Ausgabe 2 / 2013 Editorial von Margot Papenheim

Organe spenden?

Von Margot Papenheim


„Im Himmel braucht man kein Gepäck“ – da muss eine erst mal draufkommen, dass dem flotten Spruch keine Fastenpredigt zum maßvollen Umgang mit irdischem Hab und Gut etc. folgt. Tatsächlich ist er nämlich einer der eingängigen Werbeslogans für Organspende.

Meine persönliche Favoritin in der Bildergalerie zum Motto – bei der Stiftung „Fürs Lebens. Für Organspende“ der Deutschen Stiftung Organtransplantation herunterzuladen – ist die Flughafenszene. Ein knorriger Petrus mit Bischofsstab verstellt den Durchgang. Bevor sie die Schleuse betreten können, werden die fünf noch sehr gesund und munter aussehenden gen Himmel Reisenden zur Gepäckkontrolle gebeten. Dort wartet schon ein hübscher junger Geflügelter darauf, dass sie ihre Koffer und Taschen ins Körbchen legen. Einziger Anklang an die Realität der Organentnahme: der operationssaalgrüne Hintergrund des Bildes.

Neugierig geworden, klicke ich mich weiter durch die Seite. Unter „Informieren“ eine Fülle von Lesemöglichkeiten: Neues fürs Leben. Eine (Fortsetzungs-) Geschichte fürs Leben. Vorbild des Monats. Und so weiter. Sachliche Information? Vielleicht andernorts? „Hirntod“ gebe ich in die Suchmaschine der Seite ein. Kein Treffer. „Ergebnisoffene Beratung“? Wieder nichts. „Spende“? Bingo – fünf Seiten, ein Link nach dem anderen. Wieder einmal denke ich: Wie gut, dass wenigstens unsere Zeitungen, von der taz über die Süddeutsche bis zur ZEIT, sich immer wieder auch kritisch mit den Fragen rund um Organtransplantationen auseinandersetzen. Sonst könnte man/frau allmählich doch anfangen zu glauben, er oder sie sei einfach nicht genug aufgeklärt – so sie oder er zu den Zweidritteln der Bevölkerung gehört, die laut repräsentativer Umfrage der Apotheken Umschau keine OrganspenderInnen sein wollen oder keine Meinung zu dem Thema haben.

Die vielen Reaktionen von Mitgliedsorganisationen wie von einzelnen Frauen zeigen, wie richtig die Evangelischen Frauen in Deutschland damit liegen, sich mit dem Thema Organtransplantation auseinanderzusetzen. Der Verband wird sich dazu auch gesellschaftlichpolitisch positionieren. Diese ahzw aber will vor allem eins: bei der persönlichen Auseinandersetzung mit der Anfrage nach der Spendenbereitschaft unterstützen. Dazu werden wichtige Aspekte des Themas aufgearbeitet und zum eigenen Nachdenken angeboten. Eine „Empfehlung“ wird nicht gegeben – das widerspräche der Einsicht, dass hier jede/r nur für sich selbst entscheiden kann. Kritische Anfragen an Grundlagen und derzeitige Praxis der Transplantationsmedizin sind angesichts der – längst nicht ausgeloteten – Tragweite des Themas allerdings dringend erforderlich. Sonst kann von aufgeklärten Entscheidungen einzelner wie der Gesellschaft insgesamt keine Rede sein.

Organe spenden? So klar, wie die veröffentlichte Meinung es weithin darstellt, ist die Antwort nicht. Ein persönliches Ja ist aller Ehren wert. Nein oder Enthaltung auch.

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