Ausgabe 1 / 2012 Bibelarbeit von Carla Maurer

Gratwanderung zur kirchlichen Einheit

Bibelarbeit zu Epheser 4,2-6

Von Carla Maurer

Ephesus im ersten nachchristlichen Jahrhundert ist ein kultureller Schmelztiegel. Die unterschiedlichen Traditionen und Kulturen prägen auch die Glieder der christlichen Gemeinde, die zunehmend Anhänger und Anhängerinnen gewinnt und so die religiöse Vielfalt in der Stadt erweitert – wohl nicht zur Freude der ansässigen Kulte und Religionen.

Das kunterbunte und großstädtische Milieu gefährdet allerdings auch die Existenz einer sich eben erst konstituierenden Religionsgemeinschaft. Das Christentum ist rund 80 Jahre nach Jesu Tod gerade im Entstehen begriffen. Ungefähr zu dieser Zeit wird der Epheserbrief verfasst. Der Apostel Paulus(1) erwähnt Anfechtungen von außen wie auch Schwierigkeiten innerhalb der Gemeinde. Die Eindringlichkeit, mit der der Brief die Gemeinde auf die Wichtigkeit von Einheit und Einigkeit hinweist, deutet darauf hin, dass ihr Platz in der Gesellschaft auf wackeligem Fundament steht und dass es auch in der Gemeinde nicht ganz so friedvoll zugeht.

Mit dem Wirken des Paulus erfährt das Christentum eine ganz neue Dimension, die diese werdende Religion in einen universalen Zusammenhang stellt. Das Christentum soll sich nicht einfach auf lokales Kirche-sein für einige wenige beschränken, sondern es soll zugänglich sein für alle, sogar aktiv neue Menschen gewinnen, die an die Heilsbotschaft Jesu glauben. Konfliktfrei geht dieser paulinische Ansatz jedoch nicht über die Bühne. Die ersten Christen und Christinnen sind Jüdinnen und Juden, die daran glauben, dass dieser Jesus der ersehnte Erlöser des jüdischen Volkes ist. Durch die paulinische Mission suchen jedoch immer mehr nicht-jüdische Menschen Zugang zum Christentum – und so wird alsbald darüber gestritten, unter welchen Voraussetzungen man eigentlich beitreten darf.

Paulus gibt mit seiner Vision der Universalkirche den entschiedenen Impuls: Jeder Mensch kann Christin oder Christ werden, auch die sogenannten „Heiden“, die hellenistisch-griechische Bevölkerung. In der Gemeinde in Ephesus führt dies zu Konflikten zwischen bekehrten Juden und Griechinnen. Dagegen setzt Paulus das Konzept einer universalen Kirche, die die Trennung zwischen Jüdinnen und Griechen überwindet. Auch die bekannten Worte aus dem Galaterbrief stammen von Paulus: „Da ist nicht jüdisch noch griechisch, da ist nicht versklavt noch frei, da ist nicht männlich und weiblich.“ Schafft die Gemeinde es, trotz grundlegender Unterschiede, „ein Leib und ein Geist“ zu werden?

Zank um den einen Leib

Aus den labilen christlichen Gemeinden der Anfänge ist die Weltreligion Christentum geworden. Dass es das Christentum bis heute gibt, ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass es neue Einflüsse immer zu integrieren versuchte und zugleich Traditionen pflegte und verteidigte – allzu oft leider auch mit grausamer Gewalt.

Gemeindeglieder haben verschiedene kulturelle, ökonomische und religiöse Hintergründe. Diese Erfahrung machen Christen und Christinnen bis heute. Kirche versteht sich als weltweite Kirche aufgrund ihrer gemeinsamen Berufung auf den einen Gott und auf Jesus als den Christus, dessen Botschaft für die ganze Menschheit als heilend gilt. So wird Kirche zur bunt zusammen gewürfelten Gemeinschaft von Gläubigen und ist fest verankert in einer multikulturellen Welt. Der Epheserbrief bringt das Dilemma zwischen Einheit und Unterschiedlichkeit auf den Punkt – und bleibt damit bis heute neutestamentliches Herzstück der ökumenischen Christenheit. Kaum eine ökumenische Veranstaltung, kaum eine ökumenische Feier, die nicht an die Botschaft in Epheser 4,4-5 erinnert: Es gibt einen Leib und einen Geist. Es gibt einen Gott, einen Glauben und eine Taufe. Darum rankt sich die Ökumene – und darum zankt sich die Ökumene. Denn welche Gemeinsamkeiten die Christenheit eigentlich verbinden und welche Unterschiede es zu überwinden oder stehen zu lassen gilt, darin ist man sich in der Ökumene nicht einig. Das war schon eine Herausforderung für die ersten christlichen Gemeinden und ist bis heute eine zentrale Herausforderung der Kirchen geblieben.

