Ausgabe 1 / 2020 Artikel von Wiebke Doktor

Fundraising ganz praktisch

Der guten Sache Freund*innen gewinnen

Von Wiebke Doktor

Seit einigen Jahren steht der Begriff im Raum und geht nicht wieder weg: Fundraising. Jede und jeder hat davon ein eigenes Bild, mal positiv mal eher negativ. Fundraising bedeutet: Menschen dafür gewinnen, ein Anliegen zu unterstützen – mit Zeit, mit Geld, mit Fürsprache. „To raise funds“ meint, grob übersetzt, Kapital aufzubauen. Aber es geht um mehr als Geld. Es geht darum, Mitstreiter*innen zu aktivieren und dauerhafte Beziehungen zu ihnen aufzubauen. Damit werden neue Ideen in die Realität umgesetzt und wichtige Projekte bleiben erhalten. Fundraising macht mehr möglich, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen.

Viele Gemeinden, Vereine und Verbände spüren im Alltag, dass auch sie zusätzliche Unterstützer*innen gewinnen müssen, um mehr möglich zu machen. Dabei geht es ?entweder darum, den Status Quo zu halten, oder aber vor allem darum, neue Projekte zu realisieren. Sie stehen dann vor wichtigen Fragen: Wie soll Fundraising bei uns aussehen? Was brauchen wir dafür? Wie kommen wir an den ersten Spenden-Euro?

Im Folgenden finden Sie einen Leitfaden für den Start in Ihr Fundraising. Der Fokus liegt auf dem konkreten Vorgehen, um Menschen für eine Unterstützung Ihrer guten Sache zu gewinnen.

Fundraising braucht Entschlossenheit.

Die wichtigste Voraussetzung für ein erfolgreiches Fundraising ist eine grundlegende Entscheidung: Wir gehen neue Wege in der Ansprache von Förder*innen. Fundraising wird eine stetige Herausforderung bleiben, daher lohnt es sich, dies durch eine Strategie zu professionalisieren und sich entsprechend aufzustellen. Konsequentes Umsetzen der Strategie und langfristiges Denken helfen, die Investitionskosten und Anlaufhürden zu rechtfertigen und zu relativieren.

Fundraising braucht ein Team.

Fundraising gibt es nicht ohne die Investition von Zeit und Geld sowie den Einsatz von Ressourcen und Kompetenzen. Denn Fundraising ist vor allem Beziehungsarbeit, die von vielen geleistet werden kann und muss. Externe Berater*innen können beim Aufbau von Fundraising unterstützen und in begrenztem Umfang auch Maßnahmen umsetzen. Doch erfolgreich wird eine Strategie erst dann, wenn sie innerhalb der Gemeinde oder eines Verbandes gut verankert ist.

Fundraising braucht Kreativität, Mut und langen Atem.

Beim Fundraising muss man/frau sich etwas trauen. Irrwege bleiben nicht aus. Ein klares Profil ist die Voraussetzung, um Menschen für ein Engagement zu gewinnen. Dann können auch kleine Maßnahmen Erfolg haben.

Eine nur halbherzige Beschäftigung mit der Akquise von Mitteln wird mehr kosten als sie einbringt, selten nachhaltige Effekte haben und Enttäuschungen produzieren. Viele Maßnahmen spielen erst nach der zweiten oder dritten Wiederholung ihre Kosten und Anfangsinvestition wieder ein.


Am Anfang steht eine Entscheidung.

Die Frage, die zu Beginn im Raum steht, lautet: Wollen wir dem Druck, den die finanzielle Situation aufbaut, durch Fundraising begegnen? Für die Beantwortung dieser Frage werden zwei Szenarien entworfen und durchdacht: Was heißt es, wenn wir (A) mit dem Fundraising beginnen – oder (B) es lassen?

Gibt es eine Entscheidung für Fundraising bedeutet dies, Dinge zu verändern, zu erneuern, zu lernen und an manchen Stellen auch über seinen Schatten zu springen. Die Entscheidung, alles beim Alten zu belassen, bedeutet: weitermachen wie bisher, die bekannten Förderwege gehen und notfalls die Projekte den finanziellen Möglichkeiten anpassen. Keiner der beiden Wege ist der richtige oder der falsche. Wichtig ist nur, davon überzeugt zu sein, dass diese Entscheidung die richtige für die eigene Situation ist und für alle Beteiligten die beste Möglichkeit damit umzugehen.

Wenn die Entscheidung FÜR das Fundraising fällt, dann bedeutet das: Jede Gemeinde, jedes Projekt braucht eine passgenaue Fundraising-Strategie. Wie Passgenauigkeit entsteht, erklärt die Thema-Personen-Umfeld-Triade.


Suchen Sie nach einem Thema beziehungsweise einem Projekt mit möglichst hoher gesellschaftlicher Relevanz. Ein Thema, das zurzeit innerhalb der Gemeinde, aber auch in der Politik, in den Medien und im Freundeskreis besprochen wird. Sollten Sie keine aktuellen Themen haben, suchen Sie das Projekt aus, das dies noch am besten trifft.
Die agierenden Personen müssen voll und ganz von dem Ziel und dem Plan, dieses Ziel zu erreichen, überzeugt sein. Und es müssen das nötige Know-how und die Zeit vorhanden sein, um die Fundraising-Strategie umsetzen zu können. Alle Beteiligten sollten eine positive Haltung zum Fundraising haben und motiviert sein, etwas für die Gemeinde zu erreichen.


