„Gewiss, gut ist Gott für Israel“ – mit diesem Bekenntnis beginnt Psalm 73 und erzählt daraufhin von der Anfechtung, die der Glaube an Gottes Güte bedeutet.1 Gott ist gut für Israel – was heißt das? Wie wird Gottes Güte erfahrbar in einer verkehrten Welt, in der es den Guten nicht unbedingt gut und den Bösen nicht unbedingt schlecht ergeht?
Der Psalm endet mit der Gewissheit: „Was aber mich betrifft: Gott nahe zu sein ist mein Glück.“ Wo die Einheitsübersetzung von „Glück“ redet, heißt es wörtlich „ist gut für mich“. Der Psalm ist eingerahmt durch dieses zweifache „gut für“. Es geht in dem ganzen Psalm darum, ob und wie Gottes Güte, von der Theologie und Liturgie reden, im Alltag von Menschen wahr wird.
In der Einheitsübersetzung, die der Jahreslosung zugrunde liegt, geht dieser Bezug von Anfang und Ende leider verloren. Doch deren Bedeutung erschließt sich nur, wenn wir uns auf Psalm 73 und seine Auseinandersetzung mit Gottes „Gut-Sein“ einlassen.
Die Realität stimmt nicht gerade optimistisch. Denn denen, die rücksichtslos ihre eigenen Interessen durchsetzen, geht es gut. Sie sind „immer im Glück und häufen Macht an“ (V 12). Psalm 73 nennt sie rascha. „Frevler“ übersetzt Martin Buber, „Kriminelle“ bedeutet dieses Wort in Neuhebräisch. Die Übersetzung Martin Luthers mit „Gottlose“ führt darum in die Irre. Nicht die Ungläubigen sind gemeint, sondern Verbrecher, und zwar die Verbrecher „in Anzügen“. Sie bestimmen das gesamte gesellschaftliche Leben.
Psalm 73 beschreibt in seinem ersten Teil (VV 2-12) ihre Gewalt und benennt dabei die Sprache als eines ihrer wichtigsten Herrschaftsinstrumente. „Sie reden Unterdrückung“ (V 8). Sprache hat die Macht, den Dingen ihren Namen und ihren Platz zu geben – und diese Verbrecher nutzen sie, um anderen die eigenen Lebensvorstellungen in den Mund zu legen und in den Kopf zu blasen. „Sie setzen an den Himmel ihren Mund, und ihre Zunge ergeht sich auf der Erde“, klagt der Psalm (V 9).
Etwas von dieser Gewalt der Sprache erleben wird gegenwärtig in dem Streit um die EKD-Orientierungshilfe zur Familie, die Patchwork-Konstellationen und homosexuelle Partnerschaften mit Kindern der traditionellen Kleinfamilie gleichstellt.2 Ihr erklärtes Ziel ist es, Familie als verlässliche Gemeinschaft zu stärken. Trotzdem hat sich in Teilen von Kirche und Bürgertum große Empörung breit gemacht. Es wird gefordert, die EKD solle ihren Fehler eingestehen und erklären: „Wir sind für Familie“.3 Damit soll die Macht der Definition gesichert werden – konkret die Norm, die Menschen zu Abweichlerinnen und Abweichlern macht und an den Rand stellt. Zwei Frauen oder zwei Männer, die mit Kindern zusammenleben, dürfen nicht Familie heißen.
Psalm 73 wird nicht konkret. Wie so häufig in den Psalmen bleibt die Sprechweise zeitlos. Sie will unterschiedlichen Menschen in immer neuen Situationen Worte geben. Doch aus dem gesamten Psalm spricht der gesellschaftliche Grundkonflikt der Zeit der hellenistischen Vorherrschaft in Syrien-Palästina. Es ist eine Zeit der Globalisierung. Auch abgelegene Gebiete wie die Provinz Juda werden in internationale Handelsbeziehungen integriert. Teilen der Gesellschaft bringt das eine wirtschaftliche und kulturelle Blüte. Eine Elite profitiert und kommt an die Macht. Die dazu gehören, reden von Wirtschaftswachstum und Fortschritt, während die Masse der Menschen die bisher schlimmste Form der Fremdherrschaft erlebt.4 Die Steuern sind höher als je zuvor. Arme und Überschuldete werden von Haus und Hof vertrieben und in die Sklaverei verkauft. Bettelarmut wächst, neben mächtigen Familien und riesigem Großgrundbesitz.
