Ausgabe 2 / 2007 Editorial von Margot Papenheim

Prostitution

Von Margot Papenheim

„Das nicht auch noch!“ Angesichts der Frage nach einer ahzw zum Thema Prostitution entfährt einer Vorstandsfrau der Evangelischen Frauenhilfe in Deutschland dieser spontane Stoßseufzer. Verständlicherweise. Mit wie vielen Heikelthemen mussten die Frauen sich in den letzten Jahren nicht schon auseinandersetzen! Schwangerschaftsabbrüche, Lesben, Gentechnologie … – und jetzt auch das noch? Andererseits: Eröffnet das Thema Prostitution nicht auch Chancen, etwa zur Auseinandersetzung mit der Frage nach der weiblichen und männlichen Sexualität aus ungewohnter Perspektive? Einhellig entscheidet sich der Vorstand, die Herausforderung anzunehmen. Die Gründe liegen auf der Hand.

abpfiff – Schluss mit Zwangsprostitution! 180.000 Unterschriften sammelten die Mitgliedsorganisationen des Deutschen Frauenrates im Sommer 2006, um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen. Und merkten dabei schnell: Wer Zwangsprostitution bekämpfen will, kommt am Thema Prostitution nicht vorbei. Nur ein er von vielen Aspekten ist die Frage: Wo verläuft die Grenze zwischen Prostitution und Zwangsprostitution?

Ein weiterer Grund: Seit 2002 hat Deutschland ein Prostitutionsgesetz. Sofern die Prostituierten ihre Tätigkeit freiwillig anbieten, wird diese vom Gesetzgeber nicht mehr „als gegen die guten Sitten verstoßend gewertet“. Die evangelischen Frauenverbände haben sich für diese Gesetzesänderung eingesetzt, von der sie eine Verbesserung der rechtlichen Situation von Prostituierten erwarteten. Aktuell prüft die Bundesregierung, wie der rechtliche Schutz von Prostituierten durch weitere gesetzliche Regelungen verbessert werden kann.

Der richtige Zeitpunkt also für eine ahzw zum Thema Prostitution. Auch wenn es konfliktträchtig ist: Die evangelischen Kirchen wissen nicht so recht, wie sie sich dazu verhalten sollen. Die christliche Frauenökumene, sonst in fast allen Fragen einig, wird durch dieses Thema ebenfalls belastet. Und auch die Frauenbewegung insgesamt ist in der Beurteilung der Prostitution zutiefst gespalten. „Ist es normal, dass ein Mann Frauen kauft wie eine Ware? Dass er für ein paar Euro-Scheine ihren Körper und ihre Seele anfassen kann?“ Mit diesen Fragen leitet die EMMA ihr Dossier „Prostitution“ (Jan./Febr. 07) und die nächste Runde im Kampf für deren Abschaffung ein. Auch im internationalen Kontext weht Befürworterinnen des gesetzlichen Schutzes für Prostituierte rauer Wind entgegen. Prostitution verbieten oder wenigstens Freier bestrafen, so der häufige Tenor.

Nach ihrem Beschluss zur Unterstützung des Prostitutionsgesetzes wollten die ev. Frauenverbände sich auch „mit den ethischen und theologischen Aspekten der Prostitution befassen“. Einen Beitrag dazu leistet die vorliegende Ausgabe der ahzw. Bleibt mir nur noch, einzuladen: zur Annäherung an ein spannendes, heiß umstrittenes, uraltes und doch immer aktuelles Thema.

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