Vom Schlager bis zum Hohen Lied der Bibel ist der Garten das Symbol und der Ort des erotischen Glücks. „Komm in meine Liebeslaube, in mein Paradies, denn in meiner Liebeslaube träumt es sich so süß!“, so heißt es in einem Schlager. Dieser Garten ist die Schönheit und der Schoß der Frau, den der Jüngling begehrt, und so fragt er sein Mädchen in einem mittelalterlichen Lied: „Jungfrewlein, sol ich mit euch gan in ewern rosengarten? Und da die roten röslein stan, die feinen und die zarten.“ Das Jungfräulein ziert sich: „In meinen garten kumstu nit zu diesem morgen fruh, den gartenschlüssel findstu nit … er leit so wol verschlossen.“ Der hortus conclusus, der verschlossene Garten, umgeben von der hohen Hecke, ist das Bild der Jungfräulichkeit und damit das Bild Mariens: Maria im Rosenhag!
Im Hohen Lied nennt der Freund seine Geliebte einen verschlossenen Garten, eine verschlossenen Quelle und einen versiegelten Born. Aber es wird nicht die Verschlossenheit des Gartens gerühmt. Der Geliebte wird in den Lustgarten eingeladen: „Mein Freund komme in seinen Garten und esse von seinen edlen Früchten!“ Und der Freund jubelt nach der Vereinigung mit der Geliebten: „Ich bin gekommen… in meinen Garten. Ich habe meine Myrrhe samt meinen Gewürzen gepflückt. Ich habe meine Wabe samt meinem Honig gegessen. Ich habe meinen Wein samt meiner Milch getrunken.“ Der Garten ist in kaum verhüllter Symbolik der Hort des erotischen Glücks.
Fulbert Steffensky
aus:
Am Anfang war ein Garten
in:
Publik-Forum Extra
„Gärten meines Lebens“
© Mai/Juni 2008
Publik-Forum Verlagsgesellschaft mbH
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