Für ein erfolgreiches Fundraising bildet das Umfeld, der sogenannte Geber*innen-Markt, das Potenzial, um das gesteckte Ziel zu erreichen. Um mehr über das Umfeld und die potenziellen Geber*innen der Gemeinde oder des Verbands herauszufinden, kann relativ einfach eine Übersicht erstellt werden.

Erfolgreiches Fundraising besteht also in der Kombination des passenden Themas, der überzeugten Akteur*innen und eines Umfeldes, das genug Potenzial bietet.


Jetzt geht’s los!

Zum Fundraising-Konzept kommen Sie in vier Schritten: Vision – Spendenzweck – Zielgruppe – Ansprache.

Die Vision

Formulieren Sie eine Vision, mit der Sie Menschen für Ihre Sache begeistern können. Eine Vision ist das Feuer, um Spenderinnen und Spender anzustecken. Sie sollte deutlich machen, warum es wichtig ist, dass Ihre Gemeinde / Ihr Angebot da ist. Was verändern Sie damit in der Welt? Und für wen?

Der Spendenzweck

Erarbeiten Sie ein griffiges Spendenprojekt und beschreiben Sie in einem ersten Schritt konkrete Ziele:

– Was bzw. wie viel brauchen Sie? Bis wann?
– Und wofür brauchen wir das? Beschreiben Sie den Spendenzweck so, dass sich Herzen öffnen.
– Beschreiben Sie nur, was für die Spender*innen wichtig ist, und fassen Sie es kurz.
– Formulieren Sie ein Spendenziel so, dass alle daran glauben können. Wenn Sie selbst Zweifel haben, dass Sie das Ziel erreichen können, werden die Spender*innen diesem Ziel auch nicht trauen. Dann ist es notwendig, das Ziel nochmal zu überdenken.

Die Zielgruppe

Wen sprechen Sie an? Um diese Frage zu klären, stellen Sie in diesem Schritt das eigene Netzwerk dar:


– Wer hat – räumlich, thematisch, persönlich – eine Beziehung zu uns?
– Wen wollen / können wir gewinnen?
– Wer hat die Möglichkeit, etwas zu geben?


Dies ist ein klassisches Brainstorming-Instrument, es sollten also möglichst einige Köpfe daran beteiligt sein, um ein umfassendes Netzwerk Ihrer Organisation – beispielsweise Ihrer Gemeinde – zusammenzutragen. Das Sonnensystem visualisiert den aktuellen und potenziellen Geber*innenmarkt auf zwei Ebenen:


– Welche Spender*innen-, Sponsor*innen- oder Unterstützer*innegruppen sind bekannt?
– Wie sehr sind sie unserer Organisation, einer Person dort oder dem Thema verbunden?


Zeichnen Sie drei Kreise auf ein großes leeres Papier und übertragen Sie alle Personen oder Zielgruppen in ein Sonnensystem, dessen Mitte Ihr Verein / Ihre Gemeinde / Ihr Projekt ist.

Die Zielgruppen und –personen können unterschiedliche Rollen haben, zum Beispiel Spender*in, Sponsor*in, Türöffner*in, Botschafter*in. Legen Sie dafür unterschiedliche Farben fest und markieren Sie die zusammengetragenen Personen und Gruppen entsprechend.

Die Ansprache

Bringen Sie die potenziellen Geber*innen anschließend in eine Reihenfolge: Wer ist am wichtigsten oder am erfolgversprechendsten? Da Sie nicht alle Zielgruppen gleichzeitig ansprechen können, wählen Sie drei bis vier Personenkreise für den Start aus. Weitere Zielgruppen können folgen, wenn Sie die ersten Maßnahmen gestartet haben und diese ausweiten wollen.

Erarbeiten Sie jetzt für jede der Zielgruppen


– den passenden Weg: Wer spricht wann – wen – mit welchem Ziel – über welchen Kanal an?
–  das entsprechende Programm: Welche Instrumente nutzen wir? Wie sieht die Danksystematik aus?

In einem weiteren Schritt werden die Gruppen in einer Liste genauer betrachtet; vergleiche die Beispieltabelle unten. Hier werden dann auch die Materialien und Werbemittel deutlich, die jeweils zur Ansprache gebraucht werden. Diese Liste ist die Basis für die Zeit-und Maßnahmenplanung.


Wichtig ist: Achten Sie darauf, dass sich alle den Plan zu Eigen machen, und halten Sie sich an Ihren Plan. Aktionismus hat in einer Fundraising-Strategie keinen Platz. Nur wenn Sie die Maßnahmen vollständig umsetzen und hinterher den Erfolg kontrollieren, werden Sie sehen, ob Ihr Plan funktioniert und ob die Maßnahmen wiederholt werden können.

Seien Sie zuversichtlich!


Das wichtigste, was Sie jetzt tun müssen, ist: fragen. Jede neue Erfahrung im Fundraising bringt Sie weiter. Jeder neue Kontakt bringt Ihnen neue Perspektiven. Jede Frage nach einer Spende ist besser als keine Frage nach einer Spende.

Wiebke Doktor ist Fundraising-Managerin und Systemische Organisationsentwicklerin und arbeitet als geschäftsführende Gesellschafterin des Conversio Instituts. Seit mehr als zwölf Jahren berät sie gemeinnützige Organisationen beim Auf- und Ausbau von Fundraising; ein besonderer Schwerpunkt ist dabei die Strategie-Entwicklung. Auch die Evangelischen Frauen in Deutschland hat sie bei der Entwicklung eines Fundraising- systems beraten. – www.conversio-institut.de

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