Gratwanderung Ökumene

Die Forderung nach Gemeinsamkeit kann die Kirche überfordern. Paulus war sich dessen bewusst und hat seine Worte sorgfältig gewählt. Seine Wortwahl gleicht einer Gratwanderung. Das Pochen auf Gemeinsamkeit kann leicht ins Gegenteil kippen und die kreative Dynamik unterdrücken, die aus Unterschieden heraus entsteht und eine zukunftsträchtige Entwicklung erst mög-lich macht. Andererseits: Wie viel Unterschiedlichkeit kann einer Gemeinde zugemutet werden, ohne dass sie
das gemeinsame Ziel aus den Augen verliert und zerfällt? Paulus spricht im Epheserbrief zwei Ebenen an: der Umgang der Menschen miteinander und die Bewahrung der Einheit in Gemeinde und Kirche.

„Lebt der Berufung würdig in aller Demut, Sanftmut und Geduld. Ertragt einander in Liebe.“ So heißt es im Epheserbrief in der Übersetzung nach Luther, der damit den Begriff der Demut im deutschen Sprachgebrauch und in der evangelischen Theologie nachhaltig geprägt hat. Auseinandersetzungen gehören zur Alltagsrealität. Bescheidene Zurückhaltung, ruhige Toleranz und Geduld den anderen gegenüber sollen helfen, Eskalation zu vermeiden und in Frieden und als Einheit zusammenzuleben, auch wenn man den einen oder die andere nicht besonders leiden kann oder in gewissen Fragen anderer Meinung ist.

Die feministische Theologie hat die Begriffe der Demut und Sanftmut einer fundamentalen Kritik unterzogen. In nachreformatorischer Zeit nämlich wurden diese Werte bald einer allgemeinen Unterwürfigkeit gleichgesetzt, worunter besonders Frauen zu leiden hatten. Die demütige Haltung der Frau in Gesellschaft und Privatleben wurde zum Joch, legitimiert durch die einseitige Interpretation der biblischen Botschaft. Hier lohnte ein Blick in die Bibel in gerechter Sprache, die das Image der lutherischen Demut entstaubt und dem griechischen tapeinophrosyne etwas von seiner ursprünglichen Bedeutung zurück gibt. Demut wird mit Bescheidenheit übersetzt, Sanftmut mit Freundlichkeit: „Lebt mit aller Bescheidenheit und Freundlichkeit, mit Geduld, als solche, die einander in Liebe ertragen.“ Die Perspektive des anderen führt zum Gemeindewohl ebenso viel bei wie die eigene Meinung. Erst Bescheidenheit in Bezug auf die eigene Meinung führt zu einer respektvollen Haltung gegenüber der Meinung der Mitmenschen.

Auf theologischer Ebene erinnert Paulus an das Band, das die Gemeinde zusammenhält: Da ist ein Leib und ein Geist, eine Hoffnung, ein Herr, eine Taufe, ein Glaube. Da ist ein Gott. Die Kirche wird dazu angehalten, an diesem Leib zu bauen. Der Katalog ist denkbar vage formuliert und eschatologisch angelegt, also als eine Hoffnung für die Zukunft. Wie es um die Zukunftsträchtigkeit dieser Gemeinschaft steht, im gemeinsamen Glauben an den einen Gott, symbolisiert durch die eine Taufe, steht und fällt mit dem alltäglichen Zusammenleben der Gemeinde. Paulus ermahnt nicht, die Gemeindehierarchie zu respektieren. Auch erwähnt er nicht die gemeinsame gottesdienstliche Praxis. Wie sich die gemeinsame Hoffnung im kirchlichen Alltag manifestiert, hängt von der Beziehungsgestaltung der Gemeindeglieder ab.

Kirche der Trennungen

Über 2000 Jahre nach dem Paulusbrief an die Gemeinde in Ephesus haben sich kirchliche Strukturen etabliert, wie sich das die ersten Christen und Christinnen wohl nicht hätten vorstellen können. Neue Kirchen sind entstanden. Trennungen zwischen verschiedenen christlichen Traditionen haben tiefe Gräben gerissen und zu blutigen Kriegen geführt. Dahinter standen stets machtpolitische Anliegen und die theologische Debatte, was denn nun das „richtige“ Christentum sei. Die Streitigkeiten entzündeten sich an Debatten um die Auffassung des dreieinigen Gottes, um die Anerkennung der Taufe, die Ordination oder um das „richtige“ Abendmahlsverständnis. Paulus hätte die Tugenden der Freundlichkeit, Bescheidenheit und Geduld in diesen Auseinandersetzungen der Kirchenfürsten mit der Lupe suchen müssen.

