Ausgabe 1 / 2021 Material von Ulrike Kress

Kein grimmiger Blick auf die globalisierte Welt

Der Film Tomorrow schenkt uns Hoffnung durch vielfältige Lösungen

Von Ulrike Kress

Wir Menschen wissen seit Jahren: Die Klimakrise bedroht die Ökosysteme unserer Welt. Der Meeresspiegel steigt, extreme Wetterphänomene häufen sich und Gletscher schmelzen. Menschen werden dadurch zur Flucht gezwungen und Tier- und Pflanzenarten sterben aus. Und obwohl klar ist, dass für das weltweite Klima längst „fünf vor zwölf“ herum ist, bleibt die entscheidende Wende in dieser Krise aus.

Zahlreiche Filme der letzten Jahre zeigten uns den beklagenswerten Zustand unserer Erde: „Plastic Planet“ warf Licht auf die dunkle Seite der Kunststoffe, während „We feed the World“ die zerstörerischen Konsequenzen der industrialisierten Massenproduktion unserer Nahrungsmittel dokumentierte. Diese Dokumentarfilme – so interessant und gut inszeniert diese auch seien – lenken unsere Blicke in den Abgrund, meist mit erhobenem Zeigefinger. Die niederschmetternden Erkenntnisse klären uns Zuschauer*innen zwar auf, lassen uns aber doch frustriert und ratlos zurück.

„Tomorrow“ geht andere Wege: Wie schon sein Untertitel ankündigt, ist die Welt voller Lösungen. Die Schauspielerin Mélanie Laurent und der Aktivist Cyril Dion plus Team wollen sich nicht mit Horrorszenarien über die weltweite Klimakrise abfinden. Ziele der filmischen Reise sind Frankreich, La Réunion, Dänemark, Finnland, Indien, Großbritannien, die Vereinigten Staaten, die Schweiz, Schweden und Island. Dort in den verschiedenen Ländern besuchen sie beeindruckende Menschen, die Projekte und Initiativen für alternative ökologische, wirtschaftliche und demokratische Ideen verwirklichen, arbeiten und leben.

Der Film ist in fünf Kapitel aufgeteilt und behandelt damit große Themenfelder wie Landwirtschaft, Energie, Geldwirtschaft, Demokratie und Bildung. Animierte Grafiken leiten jedes Kapitel ein und stellen die wechselseitige Abhängigkeit zwischen den einzelnen Bereichen dar. Klar ist, „dass eine Trendwende im Energiesektor nicht ohne notwendige finanzielle Investitionen zu verwirklichen ist.“ Fokus der Überlegungen muss daher sein, „wie eine alternative Finanzierungsform aussehen könnte.“ Der Finanz-Experte Bernard Lietaer, dessen Spezialgebiet Komplementärwährungen sind, ist überzeugt, „dass diese die ökonomischen Kreisläufe widerstandsfähiger gegen Krisen machen, nachhaltiges Handeln fördern und damit die wirtschaftliche Stabilität erhöhen.“ Im Unterschied zu herkömmlichen Geldsystemen gibt es keine Zinsen, sondern Anreize und Verpflichtungen werden durch soziale Bindungen geschaffen.

Schuldirektor Kari Louhivuori erklärt das Bildungskonzept vieler finnischer Schulen: „Schule soll Kindern das Lernen beibringen und sie auf das Leben vorbereiten. Statt standardisierter Tests und einheitlicher Lernmethoden setzt Finnland auf Vielfalt und Individualität.“ Gleichzeitig macht sich die indische Wissenschaftlerin und Aktivistin Vandana Shiva, die sich im Themenbereich Landwirtschaft äußert, für eine umfassende Bildung von Frauen stark: Als „Hüterinnen des traditionellen Wissens und der Vielfalt“ braucht es Frauen in allen Bereichen des Lebens.

Auf ihrer filmischen Reise – die über weitere denkwürdige Begegnungen berichtet – entdecken Laurent und Dion, dass es gerade die unzähligen unterschiedlichen Ansätze sind, die auf Dauer effektiv gegen die Auswirkungen der Klimakrise sind und Hoffnung auf eine bessere Zukunft für unsere Welt machen. Im Gegensatz zu anderen Dokumentarfilmen werden hier nicht nur Expert*innen befragt. „Tomorrow“ zeigt Menschen, die nicht resignieren, sondern aktiv werden und mit denen wir uns als Zuschauer*innen identifizieren können. Auf diese Weise motiviert der Film uns zum Handeln.
„Tomorrow – die Welt ist voller Lösungen“
Dokumentarfilm von Mélanie Laurent und Cyril Dion
Frankreich 2015; Laufzeit: 118 Minuten
Preis: César 2016 für den besten Dokumentarfilm

Der Film kann z.B. über das Medienportal der evangelischen und katholischen Medienzentralen ausgeliehen werden. Beim Vorführen sind unbedingt die entsprechenden Vorführrechte (oder besondere Klauseln, z.B. Lizenz nur für nichtgewerbliche öffentliche Filmvorführungen) zu beachten.

