Ausgabe 2 / 2013 Bibelarbeit von Stefanie Schardien

Größere Liebe hat niemand?

Bibelarbeit Johannes 15,13

Von Stefanie Schardien

Organspende gleich Lebenshingabe. Lebenshingabe gleich Ausdruck
der größtmöglichen Liebe. Also ist Organspende Ausdruck der größtmöglichen Liebe und folglich zu befürworten.

So lautet die Gleichung, die vielen christlichen und kirchlichen Positionierungen zum Thema Organspende zugrunde liegt, wenn sie Joh 15,13 zitieren. „Niemand hat größere Liebe als die, dass er sein Leben hingibt für seine Freunde.“ Dieser Vers soll – bei allem ausdrücklichen Respekt für Menschen, die nicht spenden möchten – die nahezu einhellig wohlwollende christliche Haltung gegenüber der Organspende unterstützen. In diesem Sinne haben auch die Katholische Bischofskonferenz und die Evangelische Kirche in Deutschland in ihrer Gemeinsamen Erklärung „Organtransplantation“ 1990 geschrieben: „Zugleich kann in der Organspende noch über den Tod hinaus etwas spürbar werden von der ,größeren Liebe' (Joh 15,13), zu der Jesus seine Jünger auffordert.“1

Wer angesichts der bereits erfolgten oder bald zu erwartenden Aufforderung der Krankenkasse, sich mit der eigenen Bereitschaft zur Organspende auseinanderzusetzen, auf der Suche nach Orientierung ist, mag sich auf den ersten Blick erleichtert zurücklehnen: Wie praktisch, wenn es klare Ansagen gibt, noch dazu durch Jesus selbst. Wie beruhigend, wenn sich die evangelische und katholische Kirche in diesem bioethischen Konflikt ganz einig sind und den zahlreichen Spendeaufrufen durch Politik, Medizin und Verbände ihren Segen erteilen.

Argument für Organspende?

Mit dem zweiten Blick aber kommen Zweifel auf. Sie richten sich erstens auf die vermeintlich inhaltliche Eindeutigkeit dieses Verses und seine normative Kraft in der Entscheidung für oder gegen Organspende. Das gilt es zu prüfen, weil der Vers keinen unerheblichen moralischen Druck ausübt, jedenfalls auf viele christlich sozialisierte Hörerinnen und Hörer. Wer will, wer kann sich einem solch klaren Aufruf zur Nächstenliebe schon verweigern?
Zweitens richten sie die Zweifel auch grundsätzlicher auf den Umgang mit biblischen Texten in modernen ethischen Konflikten. Diese Anfrage beschäftigt die evangelische Theologie immer wieder. In so gut wie jeder aktuellen ethischen Debatte – etwa um das Lebensende oder Homosexualität – werden bestimmte Bibelstellen zitiert, die eine Eindeutigkeit der jüdisch-christlichen Botschaft belegen sollen. Umgekehrt verwehren sich die Gegenseiten oft gegen die Verwendung der biblischen Argumente, indem sie auf die völlige Kontextvergessenheit solchen Zitierens hinweisen oder auf die gar nicht vergleichbaren sozialen Rahmenbedingungen.

Dabei gilt ja beides: Einerseits lassen sich biblische Aussagen wie die von der Lebenshingabe nicht einfach eins zu eins auf unsere gegenwärtigen Herausforderungen übertragen. Kulturelle Hintergründe, gesellschaftliche Konventionen, persönliche Hoffnungen – all das schlägt sich im Verfassen, aber auch im Hören von Texten nieder. Erkenntnisse aus anderen Wissenschaften – im Falle der Organtransplantation etwa aus Medizin und Recht – bestimmen die ethischen Überlegungen ebenfalls maßgeblich. Andererseits gehört die Schrift nun einmal zum Kernbestand der protestantischen Theologie. Biblische Texte dürfen mithin nicht einfach ignoriert oder weichgespült werden, nur weil sie zu sperrig erscheinen oder den eigenen Vorstellungen widersprechen. Ein redlicher Umgang mit der Bibel in ethischen Fragen verlangt also, beide Anliegen zu berücksichtigen. Das Auslegen eines Textes wird dadurch nicht selten auch zum Ringen mit ihm – immer neu fragen sich der Text und die Hörenden wechselseitig auf die zugrunde liegenden Erwartungen, auf die Rolle der Rahmenbedingungen und die mögliche Geltung des Gesagten an.

Eine Voraussetzung für diesen Prozess besteht in der sorgsamen Analyse des biblischen Textes selbst. Damit kommt der erste Zweifel in den Blick: Worum geht es in Joh 15,13 überhaupt? Lässt es sich rechtfertigen, diesen Vers in die Organspende-Debatte einzuspielen?

