber tierischen Produkten bevorzugt konsumiert werden. Die Ernährung der Frauen kann also als Vorbild dienen: Mehr Frauen braucht das Klima!

Die im Beitrag verwendeten Zahlen sind entnommen aus:
T. Meier, O. Christen (2012): „Gender as a factor in an environmental assessment of the consumption of animal and plant-based foods in Germany“, The International Journal of Life Cycle Assessment, 17, 2012, 550-564.

aus:
Tischrede beim ersten Frauenmahl der Nordkirche
Kiel 2012
© bei der Autorin
mehr unter:
www.frauenmahl.de

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