Ausgabe 1 / 2009 Material von Anke Wolf-Graaf

Frauenzünfte in Köln

Von Anke Wolf-Graaf

Über reine Frauenzünfte gibt es Quellenangaben für Frankreich, die Stadt Zürich und Köln. Ich werde mich hier auf Köln beschränken. Es gibt in dieser Stadt die Zunft der Garnmacherinnen, der Goldspinnerinnen, der Seidenmacherinnen und der Seidenspinnerinnen.

Die Garnmacherinnen organisieren sich als Zunft in der Zeit zwischen 1370 und 1397. Die ausschließlich weiblichen Lehrlinge haben eine vierjährige Lehrzeit. Nach Abschluss der Ausbildung wird die Arbeit der Lehrtochter überprüft, und nach einem positiven Urteil kann sie sich selbständig machen, vorausgesetzt, sie kann die Aufnahmegebühr bezahlen. Eine Meisterin darf jeweils immer nur einer ihrer leiblichen Töchter zur Selbständigkeit verhelfen (Söhne sind ausgeschlossen), und das auch nur mit Geld und nicht durch die Bereitstellung von Garn. Damit soll eine Bevorzugung der Töchter gegenüber anderen Lehrmädchen verhindert werden. Selbständige Meisterinnen können drei Lohnarbeiterinnen (zum Beispiel Gesellinnen oder weibliche Hilfskräfte) beschäftigen; die „auf der eigenen Hand sitzende“ Tochter (so wird die Selbständigkeit genannt) hingegen darf nur zwei Mägde haben. (…)

Die Goldspinnerinnen sind mit den Goldschlägern zusammen in einer Zunft. Goldspinnerei ist aber ausschließlich Frauenarbeit; nur Frauen sind in der Zunft zugelassen.
Die Lehrzeit beträgt auch hier vier Jahre. Eine ledige Goldspinnerin darf vier Mägde beschäftigen; ist eine der Frauen mit einem Goldschläger verheiratet, darf sie nur drei Angestellte für Lohn arbeiten lassen. Da Gold- und Silberdraht, der beispielsweise beim Besticken von Borten und Gewändern verwendet wird, ein geschätzter und hochwertiger Artikel zu dieser Zeit ist, sind auch die Goldspinnerinnen (und Goldschläger) wohlhabend und einflussreich im städtischen Leben.

Die herausragende Rolle spielte aber das Kölner Seidengewerbe, und das über Jahrhunderte hinweg. Dieses für den Kölner Export sehr wichtige Gewerbe wird fast ausschließlich von Frauen betrieben. Nur in der Seidfärberei finden sich auch Männer. Selbst den Handel führt ein Teil der Frauen in Eigenregie durch. (…) Der erste Amtsbrief wird 1437 für die Seidmacherinnen ausgestellt. Die Hauptseidmacherinnen, wie die Meisterinnen genannt werden, dürfen bis zu vier Lehrtöchter gleichzeitig ausbilden, außerdem die eigenen Töchter. Die Zahl der Hilfskräfte ist in diesem Gewerbe nicht beschränkt. Bis 1469 beträgt die Lehrzeit drei, danach vier Jahre. Selbst aus Aachen, Mainz, Lübeck und Antwerpen kommen Mädchen, die in Köln das Seidmacherinnenhandwerk lernen wollen. Margret Wemsky hat für Köln gezeigt, dass zwischen 1437 und 1504 insgesamt 116 Seidmacherinnen einen Gewerbebetrieb unterhielten, die 765 Lehrtöchter aufgenommen haben. (…)

Der Einfluss der Seidmacherinnen auf den Rat der Stadt ist wahrscheinlich lange Zeit recht groß gewesen, denn die meisten von ihnen kommen aus Familien, in denen der Vater oder der Ehemann Ratsherr ist. Allerdings scheint diese Tatsache nichts daran geändert zu haben, dass im Laufe des 17. Jahrhunderts Frauen aus dem Seidenhandwerk bzw. der Zunft zunehmend verdrängt werden.


Anke Wolf-Graaf

aus:
Die verborgene Geschichte der Frauenarbeit. Eine Bildchronik
© 1983 Verlagsgruppe Beltz Weinheim und Base
Bild: ebd., S. 88

Ausgabenarchiv
Sie suchen eine Ausgabe?
Hier entlang
Suche
Sie suchen einen Artikel?
hier entlang