Alle Ausgaben / 2014 Material von Gerda Drewes

Schalk in der Kirche

Von Gerda Drewes


Wer ein Ohr dafür hat, hört aus manchen biblischen Abschnitten ein schalkhaftes Gelächter, wer den Blick dafür hat, entdeckt hinter biblischen Bildern, Steinplastiken, Schnitzereien, mit denen unsere Väter ihre Gotteshäuser schmückten, einen schmunzelnden Handwerker oder Künstler. Das Herz geht einem auf, wenn man unvermutet darauf stößt!

Diese Freske, auf der linken Wand der Kirche St. Georg in Oberzell, illustriert ein Spottlied auf die Schwatzsucht der Frauen:

Ih will hi shribun,
von diesen tumben wibun,
was hi wirt pla pla gesprochen
üppigs in der wochun
das wirt allus wohl geraht,
so es wird für den rihter gebraht.

Ich will hier schreiben
von diesen dummen Weibern,
was hier geplappert viel zu viel
in der Woche
das wir alles wohl gerächt,
wenn es vor den Richter gebracht wird.

Teufel halten eine Kuhhaut, einer von ihnen schreibt auf, was die beiden Frauen so eifrig beschwatzen. Die rechtsseitige möchte der Erzählerin gleichsam das Wort aus dem Munde ziehen! Sie schwatzen so viel, dass der Teufel mit dem Schreiben gar nicht nachkommen kann – „es geht auf keine Kuhhaut“! Ob die Frauen von Oberzell besonders schwatzsüchtig gewesen sind, dass man es für nötig hielt, sie wenigstens sonntags in Schach zu halten mit diesem Spottvers?


aus:
Der Bote für die evangelische Frau 10/1957
© EFiD

Ausgabenarchiv
Sie suchen eine Ausgabe?
Hier entlang
Suche
Sie suchen einen Artikel?
hier entlang