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MEER GLÜCK

Von Uta Jentjens

Die Liebe zum Meer gehört zu mir wie meine Sommersprossen, mein Hang zum Chaos oder meine chronische Ungeduld. Das „Meer-Glück“ wurde schon in frühster Kindheit in mir verankert, denn drei Wochen Sommerferien auf der Insel Juist – das war jedes Jahr eine herbei ersehnte Konstante. Insofern kenne ich Juist als Stammgast-Mädchen und als Insulanerin, denn dann habe ich ja auch noch 16 Jahre fest dort gewohnt.

Das Juist meiner Kindheit war natürlich vor allem geprägt von langen Tagen am Strand. Vor drei Jahrzehnten gab es ja auch noch richtige Sommer. Und nach dem Frühstück wurden die Strandtaschen gepackt mit geschmierten Brötchen, Wasserflaschen, Sonnencreme von Delial („denn sie bräunt ideal“), Buch für meine Mutter und Handtüchern samt Badesachen für uns Kinder. Mein Vater war sowieso den ganzen Tag beschäftigt – auf den wartete schon die mitsamt dem Strandzelt gemietete Schaufel. Stundenlang wurde da eine runde Burg – wie ein kleiner Deich – um dieses Zelt gebaut. Mit Eimer bewaffnet ging es dann zum Meer, um Wasser zur Befestigung zu holen und das Ganze dann am nächsten Tag wieder und wieder: ausbessern, höher schaufeln. Wenn mein Vater Glück hatte, kam ich noch dazu und verzierte sein Werk mit Muscheln.

Stranderinnerungen ans Zelt

Diese Strandzelte gab es früher fast ausschließlich – sie sind ja von den heutigen Strandkörben verdrängt worden. In den sitzt man zum Sonnen sicherlich gemüt­licher, aber so ein Strandzelt hatte auch seine absoluten Vorteile: Auf der Bank drinnen konnte man wunderbar hocken und die eben erwähnten Stullen sand- und störfrei essen, man konnte darin ganz prima Karten spielen, denn es gab ja dieses breite Brett zum runter klappen, welches als Zocker-Tisch dienen konnte. Und man konnte das Zelt super nutzen, um sich umzuziehen. Einer stand davor, hielt ein großes Handtuch vor die Öffnung und man konnte ganz in Ruhe aus dem nassen Badeanzug steigen.

Wenn die Sonne dann die Schatten länger werden ließ, sammelten wir unsere Sachen ein und wanderten müde von so viel frischer, salziger Luft unseren Strandaufgang hoch. Auf der Promenade gab es ein Restaurant – die „Sturmklause“ – mit kleinem Kiosk und dort durften wir uns jeden Abend ein Eis als Abendbrot-Nachtisch aussuchen. Gefühlt habe ich immer minutenlang überlegt und dann doch jedes Mal ein Domino genommen. Stranderinnerungen.

Nicht vergessen: die Teerklumpen am Strand

Bevor es allerdings ans Essen ging, musste sich jeder vor der Ferienwohnung die Schuhe ausziehen und die Füße nach Teerflecken untersuchen. Ende der 70er/Anfang der 80er Jahre war es mit dem Umweltbewusstsein noch nicht sonderlich weit gediehen, und so war es noch mehr als heute üblich, dass die Schiffsbesatzungen ihre Tanks auf hoher See auf hoher See ausspülten und die Reste ins Meer leiteten. Damit man diese häufigen Teerflecken nicht durch die Wohnung trug, standen auf Juist ganz häufig Kisten vor der Tür mit alten Lappen und Terpentin. Den Geruch kann ich sofort abrufen und er ist untrennbar mit Sommerferien am Juister Meer verbunden.

Quelle: blog.ankerherz.de/blog/meer-glueck-stranderinnerungen-an-delial-und-domino-eis/ © Ankerherz Verlag
Weitere Inselgeschichten finden Sie im Buch „Inselstolz“ – beachten Sie dazu die Anzeige auf S. 27

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