Alle Ausgaben / 2004 Andacht von Stephanie Schütze

kinderleicht – kinderschwer

Eine Andacht vom Spielen und Leben

Von Stephanie Schütze

(Auszug)

Wo soll ich anfangen? Die Gedanken purzeln durcheinander, wie bunte Glasmurmeln. Sie rollen ein Stück, aufeinander zu, voneinander weg. Eine stößt die andere an. Es gibt einen hellen Klang. SPIEL.

IHR SAGT: SPIELEN IST KINDERKRAM!
Als Kind habe ich gespielt mit Bausteinen und Holztieren, mit Puppen, weil die Schwester es so wollte, mit leeren Milchflaschen im Aufwaschbecken: „Nun hör schon auf mit der Spielerei! Mach weiter!“ Kreisspiele: “Der Letzte wird gefangen mit Spießen und mit Stangen!“ Jede ist mal Letzte. Bude bauen und Bandenkriege, „Mensch ärgere dich nicht!“ Und wie ich mich ärgerte! Und : Malen! Spiele mit Stiften und Farben. SPIELEN – TRÄUMEN – LERNEN Selbstvergessen – versunken – zweckfrei. Zweckfrei? Kinderleicht – kinderschwer.

IHR SAGT: NUN SPIEL DOCH NICHT THEATER!
Aber: Es macht solchen Spaß, sich zu verkleiden, sich zu schminken und zu verändern, Masken und Halbmasken zu entwerfen, das Kostüm der Zigeunerin zu probieren und das der „Unschuld vom Lande“, böse Stiefmutter zu sein und „Hans im Glück“. Maske oder Gesicht? ICH oder DIE ANDERE? Wirklichkeit oder „als ob“? ICH spiele MICH – ganz echt – und schaue mir dabei zu.

IHR SAGT: DAS LEBEN IST KEIN SPIEL!
Nein, wirklich nicht! Da wird nicht gespielt! Da wird entschieden und gemessen, ernsthaft und verantwortungsbewusst, zielgerichtet und vorsichtig. DAS LEBEN IST KEIN SPIEL? Nein? – Warum nicht? Ist euch der Einsatz zu hoch? Sind die Regeln nicht klar? Habt ihr Angst zu verlieren? Habt ihr Angst, das Leben zu verlieren, wenn das Spiel verloren geht? Ihr hebt warnend den Finger: „Sie hat ihr Leben verspielt!“, und ihr seht nur den Verlust. Könnte sie nicht viel gewonnen haben: Lust, Genuss, Freude, Liebe, Leichtigkeit und Tanz?

IHR SAGT: ES IST JA BLOSS SPIEL!
Ich gehe durch Galerien, sehe Manet und Klee. Menschen haben gespielt mit den Gesetzen von Farbe und Form. Sie erzählen, erfinden Geschichten, so dass ich mit erzählen, weitererzählen möchte. Ich höre ein Konzert: Musik von Bach. Er kennt die Gesetze von Fuge und Harmonie wie kein anderer, und er spielt mit ihnen und mit seinem Thema. Und ich: Bin berauscht, hingerissen, emporgehoben, und manches verstehe ich nicht und manches verstehe ich dann besser.

IHR SAGT: VORSICHT – DER TEUFEL HAT SEINE HAND IM SPIEL, ABLENKUNG VOM „EIGENTLICHEN“
Kennen wir sie noch, die „Heiligen Spiele“? Feste und Feiern – schwermütig und überschäumend, Bräuche und Rituale, Zeichen, Orte, Lieder?

HEILIGES SPIEL
Ich denke an Johannes, den Schwierigen, den Tiefsinnigen, Anstrengenden. Dass es mir leichter wird mit ihm, wenn ich mit seinen Geschichten und Bildern SPIELE: wieder und wieder mit ihm um den Weinstock gehe, mittue bei den Spielen um Brot und Licht.

HEILIGES SPIEL
Das Fragespiel, in das sie Jesus immer wieder verwickeln: spitzfindige Fragen, ernsthafte Fragen. Er hält keine Vorträge, schreibt keine Abhandlungen. Er erzählt Geschichten, lässt seine Hörer spielen mit seinen Geschichten Und spielt ihnen – fast nebenbei – Antwortmöglichkeiten zu. LEBEN – ZUGESPIELT!

HEILIGES SPIEL
Ich denke an Sophia, die Weisheit, die von Anfang an dabei ist, die anmutig hüpft und tanzt und – SPIELT vor IHM und von IHM geliebt wird. Ich denke an die Kinder, denen das Himmelreich gehört „Spielen ist Kindersache“, höre ich, und: „Werdet wie die Kinder!“

So schließt sich wohl der Kreis: SPIEL und KIND und WEISHEIT und KIND und SPIEL…

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