Alle Ausgaben / 2005 Andacht von Christine Wunschik

Geh aus mein Herz und suche Freud

Eine Andacht aus Liedern und Blumen

Von Christine Wunschik

An einen Gottesdienst vor über 20 Jahren habe ich eine deutliche Erinnerung, die meine Singgewohnheiten stark verändert hat. Neben mir saß ein Mann, der beim Eingangslied nicht mitsang. Also rückte ich näher zu ihm und hielt mein Gesangbuch so, dass er mit hineinschauen konnte. Er aber schob es wieder zu mir und flüsterte mir zu: „Ich singe nie mit. Nirgendwo wird so viel gelogen wie beim Singen.“ Ich war einigermaßen verdattert und grübelte auch später immer wieder über diese Äußerung nach. Irgendwann kam ich zu dem Ergebnis, dass er wohl Recht hatte; ich achtete auch wenig oder gar nicht auf die Texte der Lieder, die ich mitsang. Nun macht es mir Freude, Liedtexte genauer zu betrachten. Wie ist das also mit Blumen in Liedern?

Material:
Zettel mit je einem Zitat aus verschiedenen Liedern; jeder Zettel hat als Markierung einen Großbuchstaben (siehe unten); für AbonnentInnen der ahzw zum Ausdrucken und Auseinanderschneiden vorbereitet unter Service/zum Herunterladen;
Gesangbücher; evtl. Kopie des Liedes „Wie die Blumen“ (siehe unten; Kopiervorlage für AbonnentInnen unter Service/zum Herunterladen);
Die Mitte ist mit Blumen geschmückt. Dazu gehört eine Rose, ein trockner Zweig und ein wenig Stroh oder Heu, auf dem Blumen liegen.

Ablauf:
Lied: Geh aus mein Herz, Str. 1, 2, 13, 14 (EG 503)

Alle vorbereiteten Zettel mit Zitaten aus Liedern werden reihum verteilt; sie liegen mit der unbeschriebenen Seite nach oben, so dass die Frauen wahllos nehmen. Dann werden die Zitate reihum vorgelesen; alle können erkennen oder erraten, aus welchen Liedern sie stammen. Die Zitatzettel sind jeweils mit einem Buchstaben markiert, um die Zuordnung zum Lied zu erleichtern. Wenn weitere Lieder aus der Runde genannt werden, sollte eine Frau sie notieren, um sie evtl. in die Singrunde hinein zu nehmen. Die Frauen behalten die Zettel vorerst.

(A) Schau an der schönen Gärten Zier.
(A) Narzissus und die Tulipan, die ziehen sich viel schöner an als Salomonis Seide.
(A) Segne meinen Geist, dass ich dir stetig blühe.
(A) Verleihe, dass zu deinem Ruhm ich deines Gartens schöne Blum und Pflanze möge bleiben.
(B) O Erd, herfür dies Blümlein bring, o Heiland, aus der Erden spring.
(C) Es ist ein Ros entsprungen aus einer Wurzel zart.
(C) Von Jesse kam die Art und hat ein Blümlein bracht.
(C) Das Blümlein hat uns gebracht Marie, die reine Magd; aus Gottes ew'gem Rat hat sie ein Kind geboren, welches uns selig macht.
(C) Das Blümelein so kleine, das duftet uns so süß; mit seinem hellen Scheine vertreibt´s die Finsternis.
(D) Seht, der schönsten Rose Flor sprießt aus Jesses Zweig empor.
(E) Nehmt weg das Stroh, nehmt weg das Heu, ich will mir Blumen holen, dass meines Heilands Lager sei auf lieblichen Violen; mit Rosen, Nelken, Rosmarin aus schönen Gärten will ich ihn von oben her bestreuen.
(F) Ei meine Perl, du werte Kron', wahr Gottes und Marien Sohn, ein hochgeborner König! Mein Herz heißt dich ein' Himmelsblum'; dein süßes Evangelium ist lauter Milch und Honig. Ei mein Blümlein, Hosianna! Himmlisch Manna, das wir essen, deiner kann ich nicht vergessen.
(G) Ihr Blumen lasst doch eure Zier zu Gottes Ruhm belebet sein und stimmet lieblich mit mir ein.
(H) Ach ich bin viel zu wenig, zu rühmen seinen Ruhm; der Herr allein ist König, ich eine welke Blum.
(I) In ihrem (der Weisheit) großen Garten bin ich ein blühend Blum.
(J) Wie die Blumen auf dem Feld ¬ blühen so, dass es Gott gefällt.
(K) Wenn das Brot, das wir teilen, als Rose blüht, dann hat Gott unter uns schon sein Haus gebaut.
(L) Zärtlicher Regen, Wasser des Lebens, fällt auf die Erde, Gärten erblüh'n.
(M) Die Blüt' zur Frucht vermehre, lass sie ersprießlich sein.
(M) Die Blümlein lass aufgehen von Tugend mancherlei, damit ich mög' bestehen und nicht verwerflich sei.
(N) Aus allen Ecken sprießen die Blumen rot und blau.
(O) Lass mir an dem Bache die kleinen Veilchen blüh'n.
(P) Im Schatten sah ich ein Blümlein steh'n.
(Q) Sah ein Knab ein Röslein steh'n.
(R) Die Blümelein, sie schlafen schon längst im Mondenschein.
(S) Für mich soll´s rote Rosen regnen, mir sollen sämtliche Wunder begegnen.

