Läuschen und ein Flöhchen, die lebten zusammen in einem Haushalte und brauten das Bier in einer Eierschale. Da fiel das Läuschen hinein und verbrannte sich.
Darüber fing das Flöhchen an laut zu schreien.
Da sprach die kleine Stubentüre: „Was schreist du, Flöhchen?“
„Weil Läuschen sich verbrannt hat.“
Da fing das Türchen an zu knarren.
Da sprach ein Besenchen in der Ecke: „Was knarrst du, Türchen?“
„Soll ich nicht knarren? Läuschen hat sich verbrannt, Flöhchen weint.“
Da fing das Besenchen an entsetzlich zu kehren.
Da kam ein Wägelchen vorbei und sprach: „Was kehrst du, Besenchen?“
„Soll ich nicht kehren? Läuschen hat sich verbrannt, Flöhchen weint, Türchen knarrt.“
Da sprach das Wägelchen: „So will ich rennen“ und fing an entsetzlich zu rennen.
Da sprach das Mistchen, an dem es vorbei rannte:
„Was rennst du, Wägelchen?“
„Soll ich nicht rennen? Läuschen hat sich verbrannt,
Flöhchen weint, Türchen knarrt, Besenchen kehrt.“
Da sprach das Mistchen:
„So will ich entsetzlich brennen“ und fing an in hellem Feuer zu brennen.
Da stand ein Bäumchen neben dem Mistchen, das sprach:
„Mistchen, warum brennst du?“
„Soll ich nicht brennen? Läuschen hat sich verbrannt, Flöhchen weint,
Türchen knarrt, Besenchen kehrt, Wägelchen rennt.“
Da sprach das Bäumchen: „So will ich mich schütteln“ und fing an sich zu schütteln, dass all seine Blätter abfielen.
Das sah ein Mädchen, das mit seinem Wasserkrügelchen herankam und sprach:
„Bäumchen, was schüttelst du dich?“
„Soll ich mich nicht schütteln?
Läuschen hat sich verbrannt, Flöhchen weint, Türchen knarrt, Besenchen kehrt, Wägelchen rennt, Mistchen brennt.“
Da sprach das Mädchen: „So will ich mein Wasserkrügelchen zerbrechen“ und zerbrach das Wasserkrügelchen.
Da sprach das Brünnlein, aus dem das Wasser quoll:
„Mädchen, was zerbrichst du dein Wasserkrügelchen?“
„Soll ich mein Wasserkrügelchen nicht zerbrechen?
Läuschen hat sich verbrannt, Flöhchen weint, Türchen knarrt, Besenchen kehrt, Wägelchen rennt, Mistchen brennt, Bäumchen schüttelt sich.“
„Ei“, sagte das Brünnchen, „so will ich anfangen zu fließen“ und fing an entsetzlich zu fließen.
Und in dem Wasser ist alles ertrunken, das Mädchen, das Bäumchen, das Mistchen, das Wägelchen, das Besenchen, das Türchen, das Flöhchen, das Läuschen. Alles miteinander.
von Simone Kluge
Zeit 90 min
Lesen Sie das Märchen gemeinsam.
Sammeln Sie erste Eindrücke und spontane Reaktionen.
Ein kleiner Vorfall entfacht große Wirkung. Im Märchen wird erzählt, wie eine*r nach dem oder der anderen reagiert – und die Reaktion wiederum die Aufmerksamkeit einer weiteren Person hervorruft. Und am Ende ist die Katastrophe da: Alle ertrinken.
Diskutieren Sie in Murmelgruppen: Was soll verkehrt daran sein, sich anstecken zu lassen? Ist es nicht gut, wenn Dinge „ins Rollen kommen“? Aber warum geht es in diesem Märchen nicht gut aus? Entdecken Sie Gemeinsamkeiten in der Art, wie die einzelnen Protagonist*innen reagieren?
Überlegen Sie in der Murmelgruppe weiter: Liegt hier in diesem Märchen überhaupt eine Notlage vor? Was müsste passieren, damit das Märchen anders ausgeht? Schreiben oder inszenieren Sie einen anderen Schluss des Märchens und stellen Sie Ihre Ergebnisse in der Gesamtgruppe vor.
Märchen sind Prosatexte, die von wundersamen Begebenheiten erzählen. Ihre Handlung ist weder zeitlich noch örtlich festgelegt und transportiert „zeitlose“ Wahrheiten. Gleichzeitig tragen viele Märchen sozialrealistische oder sozialutopische Züge und sagen viel über die gesellschaftlichen Bedingungen zur Zeit ihrer Entstehung, Umformung oder schriftlichen Fixierung aus.
Setzen Sie dieses Märchen darum einmal mit der aktuellen Weltlage in Bezug und überlegen Sie: Wo lässt sich das beschriebene Phänomen beobachten – im Alltag, in der Familie, im Beruf, in der Wirtschaft oder Politik?
Lust auf Spielen? Wenn ja, setzen Sie eins Ihrer gefundenen Beispiele in Szene. Fügen Sie dazu eine weitere Person ein, etwa eine kommentierende Sprecher*in oder eine*n, die oder der in die Handlung eingreift.
Simone Kluge ist evangelische Theologin, Mediatorin und Krisenberaterin auf Grundlage der klient*innenzentrierten Gesprächsführung nach C. Rogers. Sie arbeitet als Referentin bei den Evangelischen Frauen in Mitteldeutschland und ist Mitglied im Redaktionsbeirat leicht&SINN.
Die letzte Ausgabe der leicht&SINN zum
Thema „Bauen“ ist Mitte April 2024
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