Trotz der Gewalt, der die Armen ausgesetzt sind, wendet sich das Volk Gottes den herrschenden Eliten zu (V 10). Die reden von der Alternativlosigkeit des freien, globalen Handels. Den Überlieferungen der Gottheit Israels wird die Politikfähigkeit bestritten. „Sie sprechen: Wie sollte Gott etwas erkennen? Was weiß denn Gott in der Höhe?“ (V 11) Überregionale Handelsbeziehungen setzen Maßstäbe, gegenüber denen die lokale Gesetzgebung rückständig erscheint. Die Tora, die Anhäufen von Reichtum bremsen und Solidarität judäischer Familien organisieren will, ist ein Anachronismus. Sabbatgesetze, die die wirtschaftliche Entwicklung zur Förderung des lokalen Zusammenlebens regulieren, haben sich als weltfremd erwiesen. Gott und seine Weisung sind ohne Erkenntnis der gesellschaftlichen Notwendigkeit. Geld ist nötig und muss erwirtschaftet werden, denn Geld vermittelt Verfügungsmacht und gewährt Lebensqualität. Der Traum von Gerechtigkeit läuft ins Leere. Dieses Urteil spricht die Beterin über ihr eigenes Tun. „Gewiss, umsonst (wörtlich: leer) bewahrte ich die Klarheit meines Herzens“ (V 13). Das steht in krassem Gegensatz zu dem Bekenntnis am Anfang des Psalms: „Gewiss, gut ist Gott zu Israel, zu denen, die aufrichtigen Herzens sind.“ Sinnlos, ohne gesellschaftliche Wirkung und ohne erkennbares Ergebnis bleibt ein Leben, das Menschenwürde und Menschenrechte im Blick hat. Gottes Güte, die in fairen Lebensregeln konkret wird und den Anständigen gutes Ergehen verspricht, hat keinen gesellschaftlichen Ort. Sie ist Utopie – im wahrsten Sinne des Wortes: ohne Ort.
Aus sinnloser Leere und Verzweiflung findet Psalm 73 einen Weg zu Gott zurück. Die zweite Strophe (VV 13-17) beschreibt diesen Weg. Er führt zunächst an einen Tiefpunkt. Denn wo alle Alternativen ins Leere laufen, liegt Anpassung nahe. Vielleicht sind die gegenwärtigen Zustände ja doch notwendige Stufen einer gesellschaftlichen Entwicklung? Gewünscht hat sich die Beterin dieses Eintauchen in den Zeitgeist – aber es ist ihr nicht gelungen. Im Zentrum der mittleren Strophe und des gesamten Psalms steht das Eingeständnis, nicht mitreden zu können. „Hätte ich gesagt: Ich will reden wie sie, dann hätte ich die Gemeinschaft deiner Kinder verraten“ (V 15).
Die Worte von Fortschritt und Entwicklung wollen nicht über die Lippen. Gesichter und Erinnerungen stellen sich quer: Menschen, die ihr Land verloren haben, Kinder, die von ihren Familien getrennt werden, Jugendliche, die an Leib und Seele verwahrlosen. Die Verbundenheit mit denen am Rande stellt die Beterin selbst an den Rand. Dazu gesellen sich die Vorgängerinnen und Vorgänger im Glauben, die auf gerechtere Lebensverhältnisse gehofft und dafür gearbeitet haben. Die Erinnerung an die Mütter und Väter, die wie Sara und Abraham mit der Vision einer anderen Welt aufgebrochen oder wie Mose und Mirjam aus der Sklaverei geflohen sind, kann die Beterin nicht loswerden.