Das große Schisma zwischen der Orthodoxie und der katholischen Kirche besteht seit bald 1000 Jahren und geht neben theologischen Differenzen auch auf die kulturelle und politische Trennung des römischen Reiches zurück. Mit der Reformation erfolgte innerhalb der West-Kirche die Trennung zwischen katholischer und evangelischer Kirche, wobei es auch innerhalb der Reformationskirchen zu mehreren Trennungen kam. Kurz: Die kirchliche Landschaft in Europa gleicht einem Patchwork-Teppich, entstanden in Wechselwirkung mit politischen Prozessen. Kultur, Politik und Konfession sind eng miteinander verbunden und beeinflussen die Sichtweise und das Gemeindeleben der Gläubigen. Jede Religion ist kulturell geprägt und jede Kultur ist weltanschaulich-religiös geprägt. Damit Ökumene gelingen kann, ist dieses Verständnis zentral: Ökumene bedeutet nicht nur interkonfessionelle, sondern immer auch interkulturelle Auseinandersetzung.

Das gemeinsame Haus

Wie steht es um die heutige Ökumene – und was verbirgt sich eigentlich hinter diesem Begriff? Das griechische Wort oikumene bedeutet „das gemeinsame Haus“. Ein Haus also, eine Kirche, oder nach Paulus, ein Leib, dem sich alle Christen und Christinnen zugehörig fühlen, durch das Band des Friedens vereint. Spricht man heute von der Ökumene, ist damit allerdings meistens die moderne ökumenische Bewegung gemeint, die 1910 mit der Weltmissionskonferenz in Edinburgh ihren Anfang nahm.

Die europäische ökumenische Bewegung bemüht sich darum, dass sich die Kirchen über alle Trennungen und Differenzen hinweg wieder annähern und eine gemeinsame Sprache finden. Neben einer breiten ökumenischen Basisbewegung, die – oft auch gegen die theologischen Richtlinien der Kirchenhäupter – gemeinsam feiert und lebt, haben sich zahlreiche ökumenische Organisationen entwickelt. Hier wird darüber debattiert, wie die gemeinsame Kirche gestaltet werden kann und wofür sie sich in Europa einsetzen soll. Damit tun die europäischen Kirchen unter veränderten Bedingungen das, wozu Paulus angehalten hat: unter Respektierung der Unterschiede die Gemeinschaft der Kirche aufzubauen.

Der Ansatz zur Einheit in Verschiedenheit ist eine von zwei Haupttendenzen innerhalb der ökumenischen Bewegung; eine andere Gruppierung vertritt die Meinung, dass die Kirchen auf eine Vereinheitlichung hin arbeiten müssen. Das ferne Ziel, die große Hoffnung ist die Wiedervereinigung der Konfessionen unter einem Dach. Orthodoxe, katholische, evangelische und freikirchliche Konfessionen würden einander dann vollständig anerkennen, die Taufe und die Ordination der anderen als gleichwertig akzeptieren. Die gemeinsame Abendmahlsfeier würde zum Zentrum der einen weltweiten Kirche werden. Von diesem Ziel ist die heutige Realität meilenweit entfernt. Vor allem bei der Abendmahlsgemeinschaft und der Frauenordination sitzt die Spaltung tief und scheinen die theologischen Differenzen unüberwindbar. Immerhin haben die Kirchen sich dazu entschließen können, die Taufe gegenseitig anzuerkennen.