Wir haben am Anfang das schöne Lied „Geh aus, mein Herz und suche Freud“ gesungen. Es ist trotz seines stattlichen Alters von 350 Jahren geliebt und unverbraucht und ein gutes Beispiel dafür, wie in Liedern von Blumen geredet wird. Bitte legen Sie die Zitate aus diesem Lied in die Mitte. – In den Strophen 1 und 2 wird in ganz klaren Worten gesagt, wie viel Grund zur Freude an der Schöpfung wir haben. Die Blumen stehen für sich selbst und symbolisieren Lebensfreude.
Anders ist das in den Strophen 13 und 14. Hier wird in bildhafter Sprache mit Hilfe von Blumen über Gottgefälligkeit geredet. Wir reden und singen oft in Bildern. Das ist ein Ausdrucksmittel, um etwas zu sagen, was schwer in Worte zu fassen ist. Bildsprache ist somit nicht wörtlich zu nehmen, sondern sozusagen ein Impuls für unsere Fantasie. Da werden Blumen zu Frühlings-, Liebes- und Freundschaftsboten. Klar, dass jede besungene Blume betörend duftet! Etwas Geziertes nennen wir blumenreich, etwas Würziges blumig. Geblümt ist laut Lexikon nicht nur ein Kleiderstoff, sondern auch eine Rede oder der Text eines Liedes. Und eben dieser geblümte Text wird auch Floskel genannt, also: nichts sagende Redensart. Floskel ist eingedeutscht aus flosculus (lat.) und heißt – Blümchen. Also ein unnützes Blümchen? Sollten wir Blumen nach ihrem Nutzen befragen? Müssen sie sein? Offenbar so sehr, dass wir sie zur Hilfe nehmen, um wichtige Gefühle oder Zusammenhänge zu beschreiben. Das geschieht dann oft „verblümt“, „durch die Blume“, verhüllt also, schonend indirekt.

Häufig stehen Blumen in unseren Liedern als Symbol für Lebenskraft, Lebensfreude, das Ende des Winters, den Sieg über den Tod. Im Christentum symbolisieren nach oben offene Blütenkelche das Empfangen der Gaben Gottes, sonstige Blumen die Freude an der Schöpfung, Gottgefälligkeit, aber auch die Vergänglichkeit aller irdischen Schönheit. Die Blüte aus der trockenen Wurzel steht für Hoffnung und Zukunft. Sie besingen wir jedes Jahr zu Weihnachten, so wie die Prophezeiung bei Jesaja steht.

Sing-Runde

Eine Auswahl sollte jede Leiterin selbst treffen. Sie sollte außerdem entscheiden, ob sie selbst oder Frauen aus der Gruppe kurze Bemerkungen zu den Liedern mitteilen wollen. Wenn ein Lied gesungen wurde, legen die Frauen, die Zitate daraus in der Hand haben, diese in die Mitte, nachdem sie sie nochmals vorgelesen haben.

