Ausgabe 2 / 2008 Material von Peter Meinke

Ohne Titel

Von Peter Meinke


dies ist ein gedicht für meinen sohn
Peter
den ich tausendmal gekränkt habe
dessen große wehrlose augen
starr vor schmerz zusehen, wie ich
rase
dünne handgelenke hängen
knochenlos vor verzweiflung, blasser
sommersprossiger rücken
krümmt sich besiegt, das kissen naß
weil ich nicht verstehe.
ich habe aus schwäche und ungeduld
dein zerbrechliches vertrauen für
immer enttäuscht
weil du da warst, verwundbar
wenn ich ein opfer suchte, und weil
ich dachte, du wüßtest
daß du schön bist, daß du strahlst
mit deinen hellen augen, deinem
haar
doch jetzt begreife ich, daß keiner
das von sich weiß, sondern es wieder
und wieder hören muß, bis es
Halt findet
weil man alles zertreten kann
mit der zeit, besonders das schöne
so schreibe ich dies für das leben,
für die liebe, für
dich, meinen ältesten sohn Peter,
10 jahre,
bald 11.


Peter Meinke

„Ohne Titel“
(Gedicht für meinen Sohn)
in:
Gabriele L. Rico
Garantiert schreiben lernen.
Sprachliche Kreativität
methodisch entwickeln –
ein Intensivkurs auf der Grundlage
der modernen Gehirnforschung
Deutsche Übersetzung
von C. Holfelder v. d. Tann u.a.

(c) 1984 by Rowohlt Verlag GmbH
Reinbek bei Hamburg

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