Ein Gebot der Liebe?

Joh 15,13 gehört zu den sogenannten Abschiedsreden des Johannesevangeliums (Joh 13,31-16,33). Dem Verfasser zufolge bereitet Jesus die Seinen auf die Zeit nach seinem Leben in der Welt vor, gibt Weisungen und Ermahnungen mit auf den Weg. Die zweite Abschiedsrede (Joh 15,1-16,33) stellt zu Beginn das Thema der Liebe in den Mittelpunkt. Damit klingt erneut an, was bereits im Liebesgebot aus Joh 13,34f. ausgesagt wurde: „Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr einander liebt; wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben.“ Die Liebe zwischen den Menschen, die zu Jesus gehören, soll der Liebe Jesu zu ihnen entspringen und in ihrer Nachfolge geübt werden. Diese enge Verbindung zwischen der Liebe Jesu und der Liebe zwischen den Seinen veranschaulicht das Bild vom Weinstock und den Reben zu Beginn von Kap. 15: Wie die Reben vom Weinstock leben, zehren und geben jene, die mit Jesus sind, von dem, was sie von ihm empfangen. Die Liebe zwischen den JüngerInnen muss folglich nicht aus dem Nichts, aus individueller Anstrengung oder rationalem Pflichtgefühl entstehen, sondern sie hat ihren Ursprung und ihren bleibenden Halt in Jesus Christus.

Diese Einsicht wird unterstützt durch eine Beobachtung am Vers, die, wenn er in den Organspende-Diskursen verwendet wird, kaum ausdrücklich zur Sprache kommt: Joh 15,13 ist indikativisch formuliert, nicht als Imperativ. Die größtmögliche Liebe wird beschrieben und nicht gleichermaßen zum Inhalt einer Aufforderung gemacht (wie es EKD und DBK darstellten). In der Sprache der theologischen Ethik: Es handelt sich vor allem um eine deskriptive, nicht unmittelbar normative Aussage. Gewiss – es braucht nicht viel, um das Liebesgebot mitzuhören, das in mehrfacher Ausführung den Vers und das Kapitel umgibt. Dennoch soll der Satz offenbar nicht automatisch als moralischer Zeigefinger wahrgenommen werden, sondern kann sich wechselseitig mit dem Bild vom Weinstock und den Reben auslegen: Diese große Liebe lässt sich nicht erzwingen, sie kann nur vorgefunden werden.

Im Unterschied zu Joh 13 spitzt sich in Kap. 15 die Bedeutung der größtmöglichen Liebe allerdings zu, weil sie dem „Hass der Welt“ gegenüber gestellt wird (15,18-16,4). Der Verfasser greift damit die spezifische Situation seiner frühen christlichen Gemeinde auf, die sich Anfechtungen ausgesetzt sieht.2 Sich darin zu bewähren, zueinander und zu Gott zu stehen und weiterhin eine liebe-volle Gemeinschaft zu bleiben, anstatt selbst den Hass zur bestimmenden Einstellung zu machen, darin liegt die besondere Herausforderung. Diese Situation konkreter Konfrontation schwingt also bereits mit und darf nicht überhört werden, wenn Joh 15,13 über Liebe in Form von Lebenshingabe für die Freundinnen und Freunde spricht. Was aber bedeutet dieser Begriff genau?

Hingabe gleich Opfer des Lebens?

Der griechische Begriff für Leben, der hier benutzt wird, lautet psyche. Es wäre vorschnell zu folgern, dass der Vers sich damit gar nicht auf den menschlichen Körper bezieht und also bedeutungslos für die ethische Diskussion um Organspende ist. Anders, als es die heutige Bedeutung von „Psyche“ vermuten ließe, beschreibt nämlich das Wort im biblischen Griechisch – ähnlich dem hebräischen nefesch (Kehle, Atem, Seele) – keinen Gegensatz zur Physis, zur Körperlichkeit des Menschen. Unter psyche versammeln sich Vorstellungen vom ganzen leiblichen Sein, das den Menschen ausmacht. „Biblische Psychologie als umfassende Lebenskunde“, wie es Jürgen Ebach formuliert, „hält Leib und Seele, Denken und Fühlen, Schwachheit und Vitalität zusammen.“3 Jesu eigenes Sterben demonstriert wenig später deutlich, dass die Hingabe der psyche auch sein leibliches Sein betrifft. Insofern erweist es sich zwar nicht als zwingend, aber auch nicht als illegitim, den Vers in Fragen des Lebens und Sterbens heranzuziehen.

