Alle Ausgaben / 2009 Editorial von Margot Papenheim

Lebensraum Garten

Von Margot Papenheim


„Dass ich das noch erlebe“, sagt mein Vater, durchaus mit spöttischem Unterton. Er kann noch immer nicht so recht glauben, dass seine Tochter das Unkraut im Rasen und in den Ritzen zwischen den Steinplatten nicht nur sieht, sondern sich – unaufgefordert und sogar mit einer gewissen Begeisterung – wieder und wieder bückt, um alles auszuzupfen.

Ich kann es ihm nicht verübeln. Denn zwischen meinem zehnten und fünfzigsten Geburtstag ungefähr hatte ich nie einen Hehl daraus gemacht, dass Garten für mich ein Fremdwort war, Gartenarbeit das Lästigste überhaupt und Hobbygärtnerei der Inbegriff von Spießertum. Heute, als Mitgestalterin und -genießerin eines kleinen Gartens vor, neben und hinter dem Haus, tue ich, was ich mir nie hätte träumen lassen. Sogar Rasen mähen, sprengen, düngen und einmal jährlich vertikutieren, abgeblühte Flieder- und Rosenblüten an den richtigen Stellen abschneiden, Spaten nach Gebrauch säubern, einölen und an seinen Platz hängen.

Wenn ich zum Wochenende nach Hause komme, geht der erste Blick über unseren Garten. Haben die Pfingstrosen sich doch noch entschieden, erstmals zu blühen? Haben sie nicht – aber irgendwann werden sie. Dafür schauen schon einige der kürzlich gelegten Gladiolen aus der Erde. Und alle fünf Dahlien, die meine alte Tante uns überlassen hat, stehen in sattem Grün. Das Tränende Herz blüht fast noch schöner als das der Nachbarin von gegenüber, und alle sieben Rosen haben den knackig kalten Winter überstanden und bereits zahllose Knospen getrieben. Und wie schön: Ein Meisenpärchen hat den Nistkasten angenommen, den wir an der Gartenhütte aufgehängt haben…

Es stimmt, inzwischen auch für mich: Ein Garten ist ein wunderbarer Ort voller Leben, zum Leben. Diese Ausgabe der ahzw lädt darum, passend zur Jahreszeit in den Garten ein.

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