Für die Menschen an der Basis birgt die von oben festgeschriebene Spaltung ein Dilemma. Längst gibt es Gemeinden, die trotz dieser Anweisungen ökumenisch sind und ökumenisch feiern – auch das Abendmahl. Eine davon ist die ökumenische Gemeinde Halden in St. Gallen (Schweiz). In den 1970-er Jahren haben die Katholiken und die Reformierten im Osten der Stadt ein gemeinsames Gemeindezentrum gegründet. Aus dem Gemeindezentrum wurde eine Quartierkirche, die vom katholischen Pastoralassistenten und vom reformierten Pfarrer gemeinsam geleitet wird. Nicht nur äußerlich ist die Kirche eine Einheit, sondern auch administrativ und finanziell wird die Gemeinde gemeinsam getragen. Alle Projekte sind konfessions- und religionsübergreifend angelegt und werden aus der Gemeinschaftskasse finanziert. Für die Gemeindeglieder in der Haldenkirche ist die Ökumene eine Selbstverständlichkeit, nach eigenen Aussagen so selbstverständlich, dass man manchmal gar nicht so genau weiß, welcher Konfession der oder die andere eigentlich angehört. Diese Selbstverständlichkeit hat aber auch eine Schattenseite. Denn eine solche Basis-Ökumene schrammt stets ganz knapp an dem vorbei, was die katholische Kirche erlaubt – ökumenisches Zusammenleben in der Grauzone. Das Fortbestehen hängt von der Toleranz des zuständigen Priesters ab, der sich schützend vor die Gemeinde stellt. Bei einem Personalwechsel könnten sich die Vorzeichen verändern, eine gemeinsam aufgebaute Praxis hinter den erreichten Standard zurückfallen.

Rebellion oder Gehorsam?

Dass gewünschte oder gelebte Gemeinsamkeit auch zu Konflikten führen kann, zeigt ein anderes Beispiel. Im Ökumenischen Forum Christlicher Frauen in Europa (ÖFCFE) treffen sich Frauen baptistischer, lutherischer, orthodoxer, reformierter und katholischer Konfession, um voneinander zu lernen, sich über die Situation in den jeweiligen Ländern und Kirchen auszutauschen und wichtige Themen wie Ökologie, Frauen in Führungspositionen oder intergenerationellen Dialog gemeinsam weiterzuentwickeln. Das Forum wurde vor 30 Jahren auf Anstoß des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK) gegründet, weil die Frauen bis anhin keine Stimme in der Ökumene hatten. Ökumenische Konferenzen, Beziehungen und Themen -wurden von Männern bestimmt. Die Gründung des ÖFCFE geschah im Bemühen, Frauen in das gemeinsame Haus einzubinden. Teilweise ist dies auch gelungen. Die Präsenz von Frauen in anderen ökumenischen Institutionen ist gestiegen. Doch bis zu einer wirklich partnerschaftlichen und gerechten Zusammenarbeit zwischen den Geschlechtern ist es noch ein langer Weg. Die meisten Kirchen sind nach wie vor von den über Jahrhunderten gewachsenen patriarchalen Strukturen und Denkmustern geprägt.

Ein Thema, das sich Frauen gerade wegen ihrer untergeordneten Rolle in den Kirchen besonders stellt, ist die Frage nach dem gemeinsamen Feiern des Abendmahls. Die Weisungen der orthodoxen und katholischen Kirchen sind klar: Dieses Tabu wird in näherer Zukunft nicht aufgehoben werden. Dabei sind es gerade Frauen, die das kirchliche Leben durch ihre freiwillige Basisarbeit maßgeblich mitbestimmen und Wege des gemeinsamen Feierns suchen. Rebellion oder Gehorsam? In hitzigen Debatten darüber scheiden sich die Geister. Eine Gruppe von Frauen will die Weisungen der Patriarchen und des Papstes ignorieren und eine gemeinsame Praxis einführen, die alle Gräben überwindet. Sie möchten öffentlich über ihre Erfahrungen reden, die erst aus Ungehorsam ermöglicht wurden. Andere Frauen wehren sich vehement gegen eine gemeinsame Abendmahlspraxis – nicht nur aus Gehorsam sondern auch, weil ihre Teilnahme am Frauenforum von den Kirchenleitungen beobachtet wird. Sollte dabei entdeckt werden sollte, dass die Frauen Weisungen missachten, könnte, so die Befürchtung, der Ausschluss aus der Kirche drohen oder das Verbot, weiter im Forum mitzuarbeiten.

„Einheit in Vielfalt“ – dieser ökumenische Ansatz kann auch zu einer gewissen Faulheit des Geistes verleiten: Die anderen sind halt anders, also schauen wie gar nicht so genau hin. Gerade für Frauen ist es wichtig, auf gemeinsame Grundlagen zu pochen, wo theologische Differenzen zu Diskriminierung führen. Es ist zum Beispiel unbedingt notwendig, dass die evangelischen Kirchen sich auf die Ordination von Frauen einigen. Die Würdenträger der lutherischen Kirchen in Litauen, Lettland oder Polen etwa müssen mit Nachdruck an den ökumenischen Verhandlungstisch gebeten werden. Darüber hinaus ist dies ein wünschenswertes Ziel für alle Konfessionen. Drängen auf Gemeinsamkeit hat durchaus seine Berechtigung. Auch soll sich unter dem Deckmantel „Einheit in Vielfalt“ kein Mensch verstecken oder gar um seine kirchliche Zugehörigkeit zittern müssen, weil er mit orthodoxen, evangelischen und katholischen Mitchristen und Mitchristinnen das Abendmahl teilt.