Mit dem eigentlich schlichten Begriff der „Hingabe“ eröffnet sich ein weites Feld von jüngst intensiv geführten theologischen Debatten. Seine Deutung im Sinne von „Opfer“ oder „Aufopferung des Lebens“ liegt nicht fern – vor allem, weil man Jesu Aussage hier direkt als Ankündigung seines eigenen Todes versteht. Die vom „Opfer“ Jesu ausgehende Vorstellung eines Einsatzes bis zum Letzten für die Seinen hat problematische Wirkungen in der Geschichte des Christentums nach sich gezogen. Besonders die feministische Theologie hat sich darum verdient gemacht, die unheilvollen Mechanismen von Unterdrückung oder Selbstkasteiungen zu -erhellen, die sich im Zuge einer kruden Lehre vom sühnenden Opfer entwickelt haben.4 Aktuelle Ansätze nähern sich dem Opferbegriff – im Wissen um seine Untiefen – neu und beschreiben ihn etwa als lebensdienliche Gabe.5 Damit wäre der Bogen zurück zum Vers geschlagen. Mich hinzugeben, ließe sich dann folgern, bedeutet nicht, mich aufzugeben. Das Leben für andere hinzugeben, zielt auf Lebendigkeit, auf zu erhaltende oder erneuerte Lebensbeziehungen.6

Herausforderung – nicht moralische Keule

Mit dieser Einsicht, wie sich Lebenshingabe verstehen lässt, kann und muss noch einmal neu auf die Relevanz des Verses für die heutige Zeit geschaut werden. Es ist anzunehmen, dass der Verfasser des Johannesevangeliums selbst tatsächlich auch die mögliche Inkaufnahme des Todes beschreiben wollte. Jenseits des „Hasses der Welt“ legt er Jesus das Wort kurz vor dessen eigener Kreuzigung in den Mund; die Wendung entspricht zudem einer antiken Regel, die ebenfalls den eigenen Tod für die Freunde als Option in Betracht zog.7 Und nicht zuletzt war aufgrund der Verfolgungen im ersten Jahrhundert den Christinnen und Christen der Gedanke des Märtyrertodes nicht fremd.

Damit aber sind Extremsituationen beschrieben, die – Gott sei Dank – zumindest auf Deutschland heute so nicht zutreffen. Würde Joh 15,13 allein für diese Extremfälle des Lebens gelten, könnte sich zurecht der Eindruck einstellen: Dann betrifft mich das ja alles gar nicht. Die Frage, ob wir für unsere Überzeugung oder zum Schutze unserer Freundinnen und Freunde sterben, uns umbringen lassen würden, stellt sich uns nicht. Und Vergleiche mit dem Prozess einer Organspende, dem völlig andere, nicht zuletzt rechtstaatliche Ausgangsbedingungen zugrunde liegen, wäre völlig unangemessen.

Die Einbeziehung des Kontextes von Joh 15,13 sowie die entfaltete Weite der Vorstellung von Lebenshingabe kann aber auch zu einer anderen Interpretation führen: Was es bedeutet, das eigene Leben hinzugeben, hängt entscheidend von den jeweiligen Herausforderungen ab, denen sich Menschen ausgesetzt sehen. So kann der Vers dann für jede und jeden Relevanz gewinnen. Gerade, weil psyche die unterschiedlichen Dimensionen des menschlichen Seins im Blick hat und nicht nur den menschlichen Körper meint, eröffnet die Vorstellung von „Lebenshingabe“ ein großes Spektrum an möglichen Handlungen und Haltungen. Die besten Beispiele dafür gibt Jesus selbst. Jesus fordert immer wieder auf, so zu lieben, wie er selbst geliebt hat. Und es wäre schlicht falsch, Jesu Liebeshandeln auf sein Sterben zu reduzieren – zumal, wie die Opferdiskussionen herausgestellt haben, das Sterben Jesu ausdrücklich keinerlei Wiederholung verlangt, ja nicht einmal ermöglicht. Jesu Reden und Handeln hingegen sind wahre Ideenbörsen dafür, was es heißen kann, das eigene Leben für andere hinzugeben. Die Fußwaschung in Joh 13,1-17 etwa ist ein vorbildliches Beispiel dafür, wie sich Jesus ganz in den Dienst seiner Freundinnen und Freunde stellt.8

