Ausgabe 1 / 2014 Editorial von Margot Papenheim

Frauensache Politik

Von Margot Papenheim


„Eine Kröte, die wir schlucken müssen“ – das ist für Michael Fuchs, den stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, die Vereinbarung zur Frauenquote für Aufsichtsräte in börsenorientierten Unternehmen im schwarz-roten Koalitionsvertrag.

Für die meisten Frauen ist es eine gute Nachricht, auch viele Männer sehen das so. Zeigt doch die Erfahrung, dass Unternehmen mit hoher Beteiligung von Frauen in der Leitung wirtschaftlich oft besser da stehen als andere. Auch bei den politischen FunktionsträgerInnen geht's voran. Gab es 45 Jahre lang keine einzige Ministerpräsidentin eines Bundeslandes – und dann mit Heide Simonis 1993-2005 eine – so sind es jetzt gleich vier. 25 Prozent. Immerhin. Alles gut, mindestens auf einem guten Weg also? Gut die Hälfte geschafft, würde ich sagen.

„Jetzt muss es aber auch mal gut sein.“ Das zu sagen wäre im höchsten Maße politisch unkorrekt. Sagen darum nicht viele laut, scheinen es aber zu denken. Mein Eindruck ist, dass sich in staatlichen wie in gesellschaftlichen Bereichen eben diese Einstellung breit macht, auch in den Kirchen. Unübersehbar ist die gleichstellungsorientierte Frauenarbeit hier wie dort in einer Legitimitätskrise. Der Druck steigt. Finanzielle wie personelle Ressourcen werden gestrichen oder umorientiert. Auch in den Kirchen – unter Verweis auf Gender- oder Diversity-Konzepte verschwindet eigenständige evangelische Frauenarbeit mehr und mehr in den kirchlichen Strukturen.

Diese Strategie führt geradewegs in eine Sackgasse. Denn erstens ist sie nicht angemessen; das – verbal hoch gehaltene – Ziel der Geschlechtergerechtigkeit ist in den Kirchen ebenso wenig erreicht wie in der Gesellschaft insgesamt. Immer noch sind wir weit entfernt von gleicher Verteilung von Macht, unbezahlter und bezahlter Arbeit, Einkommen. Und zweitens ist sie auch der jeweiligen Sache nicht dienlich. Denn ohne gerechte Beteiligung der Geschlechter ist weder Staat noch Kirche zu machen. Auf keiner Ebene, schon gar nicht dort, wo die Zukunft eröffnenden oder verbauenden Entscheidungen getroffen werden. In keinem Arbeitsfeld, schon gar nicht dort, wo es um die kleinen wie die großen (Über-) Lebensfragen der Menschen geht. „Reformation und Politik“, das laufende Themenjahr der Reformationsdekade, kommt daher nicht ohne einen geschlechtssensiblen, frauenspezifischen Blick aufs Ganze aus. Den tragen die Evangelischen Frauen in Deutschland mit dieser Ausgabe der ahzw in die geistliche Vorbereitung des Reformationsjubiläums ein.

Großes Lesevergnügen mit der „Frauen-sache Politik“ wünsche ich Ihnen – und den kleinen Motivationsschub, den wir alle hin und wieder brauchen.

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