Rebellion oder Gehorsamkeit, Gemeinsamkeit oder Vielfalt – die Grenzen sind dynamisch und immer wieder neu zu definieren. Paulus hat den einen Leib, den Leib Kirche, nicht genau definiert, sondern Spielraum für Veränderungen aufgetan. Eine positive Beziehungsdynamik in den Gemeinden ist die Grundlage für solche Veränderungen.

Für die Arbeit in der Gruppe

Material:
handgroße Karten, mindestens drei pro Person; Filzstifte; Pinnwand und Stecknadeln

Ablauf:
Jede Teilnehmerin bekommt drei Karten und einen Stift. Nach einem Input zum oben ausgeführten Thema fragt die Leiterin:
– Was gehört für mich zum ‚einen Leib Kirche' unbedingt dazu?
– Welche Grundwerte will ich mit allen Christen und Christinnen auf der Welt teilen?
– Welche Gräben möchte ich in der Kirche überwinden?

Jede Teilnehmerin findet für sich drei Antworten und notiert diese auf je eine Karte. Wie auf einem Marktplatz können die Frauen ihre Antworten nun „verhandeln“. Sie bewegen sich im Raum und kommen miteinander ins Gespräch über ihre Antworten, zu zweit oder in kleinen Gruppen. Diese können sich ständig ändern. Man kann in diesen Gesprächen Karten tauschen, wenn einem eine andere Antwort besonders gut gefällt. Dazu muss man eine der eigenen Karten anpreisen.

Nach 15-20 Minuten wird der Marktplatz geschlossen und jede Teilnehmerin hat drei Karten in der Hand – die eigenen und/oder andere. Alle stellen sich in einen Halbkreis um die Pinnwand und heften reihum jene Antwort an die Wand, die ihnen am wichtigsten ist. Die ausgesuchte Antwort wird begründet. Anschließend tauschen die Teilnehmerinnen sich über das Ergebnis aus.

Die Übung ist ökumenisch besonders interessant, kann aber auch in konfessionellen Gruppen durchgeführt werden.

Carla Maurer, 31 Jahre, ist reformierte Theologin und Pfarrvikarin in St. Gallen/Schweiz. Sie ist Mitglied im europäischen Vorstand des Ökumenischen Forums christlicher Frauen in Europa ÖFCFE.

Anmerkungen:
1 Wahrscheinlich hat Paulus diesen Brief nicht selbst verfasst. Die ForscherInnen gehen mehrheitlich von einer Paulus nahe stehenden Person als Autor aus. Die Frage ist für unseren Zusammenhang aber zweitrangig.

Ephesus ist zu Lebzeiten des Apostels Paulus eine der bedeutendsten und reichsten griechischen Städte Kleinasiens und ein wichtiges Hafenhandelszentrum am Ende der Karawanenstraße aus Asien. Erst im 3. Jahrhundert verliert die Stadt wegen der Versandung des Hafens an Bedeutung.

Heute befindet sich die archäologische Stätte Ephesus mehrere Kilometer im Landesinneren. Um 80 n.Chr. jedoch verfügt die Stadt über Bäder, Bibliotheken, einen Marktplatz und ein großes griechisches Theater. Eine besondere Herausforderung für die junge christliche Gemeinde stellt der Artemiskult dar, der im großen Tempel beheimatet ist – eines der sieben antiken Weltwunder. Die Riten und Praktiken des Artemiskultes sind für Außenstehende nur schwer nachvollziehbar. Die Geschehnisse im Tempel haben etwas Mysteriöses an sich.

Auch der Kaiserkult spielt eine wichtige Rolle im Alltag der Menschen. Der römische Kaiser verlangt von all seinen Untertanen, dass sie allein ihm huldigen und sieht den christlichen Ein-Gott-Glauben als Bedrohung seiner Allmacht. Ephesus ist eine religiöse Stadt, aber gleichzeitig auch eine Stadt des Konsums und des Vergnügens. In der Stadt leben zur Zeit Paulus etwa 200.000 Einwohner und Einwohnerinnen. Vergleichsweise hatte die Stadt wohl die Bedeutung Istanbuls, Budapests oder Londons heute.

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