Vorsichtig lässt sich dann folgern: Wenn in der heutigen Situation eine konkrete Herausforderung zum Beispiel in den medizinisch-technischen (Heilungs-) Möglichkeiten besteht, dann kann die Hingabe des Lebens bedeuten, die eigenen Organe anderen Menschen zu spenden. Mit dieser Tat kann ein Mensch aus seiner selbst erfahrenen Liebe heraus Leben hin- und das heißt weitergeben, so dass Lebensbeziehungen erhalten oder erneuert werden.9 Der Vers kann also seinen Ort in der Diskussion um Organspende haben – verdiente dort aber in seiner umfassenderen Bedeutung statt einfach als „Pro-Argument“ wahrgenommen zu werden. Höchst problematisch wäre es, die biblisch beschriebene Lebenshingabe wieder engzuführen und vermeintlich eindeutig mit der Organspende in eins zu setzen. Dann verwandelte sich Joh 15,13 zur moralischen Keule, was weder dem Text noch dem ernsthaften ethischen Ringen um die Organspende gerecht würde.

Eine Spannung bleibt dennoch. Sie besteht im Wissen darum, dass Nächstenliebe nicht erzwungen werden kann und soll – und dass es zugleich eine christliche Ethik gibt, die in die Nachfolge ruft. Die Antwort auf diesen Ruf, in den Spuren Jesu zu wandeln, erschöpft sich eben nicht im „anything goes“, im „Alles ist irgendwie okay“. Die christliche Ethik erklärt das liebevolle Handeln sehr wohl zur Richtschnur. Allerdings hat das Wort vom Weinstock und seinen Reben auch verdeutlicht: Dem Bild von der Liebe, wie es Jesus zeichnet, entspricht es durchaus, sich von der Not anderer, wie jenen, die auf ein lebensrettendes Organ warten, anrühren zu lassen – nicht hingegen ein bestimmtes Verhalten um der gesellschaftlichen oder kirchlichen Erwartungen willen. Das gilt es immer dann zu erinnern, wenn die Diskussionen um Organspende abgekürzt zu werden drohen und das „eigentlich richtige“ Ergebnis dabei scheinbar schon fest steht. Mein Leben aus der Liebe Gottes schöpfen und anderen davon weitergeben – was das heute, bei der Anfrage nach meiner Bereitschaft zur Organspende konkret für mich bedeutet, darauf gibt das biblische Wort keine eindeutige Antwort. Es erlaubt und verlangt jedoch ein ernsthaftes Ringen um die Entscheidung, das sich von der Liebe anleiten lässt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Für die Arbeit in der Gruppe

Ziel
Die Kontextualität des Bibelverses Joh 15,13 und seine häufige Verwendung
in der Debatte um Organspende werden benannt und kritisch betrachtet. Zudem wird der Raum geschaffen, sich über Erfahrungen mit Organspende auszutauschen und darüber nachzudenken, wozu der Bibeltext heute und hier ermutigen will.

Material
– Pinwand, große runde Metaplan-Karte mit dem Begriff „Hingabe“; weitere (runde) Metaplan-Karten mit den Begriffen „Kirchengemeinde“, „Partnerschaft“, „Familie“, „Freundeskreis“, „Umwelt“, „Gesellschaft“, „(leer)“
– Plakat mit dem Satz „Niemand hat größere Liebe als die, dass er sein Leben hingibt für seine Freunde.“
– Kopien Textauszug Bibelarbeit  -Kopiervorlage für AbonnentInnen unter www.ahzw-onlinde.de / Service zum -Herunterladen vorbereitet
– Zettel und Stifte in der Anzahl der Teilnehmerinnen, ggf. Liedblätter

Ablauf
Einstieg
Impuls: Was fällt Ihnen spontan zum Begriff „Hingabe“ ein? – Alle Assoziationen sind erlaubt.

Was kann „Hingabe“ in verschiedenen Lebenskontexten bedeuten? Rund um den Begriff werden Begriffe angebracht, die für verschiedene Lebensbereiche stehen. – Austausch im Plenum oder in Kleingruppen

Die Leiterin präsentiert das Plakat mit Joh 15,13. – Spontane Reaktionen abwarten; auch Irritationen und Widersprüche sind erlaubt!

Überleitung zum Bibeltext
Der Satz „Niemand hat …“ stammt aus dem Johannes-Evangelium und wird in der Diskussion häufig als Argument für Organspende verwendet. So heißt es zum Beispiel in der gemeinsamen Erklärung „Organtransplantation“ der Deutschen Bischofskonferenz und der EKD: „Zugleich kann in der Organspende noch über den Tod hinaus etwas spürbar werden von der 'größeren Liebe' (Joh 15,13), zu der Jesus seine Jünger auffordert.“ Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie das hören? – Spontane Reaktionen abwarten; kurzer Austausch ohne Diskussion der einzelnen Äußerungen

Die TN erhalten in Kopie einen Auszug aus der Bibelarbeit: Kapitel „Ein Gebot der Liebe?“ – die beiden ersten Absätze bis „… kann nur vorgefunden werden.“ Eine liest den Text vor.