Noch verrät nur die Sprache, dass dieses Nicht-Mitreden-Können die zentrale Gotteserfahrung ist, die den weiteren Verlauf des Psalms bestimmt und schließlich im Bekenntnis der Jahreslosung gipfelt. Wenn der Psalm von seiner Verwurzelung in einer Menschengemeinschaft redet, wechselt die Sprechrichtung. Bisher gab es keine Anrede Gottes, war von Gott nur in der 3. Person die Rede. Doch in dem Moment, in dem die Beterin versteht, dass sie von VorgängerInnen und ZeitgenossInnen zur Solidarität gerufen wird, erfährt sie Gott als ihr Gegenüber und spricht zu einem „Du“, spricht von „deinen Kindern“, die sie nicht verraten kann.
Die Sprache ist von der rückblickenden Erkenntnis geprägt, dass Gott sich in der generationenübergreifenden Verbundenheit von Menschen erfahrbar gemacht hat. Für mich gehört deshalb ein Gespräch mit meinem Lehrer Ton Veerkamp zu diesem Psalm. Als ich ihn nach seiner Spiritualität fragte, erzählte er mir eine Geschichte. „In meiner Zeit als Studentenpfarrer für Ausländische Studierende in Berlin ist eine Frau aus Honduras zu mir gekommen. Sie war in Honduras wegen ihrer politischen Arbeit im Gefängnis. Zwölf Mal ist sie dort vergewaltigt worden. Sie war körperlich völlig fertig, als sie zu mir kam, wie ein Vögelchen saß sie da. Ich habe ihr ein Stipendium besorgt und versucht, ihr wieder auf die Füße zu helfen. Nach einiger Zeit ist sie gekommen und hat mir das Stipendium zurückgegeben. Das allein fand ich eine ganz besondere Tat! Sie hatte sich körperlich erholt und ist nach Mexiko gegangen, um dort Flüchtlingen aus Honduras zu helfen. Für mich ist Spiritualität, dass ich solche Leute kenne. Die Erinnerung an sie hilft mir, in Situationen, in denen ich nicht mehr weiter kann, nicht aufzugeben.“5 Ton Veerkamp erzählte diese Geschichte, um deutlich zu machen, dass ihm zu dem gegenwärtig so viel gebrauchten Wort Spiritualität nicht viel einfällt – doch dabei erzählte er die Gotteserfahrung, die Psalm 73 und die gesamten biblische Glaubensüberlieferung geprägt hat.
Zunächst handelt es sich dabei nicht um eine positive Erfahrung. Nicht mitreden zu können ist nicht beglückend. Die Beterin beschreibt es als Qual: „Ich sann nach, um dies zu begreifen, doch eine Qual war es in meinen Augen“ (V 16). Diese Qual kennen viele: Man oder frau gehört nicht dazu. Die Worte der anderen fühlen sich an wie ein körperlicher Schmerz, während die eigenen Worte ins Leere laufen und keinen Bezug zur Realität der anderen haben. Die Situation ist schmerzhaft und unbegreiflich. Verstehen wächst in Psalm 73 erst in der Berührung mit den „Heiligtümern Gottes“. Die vergeblichen Versuche, die Fremdheitserfahrung
zu deuten, dauern an, „bis ich in die Heiligtümer Gottes kam und ihr Ende verstand“ (V 17).
Zu diesen Heiligtümern gehören vermutlich Gottesdienste im Jerusalemer Tempel, die Lektüre überlieferter Texte und sicherlich auch der Schabbat, denn auf den Schabbatpsalm, Psalm 92, wird im dritten Teil des 73. Psalms Bezug genommen. Zeiten und Orte, an denen noch von Israels Gottheit erzählt wird, helfen die eigene Situation zu begreifen. Theologie wird in Fremdheit und Sprachlosigkeit zur Befreiung. Plötzlich versteht die Beterin die Kraft der Gemeinschaft, die sie bindet und zur Außenseiterin macht. Es ist die Kraft des Gottes, der die Gestorbenen lebendig macht. Die Mütter und Väter im Glauben reden in unserer Gegenwart ein Wörtchen mit. Ihre Hoffnung, dass es mit der Gerechtigkeit endlich was wird, kommt unserer Hoffnungslosigkeit zu Hilfe. Psalm 73 geht – wie wir es auch in unserem Glaubensbekenntnis aussprechen – davon aus, dass in der „Gemeinschaft der Heiligen“, einer Gemeinschaft der Lebenden und schon Gestorbenen, die Macht und Wirklichkeit Gottes erfahrbar wird.
