Ausgabe 1 / 2006 Material von Silvia Philipp

Kreuz mit drei Söhnen

Von Silvia Philipp


Aufstehen – Frühstück machen – Pausenbrote schmieren – Kinder wecken – Z. anziehen – er muss in den Kindergarten – Spielzeugtag, ich muss noch den Plastikdrachen einpacken. Während T. mir die Regeln seiner Talktischrunde in der Schule erklärt, versuche ich K. aufzuwecken, er will einfach nicht aufstehen. Z. lässt ununterbrochen den Drachenschrei durch die Zimmer gellen und weigert sich den blauen Pullover anzulassen – K. hat keine Lust auf Frühstück, Machtkampf: ein halbes Brot mindestens oder? K. willigt nach pubertären Ausbrüchen endlich ein – T. und K. packen ihre Sachen – T. geht heute mit der Klasse ins Kino und braucht 7 Euro.
Habe ich noch genug Kleingeld? Habe es noch nicht geschafft auf die Bank zugehen und den Wochenendetat abzuheben – Unterschrift für den Elternabend? Liegt im Gang! Auch ich muss dann los: schreiendes Kind anziehen und zum Kindergarten laufen – Nein, Schmetterlinge können die Augen nicht schließen, sie haben keine Lider. Wie sie schlafen? Der Kindergarten rettet mich vor der Antwort.
Ob ich zum Informationsabend kommen kann? Ich werde die Termine erst noch prüfen.
Schnellspurt zur Bushaltestelle – Kurztest: habe ich alle Unterlagen für die Arbeit dabei?
Kinder = mehr Zimmer = mehr Fixkosten = Verpflichtung zu einer geregelten, wenigstens stundenweisen Arbeit.
Wieder zuhause: eine Stunde noch! Mittagessen herrichten, zwischendrin noch einige Anrufe für die nächste Ausstellung – T. und K. kommen mit einem Riesenhunger – Ja, schon wieder Gesundkost – Hausaufgaben? Wie immer nach dem Essen Ausbruchversuch von K. er hat die Mathematikaufgabe teilweise „vergessen“ – Nachrechnen ist auch noch angesagt – Regenerierung der alten Algebrakenntnisse – ich muss Z. vom Kindergarten abholen – bis ich wiederkomme müssen alle Hausaufgaben fertig sein, dann erst die Freunde -wenigstens gab es im Kindergarten nichts – Z. ist zufrieden, sein Drachen kam riesig an –
Lage in den heimischen Zimmern? Unzufriedenheit, aber die Hausaufgaben sind geschafft – mein Konzept für das Projekt im Herbst? Ich schaffe wenigstens einige Anrufe, solange die Büros noch besetzt sind – Z. schreit, er will nicht, dass ich telefoniere – es interessiert ihn auch nicht, ob ich nach Frankreich-Paris oder an den Rhein telefoniere – ich soll noch mit ihm spielen – Abendessen kochen – schnell noch eine Trommel Wäsche – Hausarbeit – Spielrunde – Kinder einsammeln – essen – gestaffeltes ins Bett bringen – Müde!
Muss noch das Konzept ausarbeiten und Skizzen anfertigen – Kaffee? Zu spät, dann eben grüner Tee – E-Mails noch kontrollieren und endlich! Endlich!

Es lebe die Kunst!

„Kunst! Kunst! Was willst du eigentlich mit deiner Kunst? Denke an die Kinder. Lasse sie erst einmal groß werden, und dann kannst du langsam damit anfangen. Ich verstehe sowieso nicht, warum du das machst. Am besten, du lässt es einfach sein.“
 „Wenn Sie eine Ausstellung machen wollen, dann müssen Sie sich schon öfters abends bei den Partys und Feiern blicken lassen. Dann könnten wir einmal sehen. Sie können nicht weg, weil Sie drei Kinder haben? Ja, dann ist es sowieso ganz ungünstig.“
Intelligent – mütterlich – erotisch – heilig – tiefsinnig – humorvoll – triebhaft – kreativ – sanftmütig – dezent – aufopfernd – fordernd – betend – kritisch – pflichtbewusst – verständnisvoll – eigensinnig – stillend – stark – ordnend – nüchtern – intensiv – albern – selbstbewusst – analytisch – putzend – kämpfend – bescheiden – diszipliniert – kritisch – sinnhaft – religiös – gebärend – umsichtig – weit blickend – politisch – neugierig – müde – maßlos – mythisch – mutter

Der Text ergänzt die gleichnamige Collage der Künstlerin.

Collage und Text in: Mythos Mutter. Katalog zur Ausstellung des  frauenmuseums Bonn. Copyright bei der Künstlerin. Nachdruck mit frdl. Genehmigung des frauenmuseums bonn

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