Impuls: Was bedeutet es für meine Entscheidung für oder gegen Organspende, wenn Joh 15,13 keine „unmittelbar normative Aussage“ ist? – Austausch

Ins Gespräch kommen
Für die christliche Ethik ist liebevolles Handeln in der Nachfolge Jesu eine allgemeine Richtschnur. Allerdings steht mit dem Verweis auf Joh 15,13 die Antwort auf die Frage „Bin ich bereit zur Organspende?“ keineswegs schon fest. Das heißt: Die eigene Entscheidung nimmt Joh 15,13 uns nicht ab. Nähern wir uns dem Thema also noch einmal von der anderen Seite.

Kennen Sie Menschen, die auf eine Organspende warten oder bereits eine Organspende erhalten haben? Erzählen Sie von Ihren Erfahrungen, von den Gefühlen und Gedanken, die dieses Geschehen begleiten. – Rundgespräch;
die Leiterin achtet auf eine Atmosphäre respektvollen Zuhörens, in der auch widersprüchliche Gedanken geäußert werden können.

Kennen Sie Menschen, die sich zur Organspende entschlossen haben? Was wissen Sie über deren Beweggründe? Und: Welche Gründe wären / sind für Ihre persönliche Entscheidung für oder gegen Organspende entscheidend? – ca. 5 Minuten Zeit zum Nachdenken und notieren von Stichpunkten; je nach Gruppengröße Austausch im Plenum oder in Gruppen (5–6 Personen)

Abschluss
Kommen wir noch einmal zu unserem Bibelvers zurück und schauen, was uns ganz persönlich der Vers heute und hier sagt. – Joh 15,13 wird dreimal laut gelesen, eingerahmt von einer Klangschale; jede hat Zeit, ihre Gedanken auf einem Zettel zu notieren.

Lieder: Gott ist nur Liebe, wagt für die Liebe (Taizé) / Herr, wohin, wohin sollen wir gehen? (Taizé) / Schenk uns Weisheit, schenk uns Mut

Prof. Dr. Stefanie Schardien, 36, ist Juniorprofessorin für Systematische Theologie am Evangelisch-Theologischen Institut der Universität Hildesheim. Nach dem Studium der evangelischen Theologie in Heidelberg, Toronto/Kanada und Bochum war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Systematische Theologie/Ökumenik und Konfessionskunde an der Ruhr-Universität Bochum und Vikarin in der Ev. Kirche von Westfalen.

Vorschlag für die Arbeit in der Gruppe:
Simone Kluge, Referentin der Ev. Frauen in Mitteldeutschland und Mitglied im
Redaktionsbeirat ahzw

Anmerkungen

1) Organtransplantationen. Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der EKD, Bonn, Hannover 1990.
2) Johannes Schneider, Das Evangelium nach Johannes, 4. Aufl., Berlin 1988, 272.
3) Jürgen Ebach, nefesch (hebr.), psyche (griech.) – Kehle, Atem, Leben, Seele, Person, in: Glossar der Bibel in Gerechter Sprache, Gütersloh 2006, 2371.
4) Vgl. bspw. Claudia Janssen, Vor allem Leben. Wie ich als feministische Neutestamentlerin den Tod Jesus verstehe, in: zeitzeichen 3 (2010), 30-32.
5) Zum seinerseits intensiv diskutierten Gabe-Verständnis vgl. bspw. Martin Ebner u.a. (Hgg.), Theologie der Gabe: Jahrbuch für Biblische Theologie 27, Neukirchen-Vluyn 2012.
6) Vgl. Philipp Stoellger, Ende des Opfers und Opfer ohne Ende. Neuere systematisch-theologische und religionsphilosophische Perspektiven zum „Opfer“, in: Verkündigung und Forschung 56 (2/2011), 62-78.
7) Schneider, Evangelium nach Johannes, 270, Fn. 65.
8) Gerd Theißen, Annette Merz, Der historische Jesus. Ein Lehrbuch, 2. Aufl., Göttingen 1997, 397.
9) Inwiefern es sich bei der Organspende tatsächlich um die Hingabe des „Lebens“ handelt, wenn die Organe einem sog. „hirntoten“ Menschen entnommen werden, zählt zu den weiterführenden Fragen, mit denen sich die Ethik, nicht aber mehr eine Bibelarbeit befassen muss.

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