Eine neue Lebensperspektive öffnet sich. Der dritte Teil des Psalms (VV 18-28) spricht davon. Die Präsenz der Gestorbenen im Heute, die die Beterin in ihrer Unfähigkeit zum Verrat erfahren hat, zeigt ihr, wie es um sie steht und was auf sie zukommt. Selbst in den Zeiten, als sie voller Widerstand und Zorn gegen Gott war und die Sprache der Zeit lernen wollte, war sie – ein Rindvieh zwar (V 22), aber – bei Gott. „Doch ich war und ich bin stets bei dir, Du hast meine rechte Hand ergriffen, du leitest mich mit deinem Rat und nimmst mich am Ende in Würde an. … Auch wenn mein Körper und Herz vergehen, Fels meines Herzens, mein Erbteil ist Gott für immer.“ (VV 23-24.26) Die Beterin war, ist und bleibt bei Gott. Ihr Leben ist in Gott geborgen, auch über den Tod hinaus. Am Ende wird ihr Leben von Gott genommen. Es wird angenommen und ihre Würde wird sichtbar. All ihr Ringen um Fairness und die Achtsamkeit gegenüber Menschen am Rande der Gesellschaft geht nicht ins Leere, sondern geht in Gottes Leben ein.
Der Psalm beschreibt einen Erkenntnisweg, den wir in den neutestamentlichen Schriften wiederfinden, wenn unsere Mütter und Väter versuchen, Jesu Auferstehung zu verstehen und zu glauben. Sie erfahren nach seiner Hinrichtung die Präsenz Jesu ohne zu begreifen. Erst in der Auseinandersetzung mit „Tora, Prophetie und Psalmen“ (Lk 24,44) finden sie Worte und Erklärungen für das, was ihnen widerfahren ist: die Auferstehung Jesu aus den Toten. Zum Bekenntnis der Auferstehung Jesu gehört deshalb der Verweis auf die Schriften. Paulus formuliert: „Ich habe euch weitergegeben, was auch ich empfangen habe: dass Christus gestorben ist für unsere Sünden gemäß den Schriften, dass er begraben wurde und dass er am dritten Tage auferweckt worden ist gemäß den Schriften“ (1 Kor 15,3f).
Darum ist es nicht in Ordnung, wenn wir die Auferstehungshoffnung in Psalm 73 vom Neuen Testament her interpretieren und behaupten, dass wir den Psalm nur lesen und verstehen können, weil wir in Jesus Christus „das Wunder der Gemeinschaft mit Gott (erfahren), das alle Leiden, ja auch den Tod, überwindet.“6 Vielmehr gilt umgekehrt: Wenn wir Psalm 73 beten, beginnen wir zu verstehen, wie Jesus und seine Schülerinnen und Schüler zur Gewissheit der Auferstehung gekommen sind. Denn wer Psalm 73 betet, lernt die eigene Bindung an die Mütter und Väter im Glauben zu deuten: Sie sind in Gott geboren und lebendig. Ihre Stimmen und Geschichten, die sich einstellen, bezeugen den unzerstörbaren Bund Gottes mit den Menschen und schließlich auch Gottes Verbundenheit mit mir. Gott lässt mich nicht los, bewahrt die Würde und Integrität meines Lebens auch angesichts des Todes. Und so lernen wir in Psalm 73 auch das merkwürdige Auferstehungszeugnis der neutestamentlichen Texte zu verstehen. Sie wollen Jesu Auferstehung erzählen, berichten aber nicht von Jesu Leben nach dem Tod, sondern von Jesu Treue zu Gott und Menschen und seinem Widerstand gegen Anpassung und Kollaboration. Denn die Würde und Integrität dieses Lebens, das er in der Gemeinschaft von Menschen gelebt hat, wird von Gott aus dem Tod gerettet und ist als Leben spendende Kraft unter uns gegenwärtig.