Begleitmaterial kann überdies kostenfrei auf der Moviepage

www.tomorrow-derfilm.de/download.html erworben werden.

Für die Arbeit in der Gruppe

Zeit / circa 90 min

Die Rezension zum Film „Tomorrow“ und der Artikel „Visionen der Klimagerechtigkeit“ beschäftigen sich mit den ökologischen Auswirkungen des Klimawandels – und den Menschen, die diesen entgegentreten.

Die folgenden Fragen und Aufgaben sind Bausteine, um mit einer Gruppe ins Thema einzusteigen bzw. es zu vertiefen. Sie eignen sich auch für digitale Veranstaltungen. Der Film muss gesichtet worden sein, entweder privat oder über einen durch die Gruppenleitung bereitgestellt Stream (Urheberrechte beachten!).

Film „Tomorrow“
Fragen im Plenum nach (gemeinsamem) Anschauen:
– Wie hat Ihnen der Film gefallen? Was hat Sie besonders beeindruckt?
– Welches sind die zentralen Themen des Films?
Ergebnisse können auf Kärtchen (oder digital auf einem Etherpad) notiert werden (ggf. thematisch sortieren).

Fragen für die weitere Arbeit:
Wenn die Gruppe sehr groß ist, können sich Kleingruppen nach Interesse an den o.g. Themenbereichen bilden (oder digital in Breakout-Rooms treffen).
– Welche Protagonist*innen werden in den Themenbereichen vorgestellt und welche Anliegen haben sie?
– Wie hängen die doch sehr verschiedenen Themen bzw. Anliegen des Films zusammen?
– Welche Gesamtwirkung hat der Film auf Sie?
– Wie ist das Ende des Films gestaltet? Welchen Zweck verfolgen die Filmemacher*innen damit?
Wenn in Kleingruppen gearbeitet wurde, bietet es sich an, Ergebnisse kurz ins Plenum zurück zu spiegeln.

Artikel „Visionen der Klimagerechtigkeit“
synoptisch mit dem Film „Tomorrow“ betrachtet

Der positiv konnotierte Film „Tomorrow“ entstand im Jahr 2015. Seither verschlimmerten sich allerdings die Folgen der Klimakatastrophe weiter, sodass es eigentlich in der Zwischenzeit „fünf nach Zwölf“ für die Welt ist. Die Autorinnen Hake und Schell betonen, dass die seit Anfang 2020 andauernde Corona-Pandemie „die prekäre Situation im Globalen Süden verschärft hat“.
– Überlegen Sie, woran das für Sie sichtbar wird? Suchen Sie Beispiele!
– Was verstehen Sie unter der erwähnten „Generationengerechtigkeit“?  Wie sollte diese aussehen?

Im Rahmen des Weltgebetstags 2021 aus Vanuatu wird ein Aufruf in der Bislama-Sprache zitiert: „Yumi ol paoaful! Yumi ol sistas!“ (Wir sind stark! Wir alle sind Schwestern!)
– Welche Konsequenzen ergeben bezüglich der Klimagerechtigkeit, wenn Sie den o.g. Aufruf aus Vanuatu ernst nehmen?

Die Autorinnen Hake und Schell schreiben im letzten Absatz von „neuen Perspektiven und Ideen“ für eine klimagerechte Zukunft. Auch der Film „Tomorrow“ sendet positive Botschaften.
– Fühlen Sie sich verantwortlich dafür, wie es mit dem Zustand unserer Welt weitergeht?
– Zu welchen „neuen Perspektiven und Ideen“ fordert der Film seine Betrachter*innen heraus?
– Was können Sie vor Ort (alleine oder in der Gruppe) tun?
– Welche Einflussmöglichkeiten haben Sie darüber hinaus, sowohl unmittelbar in der persönlichen Umgebung als auch in der Kommunalpolitik oder in Organisationen?
– Wo sind die Grenzen Ihrer Verantwortung?

Ulrike Kress ist WGT-Beauftragte der Evangelischen Frauen in Hessen und Nassau in Frankfurt und arbeitet freiberuflich als Bildungsreferentin und Bibliologin vor allem im Evangelischen Frauenbegegnungszentrum EVA mit. Sie ist ehrenamtlich Mitglied der Evangelischen Filmjury und im Redaktionsbeirat leicht & SINN.

Schlagwörter:
Ausgabenarchiv
Sie suchen eine Ausgabe?
Hier entlang
Suche
Sie suchen einen Artikel?
hier entlang