Ausgabe 2 / 2003 Material von Steffen-Schrade, Jutta

Samoaner im Frankfurter Zoo

Von Steffen-Schrade, Jutta

 

„Darf ich die Herrschaften bekannt machen: Herr Tamasese Le Alofi, Fürst von Aana, Sohn des Königs Tamasese von Samoa, Frau Vaainga, Seine Gemahlin zweiter Ehe – das Frankfurter Publikum.“

So und ähnlich stellte die Direktion des Frankfurter Zoologischen Gartens im Jahre 1910 ihre „samoanischen Gäste“ vor. Anlass war kein Empfang, sondern die Eröffnung einer „völkerkundlichen Ausstellung“, Ort des Geschehens nicht das damalige Völkermuseum, sondern der zoologische Garten, und im Mittelpunkt des Ereignisses stand keine ethnographische Sammlung, sondern die Zurschaustellung von Samoanern.

Völkerschauen, d.h. Zurschaustellungen von Menschen fremder Kulturen, waren im Unterhaltungsgeschäft des 19. und frühen 20. Jahrhunderts in Europa und Nordamerika gang und gäbe. Sie dienten der populären Unterhaltung sowie der Volksbildung und sollten schließlich das öffentliche Interesse an der aktuellen Kolonialpolitik fördern. Während der ein- oder mehrjährigen Tourneen zeigten die Darsteller ihren exotisch anmutenden Alltag oder boten in einer Art Theateraufführung „typische“ Szenen ihrer Heimat dar.

Bereits im Oktober 1895 gastierten die Samoaner im Passage-Panoptikum in Berlin. Über die Samoaner schrieb Professor Rudolf Virchow: „Die Berliner Anthropologische Gesellschaft und ich selbst haben mit größtem Interesse die Vorstellungen der Samoaner und diese selbst in Augenschein genommen. Eine Rasse, welche so große körperliche Vorzüge mit einer wahren Fülle von natürlicher Grazie und Ausdauer verbindet, ist an sich eines der merkwürdigsten Phänomene in der Entwicklungsgeschichte der Menschheit. Die von Herrn Marquardt ausgewählten Personen zeigen diese Eigenschaften in besonders hohem Maße. – Ich kann nur wünschen, dass recht viele Europäer diese Naturwunder sehen und würdigen möchten.“

Jutta Steffen-Schrade, Exkurs: Samoaner im Frankfurter Zoo, in: Gerda Kroeber-Wolf und Peter Mesenhöller (Hrsg.), Talofa! Samoa, Südsee © (Roter Faden 21), Museum für Völkerkunde, Frankfurt am Main 1998 (heute Museum der Weltkulturen)

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