Ausgabe 1 / 2012 Material von Richard Exner

Heimat

Von Richard Exner

1   
Wer verfügt,
man solle seine Asche
übers Meer streuen,
hat wenig Recht
auf das Thema.

2   
Weiden,
deren Zweige bis ins Wasser
hängen
und rote Dächer
gibt es in mehreren
Ländern.

Und wo Tränen fließen,
vermerkt kein Paß.

3   
Luftwurzeln also.
Man meint,
sie seien besser
als nichts.

Aber ein Windstoß
zerstört sie bereits.
In erhitzter Luft
glaubt man
sie blühten.

Ihre Frucht ist
unfaßbar.

4   
Deshalb
wundern mich Gräber und Krypten,
dieser ganze lächerliche Frieden
aus Stein und Mörtel:
ein Père Lachaise
am andern.

So
hofft man,
wird endlich ruhen
und liegenbleiben,
was flüchtig war.

5   
Heimat,
das sind die Reisen
unserer Seele,
als Vogel
eingegraben
in den Stein.

Richard Exner
(1929-2008)
 

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