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Ja, es ist passiert. Es ist vorbei.

Meditation zur Jahreslosungskarte 2017

Von Gisela Egler-Köksal

Blüten in leuchtenden Farben, Blumenblätter und ­Kräuter, Blau des Wassers, des Himmels.
In dem rechten Teil sind Blüten mit einer dünnen dunklen Schicht übermalt.
Klares Rot lässt sich erahnen, scheint durch.
Überall im Bild verteilt kleine Gruppierungen in blau und in grün.
Sind sie in Bewegung oder starr?

Leuchtendes Rot in der Mitte des Bildes, konturenlos – Bruchstücken gleich.
Diese scheinen so gar nicht zu passen zu den harmonisch wirkenden Blüten und Blättern.
Ist dieses Rot der Ausdruck der Verletzung, des Leides, der Angst?
Sind es Schmerzen, die jederzeit im Alltag aufbrechen können und dann im Zentrum des Erlebens und Fühlens sind und dem Übrigen seinen Geschmack aufdrängen?

Und doch scheinen diese Bruchstücke seltsam lebendig, als wäre Bewegung in sie hineingemalt, als wären sie ­gerade dabei sich neu zusammenzusetzen.
Was wird aus ihnen?

„Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch.“ (Ez 36,26)

So die Jahreslosung für das Jahr 2017.
Im Ezechielbuch stehen diese Worte. Sie richten sich an Menschen, die Vertreibung und die Zerstörung ihrer Heimat erleben mussten.

Die roten Bruchstücke in der Mitte des Bildes, bilden es ab:
Es ist passiert, Herz und Geist haben Schreckliches erlebt.
Ja, es ist passiert, und weiter heißt es bei Ezechiel auch:
Es ist vorbei.
Vieles und auch die politische Großwetterlage,
es hat sich zum Wohle der Betroffenen geändert.

Ja, es ist passiert, heißt jetzt: Es ist vorbei. Sie sind nicht mehr Opfer.
Jetzt können sie wieder fühlen, mit Gefühl ­Verantwortung übernehmen – sie können Antwort mit ihrem Tun geben – auf alles, was sie an Leid und Schmerz, eigenem Scheitern, an Fehlern und an Schönem und Stärkendem und gelingendem Tun erfahren haben.

„Ich schenke euch ein neues Herz“, so spricht Gott.

Das ist ein Geschenk Gottes – und Gott legt einen neuen Geist in uns.
Die Blüten in leuchtenden Farben, die Blätter der Blumen und der Kräuter,
das Blau des Wassers und des Himmels.
Im Bild scheint das Neue schon durch,
die mit einer dünnen grünen Schicht bedeckten Blüten im rechten oberen Teil scheinen schon durch.
Welche Form werden die roten Bruchstücke annehmen?
Wie werden sie im Ganzen des Bildes sein?

Die Künstlerin des Bildes Jeanette Stevenson arbeitet mit Fotos und bearbeitet sie.
Sie legt Bilder übereinander, verschiedene Schichten sind auch in unserem Bild erkennbar. Sie benutzt Effekte zur Gestaltung. Aus den schon existierenden Fotos entsteht so etwas ganz Neues. Das Alte können wir noch erahnen und doch ist es ganz anders als vorher.

Neu – neugierig sein, jeden Tag neu, mit Herz und Geist auf das Geschenk Gottes, was wohl aus dem Alten werden wird?

Gisela Egler-Köksal, Jg. 1960, ist Pfarrerin der Ev. Personalkirchen­gemeinde Christus-Immanuel im Ökumenischen Zentrum Christuskirche (Frankfurt am Main) und Mitglied im Redaktions­beirat der „Arbeitshilfe zum Weitergeben“.

Künstlerin: Jeanette Stevenson
weitere Bilder von ihr: http://leapintothevoid.co.uk/litvoid-introduces-jeanette-stevenson-visual-artistfine-art-photographer/

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