Alle Ausgaben / 2015 Material von Simone Kluge

Ort der Geborgenheit

Von Simone Kluge

Die Jahreslosungskarte 2016 liegt vor mir: ein Foto, in hellen Farben gehalten. Ich sehe einen schlichten Raum, einen Küchentisch, drei rote Äpfel auf einem rot karierten Küchentuch. Ein Stillleben. Ein stilles, ein leises Bild. Ich möchte Sie einladen, dieses Bild einmal genau zu betrachten und in Stille auf sich wirken zu lassen. – Gong – Stille – Gong

Was fällt Ihnen an dem Bild auf? Was spricht Sie an? Welche Erinnerungen weckt es in Ihnen? – Gong – Sammeln von Eindrücken oder Austausch zu zweit – Gong

Ein Tisch, ein Stuhl, ein Fenster, drei Äpfel … – mehr nicht. Mehr nicht? Ich entdecke Lichtreflexe auf dem Tisch, im Fensterrahmen und im Vorhang. Mein Blick wandert vom Tisch hinauf zum Fenster. Gedanklich nehme ich Platz an diesem Tisch. Mir gegenüber das Sprossenfenster,  von Licht durchströmt und hell. Ich merke, wie ich still werde beim Betrachten dieses Bildes. – Stille

Jetzt fällt mir auch die ungewöhnliche Perspektive auf, aus der heraus das Foto aufgenommen wurde. Hier blickt kein Erwachsener auf einen Tisch. Es ist die Perspektive eines Kindes, das kaum über die Tischkante gucken kann, und dessen Blick sich zwangsläufig auf das richtet, was über dem Tisch zu finden ist. Muss nicht auch ich die Perspektive wechseln, um dieses Bild zu verstehen?

Schaue ich von oben herab, sehe ich dort nur den Tisch, den leeren Stuhl, die Äpfel. Schaue ich von oben herab, sehe ich möglicherweise Abwesenheit und Leere, und ich frage mich enttäuscht: Ist das der mütterliche Trost, den ich mir von Gott erhoffe? Drei rotwangige Äpfel auf einem ansonsten leeren Tisch? Schaue ich von unten, erhebt sich mein Blick über das Stillleben hinaus. Ich sehe mehr als die drei Äpfel auf dem Tisch, die dort jemand für mich arrangiert hat. Ich sehe mehr. – Stille

Wann habe ich zuletzt die Perspektive gewechselt? Den Himmel von unten gesehen, die Erde von oben? Wir brauchen diese andere Perspektive. Das Kind in uns braucht mehr als nur Nahrung. Es braucht Zuspruch und Zuwendung. Es braucht Leichtigkeit und Liebe. Es braucht Trost und Zutrauen. Es braucht Ermutigung und Ermächtigung. Es braucht Aussicht und Perspektive. Anker und Flügel. Es braucht den Apfel. Und es braucht das Fenster.

Gott will uns trösten wie eine Mutter tröstet. Möge diese Verheißung uns dazu ermutigen, wohlgemut in das neue Jahr und in jeden neuen Tag zu starten. Im Vertrauen darauf, dass Gott für uns Nahrung und Flügel bereithält. – Amen. So sei es.

Jahreslosungskarte erhältlich in der EFiD-Geschäftsstelle; siehe Impressum

Ausgabenarchiv
Sie suchen eine Ausgabe?
Hier entlang
Suche
Sie suchen einen Artikel?
hier entlang