„Gott nahe zu sein ist mein Glück“ – Psalm 73 redet mitten in einer bedrohten Welt von Glück. Die hebräische Formulierung kiravat elohim, „Annäherung Gottes“ oder „Nähe Gottes“ lässt offen, ob Gott Subjekt oder Objekt des Nahens ist. Beides ist gemeint. Gott bleibt mir nahe, selbst wenn ich mich wie ein Rindvieh aufführe. Diese Treue Gottes hat der Psalm ausführlich beschrieben. Jetzt, im Resümee, liegt das Gewicht auf der menschlichen Antwort. Zwei Sätze, die unser Tun zum Thema haben, entfalten die Worte der Jahreslosung. Der erste Satz ist Rückblick und beschreibt die Reaktion auf Gottes Nähe: „Ich fand meine Zuflucht beim Herrn, der Ewigen“ (V 28b). Mitten in erbärmlichen Lebensverhältnissen hat die Beterin eine Heimat gefunden, die es ihr möglich macht, sich von dem Elend frei zu machen. „Bei dir gefällt mir nichts auf der Erde“ (V 25) – indem sie es ausspricht, kann sie von dieser krisengeschüttelten Erde Abschied nehmen. Der zweite Satz führt zurück zur Erde und konkretisiert das Glück. „Ich will erzählen von all deiner Arbeit“ (V 28c). Gott arbeitet noch! In der Bedeutung, die Gott menschlichen Geschichten gibt, hat die Beterin Gottes Engagement erfahren. Von Anbeginn der Zeit bis heute arbeitet Gott an einer Welt, in der Menschenkinder in Frieden leben können und zählt dabei auf seine Menschen. Er sammelt ihr Leben, ihre Liebe, ihre Tränen, ihr Tun und gibt ihnen Macht von Generation zu Generation. Und – auch darin ist Psalm 73 sich sicher – Gott schneidet Untaten die Wirkmacht ab (VV 18-20.27). An dieser Geschichte teilzuhaben ist Glück. Getröstet können wir das Naheliegende tun. Denn wir wissen, dass unser Tun nicht verloren geht, sondern andere Menschen zu Treue ermutigen und zu Verantwortung rufen wird – wie wir es selbst in der
Begegnung mit den Müttern und Vätern des Glaubens erfahren haben. Wir gehören zu einer Geschichte, in der Menschen Gerechtigkeit und Frieden erwarten. Von dieser Geschichte können wir erzählen.
Vorbereitung: Psalm 73 (s.S. 42-43) in Kopie für alle; VV 4-12 einzeln auf Papierstreifen; andersfarbige Papierstreifen; Stifte
Kopiervorlagen für AbonnentInnen unter www.ahzw-online.de / Service zum Herunterladen vorbereitet
Einstieg
Die Leiterin weist darauf hin, dass die Jahreslosung 2014 Psalm 73,28 entnommen ist und lädt ein, den Psalm gemeinsam (versweise reihum) zu lesen. – Assoziationen und erste Gedanken in den Raum stellen lassen
Die Leiterin erläutert: Die Formulierung der Jahreslosung „mein Glück“ ist der Einheitsübersetzung entnommen – wörtlich übersetzt: „ist gut für mich“. Das doppelte „gut für“ (V 1: für Israel, V 28: für mich) rahmt den Psalm. Es ist ein langer Weg: von der Erfahrung „Gott ist gut für Israel“ bis zum Bekenntnis „Gott ist gut für mich“. Diesen Weg in drei Etappen (3 Psalm-Strophen) wollen wir nachgehen.
