Ausgabe 1 / 2016 Material von Brot für die Welt

Saatgut – Keimzelle des Lebens

Von Brot für die Welt

Saatgut ist ein wertvolles Gut, das uns ernährt und am Leben hält. Das über Jahrtausende erworbene Wissen über die Auswahl, Erhaltung und Lagerung von Saatgut für den Ackerbau ist groß und wird von Generation zu Generation weitergegeben. Das Sammeln und Züchten von Saatgut hat eine enorme Vielfalt von Früchten, Gemüse und Getreide hervorgebracht, aus der die Menschheit schöpft. Darauf gründen alle Pflanzen unserer modernen Ernährung.

In den Händen von Frauen
In vielen bäuerlichen Gemeinden liegt die Bewahrung von Saatgut in den Händen von Frauen. Sie sind es, die über Jahrhunderte aus Wildpflanzen die Vielfalt von Nutzpflanzen entwickelt, gepflegt und erhalten haben und wussten, was getan werden muss, um trotz Schädlingsbefalls, ­Dürre, Überflutung, schlechter Böden oder anderer widriger Umstände ernten zu können. Häufig sieht daher ein Feld aus wie ein bunter, wild wuchernder Kleingarten. Grundnahrungsmittel wie Süßkartoffeln, Yams, Mais oder Reis wachsen neben Gemüse, Gewürzen, Kräutern und Früchten. Diese Vielfalt ist die beste Risikoabsicherung gegen Schädlinge und die unstete Witterung.

Außerdem haben die Bäuerinnen ihre Kenntnisse von Generation zu Generation weitergegeben. Zur Auswahl, Erhaltung und Lagerung von Saatgut haben sie Verwaltungssysteme entwickelt und gepflegt. Der Fortschrittsglaube einer industriell ausgerichteten Agrarindustrie, wie sie heute weitflächig betrieben wird, lässt diesen Erfahrungsschatz vieler Frauen jedoch außer Acht und missachtet ihre überaus produktive Rolle in der Landwirtschaft.

In der Verantwortung der Religionen
Alle Religionen und spirituellen Gemeinschaften, auch die Christen, erkennen die Aufgabe der Menschheit als Wächterin der biologischen Vielfalt und Bewahrerin der Schöpfung an. Saatgut ist das Herz der Biodiversität der Natur und symbolisiert die Fähigkeit aller Pflanzen und Lebewesen, sich selbst zu regenerieren und zu reproduzieren. Viele indigene Gemeinschaften behandeln ihr Saatgut während dessen Lebenszyklus mit besonderer Fürsorge. So führen sie vor der Aussaat und nach der Ernte spezielle ­Rituale durch, mit denen sie um Regen und die Heilung des Bodens und des Landes bitten.

Es ist unsere Aufgabe, dieses Saatgut vor dem Aussterben zu bewahren und seine reiche Vielfältigkeit wiederzubeleben. Wir danken den früheren Genera­tionen von Bäuerinnen und Bauern dafür, ihr Saatgut verbessert und ihr Wissen darüber an uns weitergegeben zu haben. Wir erkennen das Wissen und die Fähigkeiten der heutigen Kleinbauern und Kleinbäuerinnen an.

Das Wiederbeleben von Saatgutvielfalt ist eine Strategie, um für öko­logische, ökonomische und soziale Gerechtigkeit für diese Bäuerinnen und Bauern und für unsere eigene Ernährungssicherheit zu sorgen. Weiterhin haben wir die moralische Pflicht, uns an die Bedürfnisse der Generationen zu erinnern, die nach uns kommen. Wir sind verpflichtet, sicherzustellen, dass auch sie die Möglichkeit haben werden zu säen, zu ernten und zu essen.

Die Broschüre „Vielfalt säen – Freies Saatgut erhalten“ informiert gut verständlich über die Hintergründe zum Zugang zu Saatgut. Projekt-Beispiele aus aller Welt zeigen hoffnungsvolle Ansätze. Download der gesamten Broschüre unter:
https://www.brot-fuer-die-welt.de/fileadmin/mediapool/2_Downloads/WeltGemeinde/Gemeindematerial/Broschuere-Saatgut_Vielfalt_s%C3%A4en.pdf

aus:
Vielfalt säen
Freies Saatgut erhalten

Trishandya, Finanzbeauftragte der örtlichen Navdanya-Frauengruppe, zeigt die Ernte und das Saatgut eines Dorfes in den Ausläufern des
Himalayas. Die Organisation Navdanya betreibt Saatgutbanken und bewahrt und vermehrt somit traditionelles Saatgut.

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