Die Lieder:
(A) Geh aus, mein Herz, und suche Freud,  EG 503, Strophen 1, 2, 13, 14
(B) O Heiland, reiß die Himmel auf,  EG 7, Strophe 3
(C) Es ist ein Ros entsprungen, EG 30, Strophen 1 – 3
 Die Blume aus der tot geglaubten Wurzel ist „wunderbar“, sie „macht uns selig“, „duftet uns so süß“, „vertreibt die Finsternis“: Ein Beispiel für eine sehr bildhafte Sprache.
(D) Freu dich, Erd und Sternenzelt, EG 47, Strophe 2
(E) Ich steh an deiner Krippen hier, EG 37, Strophe 7 (vollständig auf dem Zitatblatt)
(F) Wie schön leuchtet der Morgenstern, EG 70, Strophe 2 (vollständig auf dem Zitatblatt)
(G) O dass ich tausend Zungen hätte, EG 330, Strophe 3
 Den Text dichtete Johann Mentzer 1704; nicht mächtig, kraftvoll, sondern „lieblich“, „zur Zierde“ wird in das Loblied eingestimmt.
(H) Du meine Seele singe, EG 302, Strophe 8
 „Ach ich bin viel zu wenig, zu rühmen seinen Ruhm; der Herr allein ist König, ich eine welke Blum.“ So hat Paul Gerhardt 1653 gedichtet. Aus dem gleichen Jahr stammen „Geh aus, mein Herz“, wo er uns Menschen als „schöne Blum“ bezeichnete, und das blumige Lied, in dem er den Heiland auf Blumen betten wollte. Wenige Jahre nach dem 30jährigen Krieg, mit einem schweren Schicksal geschlagen, spricht gerade er in seinen Liedern viel von Blumen: Wer viel Leid hat, braucht wohl auch viele Blumen, um zu überleben. Und sicher fühlte er sich selbst gelegentlich wie eine welke Blume.
 Eine Frau von heute, Esther Schmidt, hat einen neuen Text dafür geschrieben:
(I) Du meine Seele singe, wohlauf und singe schön, der welcher alle Dinge zu Dienst und Willen steh'n. Ich will die Weisheit droben hier preisen auf der Erd, ich will sie herzlich loben, solang ich leben werd.
 Ja, ich bin nicht zu wenig, zu rühmen ihren Ruhm. In ihrem großen Garten bin ich ein blühend Blum. Bin Spiegelbild und Schatten der einen großen Kraft, die durch mich lebt und atmet und neues Leben schafft.
(J) Wie die Blumen auf dem Feld.
(siehe S. 25)
(K) Wenn das Brot, das wir teilen, als Rose blüht und das Wort, das wir sprechen, als Lied erklingt, dann hat Gott unter uns schon sein Haus gebaut, dann wohnt er schon in unserer Welt. Ja, dann schauen wir heut schon sein Angesicht in der Liebe, die alles umfängt.
 In diesem Lied steht die Rose als Zeichen der Gottesnähe. (Wo nicht bekannt, vgl. landeskirchliche Teile des EG)
(L) Herrlicher Morgen, Glanz der Schöpfung,
 Licht aus dem Dunkel, wiedergebor'n.
 Dank für die Sonne, Dank für das Leben,
 Dank für den Atem, Dank für den Tag.
 Zärtlicher Regen, Wasser des Lebens,
 fällt auf die Erde, Gärten erblüh'n.
 Dank für die Wolken, Dank für den Regen,
 Dank für die Tränen, Dank für den Wind.
 Strahlende Sonne, strömende Liebe,
 schenkst mir das Leben, jeden Tag neu.
 Dank für die Wärme, Dank für die Erde,
 Dank für das Lachen, Dank für das Licht.
 Text: Wolfgang Herrmann
(M) Wie lieblich ist der Maien, EG 501, Strophen 2 und 4

Nichtchristliche Frühlingslieder, Volkslieder:
(N) Nun will der Lenz uns grüßen, von Mittag weht es lau, aus allen Ecken sprießen die Blumen rot und blau. Draus wob die braune Heide sich ein Gewand gar fein und lädt im Festtagskleide zum Maientanze ein.
(O) Komm, lieber Mai, und mache die Bäume wieder grün, und lass mir an dem Bache die kleinen Veilchen blüh´n ! Wie möchte ich doch so gerne ein Veilchen wieder seh´n, ach, lieber Mai, wie gerne einmal spazieren geh´n.
 Ach, wenn´s doch erst gelinder und grüner draußen wär! Komm lieber Mai, wir Kinder, wir bitten gar zu sehr! O komm und bring vor allem uns viele Veilchen mit, bring auch viel Nachtigallen und Kuckucks mit.

Zwei Goethetexte dürfen nicht ¬ vergessen werden:
(P) Ich ging im Walde so für mich hin, und nichts zu suchen, das war mein Sinn. Im Schatten sah ich ein Blümlein steh'n, wie Sterne leuchtend, wie Äuglein schön.
 Ich wollt es brechen, da sagt es fein: „Soll ich zum Welken gebrochen sein?“
 Ich grub´s mit allen den Würzlein aus, zum Garten trug ich´s am hübschen Haus.
 Und pflanzt es wieder am stillen Ort; nun zweigt es immer und blüht so fort.
(Q) Sah ein Knab ein Röslein stehn
 In beiden Texten steht die Blume für eine Frau, im letzteren wird das Röslein „gebrochen“ – das erste Blümlein darf weiterblühen.
(S) Für mich soll´s rote Rosen regnen, mir sollen sämtliche Wunder begegnen.
 So wunderbar unmäßig hat Hildegard Knef für jede von uns Frauen gesungen. Welche Frau hat sich das nicht schon gewünscht?!
(R) Meine Mutter hat mit mir abends gesungen, was ich dann mit meinen Kindern ebenfalls sang:
 Die Blümelein, sie schlafen schon längst im Mondenschein, sie nicken mit den Köpfchen auf ihren Stengelein. Es rüttelt sich der Blütenbaum, er säuselt wie im Traum: Schlafe, schlafe, schlafe ein, mein Kindelein.

Das kann das Schlusslied sein oder die Leiterin wählt eines der anderen Lieder aus. Dann beendet sie die Runde mit diesen Zeilen aus einem irischen Segen:

Der gesegnete Regen,
der köstliche, sanfte
ströme auf dich herab.
Die kleinen Blumen
mögen zu blühen beginnen
und ihren köstlichen Duft ausbreiten,
wo immer du gehst.

Christine Wunschik, Jahrgang 1948, ist gelernte Maurerin, Hochschulingenieurin für Baustoffverfahrenstechnik, Gemeindehelferin und Katechetin. Sie arbeitet als Referentin in der Frauenarbeit der Föderation Ev. Kirchen in Mitteldeutschland und ist seit vielen Jahren Mitglied in der Arbeitsgruppe ahzw.

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