Das Glück der „Frevler“
VV 4-12 schildern die gesellschaftliche Realität: Das „Glück“ ist nicht auf Seiten derer, „die aufrichtigen Herzens“ sind, sondern bei den „Frevlern“, „Kriminelle“ in heutiger Sprache. – Verse einzeln auf Papierstreifen schreiben und in die Mitte legen; je 2-3 TN „übersetzen“ je 1-2 Verse in heutige Sprache und gesellschaftliche Realität (andersfarbige Papierstreifen); Psalmverse in der ursprünglichen Reihenfolge untereinanderlegen, daneben die Übersetzungen; gemeinsam laut lesen
Die Wende
VV 13-17 markieren die „Wende“ der Psalmbeterin: von der Rede über Gott zur Anrede Gottes (V 15b). – Kap. „Gottes Nähe“ (S. 8) bis „… Verbundenheit von Menschen erfahrbar gemacht hat“ vorlesen; VV 13-17 noch einmal laut lesen; Zeit zum Nachdenken und Erinnern: Wer sind die (noch lebenden oder schon verstorbenen) Menschen aus der „Gemeinschaft der Kinder Gottes“, die MICH halten und zum Engagement / zur Solidarität mit denjenigen „am Rande“ rufen, die ICH nicht verraten kann und will? Erzählrunde anregen
Bekenntnis der Nähe Gottes
VV 21-24 beschreiben die Erfahrung der Psalmbeterin: Gott ist treu – auch wenn ich mich „wie ein Rindvieh“ benehme. Und ja: Gott wird sehr wohl mit den Frevlern „fertig“! (VV 18-20.27) Gott arbeitet weiter (V 28c) an einer Welt, in der die Menschenkinder in Frieden leben können – und zählt dabei auf seine Menschenkinder. Ihre Leben, ihre Tränen, ihre Hoffnungen und ihr Tun sind nicht vergebens. An dieser Geschichte teilzuhaben, ist „Glück“ – ist „gut für Israel“ und „gut für mich“. – Austausch: Wo bringt MEIN Leben, MEIN Engagement Frucht für die „Gemeinschaft der Gotteskinder“?
Abschluss
– kurze Reflexion: Welchen Gedanken nehme ich mit nach Hause?
– Lied: In uns kreist das Leben (EG 670) oder Sonne der Gerechtigkeit (EG 262, 1-2+6)
Prof. Dr. Klara Butting leitet das Zentrum für biblische Spiritualität und gesellschaftliche Verantwortung an der Woltersburger Mühle in Uelzen. Sie ist Mitherausgeberin der Jungen Kirche und apl. Professorin an der Universität Bochum.
Mehr unter www.jungekirche.de und www.woltersburgermuehle.de
Klara Butting widmet diese Bibelarbeit Ton Veerkamp zum 80. Geburtstag.
Anmerkungen
1) Übersetzung des Psalms siehe S. 42-43
2) Zwischen Autonomie und Angewiesenheit. Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken. Eine Orientierungshilfe des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Gütersloh 2013.
3) ideaSpektrum 26/2013,10; vgl. dazu Klara Butting, Kirche unter Beschuss. Zur Diskussion um Ehe und Familie, in: Junge Kirche 3/2013, 37-39.
4) Vgl. Rainer Kessler, Sozialgeschichte des alten Israels. Eine Einführung, Darmstadt 2008, 173ff.
5) Die Vision einer anderen Welt. Gespräch mit Ton Veerkamp, in: Junge Kirche 2/2012, 34-40.
6) So z.B. Hans-Joachim Kraus, Psalmen, Bd. 2. Psalm 60-150. Biblischer Kommentar Altes Testament, Neukirchen-Vluyn 1978, 675.
zum Weiterlesen
Klara Butting: Erbärmliche Zeiten – Zeit des Erbarmens. Theologie und Spiritualität der Psalmen, Uelzen 2013
Erich Zenger: Die Nacht wird leuchten wie der Tag. Psalmenauslegungen, Freiburg im Breisgau 1997
Eine letzte Ausgabe der leicht&SINN zum Thema „Bauen“ wird Mitte April 2024 erscheinen.
Der Abschluss eines Abonnements ist aus diesem Grund nicht mehr möglich.
Leicht&Sinn - Evangelisches Zentrum Frauen und Männer gGmbH i. L. | AGBs | Impressum | Datenschutz | Cookie-Einstellungen | Kontakt
Wenn Sie noch kein Passwort haben, klicken Sie bitte hier auf Registrierung (Erstanmeldung).