Ausgabe 1 / 2016 Editorial von Margot Papenheim

heimatlandei

Von Margot Papenheim

Eigentlich bin ich ja ein waschechtes Landei. Geboren und groß geworden in einem 2000-Seelen-Nest im tiefsten Münsterland. Meine Kindheit, das waren wunderbare ganzjährige Fe­rien auf dem benachbarten Bauernhof. Durch und durch glückliche Jahre.

Als deutlich weniger beglückend habe ich meine Jugendzeit auf dem Land in Erinnerung. Nichts wie weg da! Möglichst schnell und weit und für immer weg aus der dörflichen Enge, das wurde ein Impuls, der meine Lebensentscheidungen geprägt hat. Jetzt, wo ich auf die Sechzig zugehe, hab ich genug inneren – und äußeren – Abstand, um Schwärmereien von Stadtmenschen vom wunderbaren Leben auf dem Land gelassen zu hören. „Wenn ihr wüsstet“, denke ich dann. Muss das aber nicht mehr zwingend laut zum Besten geben. Inzwischen ist der Abstand auch groß genug, dass ich sogar die guten Seiten wieder sehen kann am Leben in einem Ort, wo jede jeden kennt. Wo jeder nicht nur weiß, wo jede jetzt mit wem zusammen wohnt, sondern auch, wo sie „herkommt“, wie sie schon als Kind war und dass schon ihre Urgroßmutter damals immer …; wo aber eben auch heute noch ein Anruf bei der früheren Nachbarin reicht, um ganz selbstverständlich Hilfe zu finden, wenn Not am Mann oder an der Frau ist.

„Land“ – für sich genommen sagt das Wort alles und nichts. Aber es fängt sofort an zu sprechen, wenn ich ein weiteres anfüge. „Ei“ beispielsweise. Oder Frieden oder Krieg oder Raub oder Leben. Oder wenn ich ein Wort voransetze. Frauen. Oder Deutsch oder Heimat. Als Teil der Kurz-nach-68er-Generation löst der Kombi Deutschland oder gar Heimatland bei mir ganz automatisch leichtes Unbehagen aus. Auch wenn ich ein leidenschaftlicher Fußballfan bin – und mich sowas wie das Aus gegen Italien im Sommermärchenhalbfinale 2006 noch heute fast zum Heulen bringt: Die fröhliche Unbefangenheit, mit der unsere Kinder sich schwarz-rot-goldene Fähnchen ins Gesicht malen, wenn „wir“ Fußballweltmeister geworden sind, wird mir, wie so vielen meiner Generation, wohl für immer unverständlich bleiben. So fremd wie der Gedanke, ich sollte „stolz“ auf mein Land sein. Völlig überraschend habe ich dieses Gefühl in diesem Jahr allerdings, zum allerersten Mal, dann doch noch in mir gespürt: als ich sehen und erleben durfte, wie mein Land so viele Flüchtlinge, die bei uns in Deutschland Schutz vor ­Hunger, Terror und Krieg suchen, mit offenen Armen empfangen hat. Allen verständlichen Ängsten vor Überforderung und Problemen bei der Integra­tion ebenso trotzend wie allen widerlichen Parolen von innen wie von außen.

Land mit Wörtern davor oder dahinter, die Bilder in unseren Köpfen auslösen – das sind die Themen dieser ahzw.

Lust bekommen, mit uns auf eine spannende Landpartie zu gehen? Dann steigen Sie doch einfach ein und schauen, wohin es Sie führt …

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