Gegen unbarmherzigen religiösen Fanatismus schreibt dieses Stück an. Der gnadenlosen Rechthaberei, welche die eine Religion von der anderen isoliert und die Menschen miteinander entzweit, stellt Lessing mit seinem „Nathan“ den Glauben an die gnadenhafte Fügung gegenüber, die Menschen zusammenbringt und gegenseitig zu Verdankten und Dankenden macht. … Hier wollte der Dramatiker bewusst ein antitragisches Stück schreiben – im Bewusstsein aller Tragödien des Lebens. Und gegen dieses Denken, das die Lebenstragödien erzeugt, gegen dieses Denken der Ausgrenzung und Abgrenzung wagt Lessing in Sachen Theologie der Religionen vernetztes Denken, Beziehungsdenken. Gegen die Selbstisolation einer Religion gegenüber anderen wagt er es, die Verbindung aller miteinander herauszustellen. Gegen die Überhebung einer Religion über andere zeigt er die Abhängigkeit aller gläubigen Menschen voneinander zu gegenseitigem Wohl – als glückhafte Führung und Fügung.
aus: Lessings „Nathan der Weise“ als Grundlage einer Friedenserziehung heute, in: WCPR – Informationen Nr. 61/2002
vgl. ausführlicher: Ders., Vom Streit zum Weltstreit der Religionen. Lessing und die Herausforderung des Islam, Düsseldorf (Patmos) 1998
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