„Das Geheimnis ist, davon überzeugt zu sein, dass man schön ist. Wenn Sie es sind, werden es andere Menschen auch sein. Schönheit ist relativ.“ Nicht jede Frau wird sich aufgrund dieser Erkenntnis der amerikanischen Autorin Victoria Moran entspannt zurücklehnen und, zum Beispiel, auf Schmuck verzichten.
Vermutlich fühlen Frauen sich weit mehr von Peter Herion verstanden, der bei den unterschiedlichsten Völkern dieser Erde beobachtet hat, dass es „eines der Grundbedürfnisse des Menschen ist, sein Erscheinungsbild weit möglichst zu seinem Vorteil zu verändern. Dazu bietet sich Kleidung und – vor allem – Schmuck gut an. Schmuck ist nicht grundlegend ¬ abhängig von Material und Form, sondern richtet sich immer nach dem Empfinden des einzelnen Menschen. Je einfacher das kulturelle Umfeld eines Menschen ist, desto größer ist der Drang, aus dieser Primitivität zu fliehen. Man schmückt sich, um schön zu sein, um sich aus der Masse der Gleichartigen herauszuheben.“
Dazu passt der heutige Schmucktrend, der die individuelle Note der Trägerin betont. Eine Chance für das Goldschmiedehandwerk, das überwiegend nach den Wünschen der Kundinnen und Kunden arbeitet und deren persönliche Note einbezieht, während Schmuck „von der Stange“ austauschbar und wenig individuell ist. Übrigens können dabei durchaus Wünsche nach preiswertem Schmuck realisiert werden, ohne dass er billig wirkt. Um Schmuck nach eigenem Entwurf aus Gold, Platin, Silber oder anderen Materialien fertigen zu können, absolvieren Goldschmiedinnen und Goldschmiede eine dreieinhalbjährige Lehrzeit, in der vor allem in Berufsfachschulen Wert auf Gestaltung gelegt wird. Neben einer soliden Ausbildung braucht es für die Arbeit am Werkbrett Fantasie, Hingabe und vor allem Geduld.
Neben ihren handwerklichen Fähigkeiten braucht die Goldschmiedin allerdings auch Einfühlungsvermögen. Von Anfang an entwickelt sie eine persönliche Beziehung zur Kundin. Häufig kommen Frauen mit „60+“ zu ihr in die Werkstatt, die ihre Familienzeit hinter sich haben: Die Kinder sind aus dem Haus, der Mann ist bereits im Ruhestand – und nun möchten die Frauen sich selbst etwas Gutes tun. Sie stellen fest, dass die Dinge, die in ihrem Schmuckkasten liegen, ziemlich aus der Mode gekommen sind. Sie möchten ein besonderes Stück gefertigt haben, das vielleicht ihre alten Erinnerungsstücke mit einbezieht, aber eben auch ihre persönlich Note, ihre Farbwünsche für Edelsteine.
Hier kommt die Goldschmiedin zum Einsatz, die in ihrer Ausbildung ihr Form- und Farbempfinden zu entwickeln gelernt hat. Wo die Phantasie auf technische Grenzen stößt, gilt es, diese zu überwinden und nach anderen Möglichkeiten der Gestaltung zu suchen. Mitunter geht es einer beim Entwerfen wie dem Schriftsteller vor dem weißen Blatt Papier – ihr fällt einfach nichts ein. Dann heißt es, die Sache eine Weile ruhen lassen und zu einem späteren Zeitpunkt wieder in Angriff nehmen. Das Wichtigste aber bleibt der Bezug auf die Kundin, die sich verstanden wissen möchte. Und das braucht Mitgefühl und Zeit: sie zu überrumpeln oder ihr etwas aufzuschwatzen, um möglichst schnell viel umzusetzen, würde auf Dauer nicht funktionieren. Umgekehrt muss aber auch für die Künstlerin die „Chemie“ stimmen: widerwillig angefertigte Schmuckstücke werden meistens nichts.
Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten – und doch gibt es objektive Kriterien, nach denen Schmuck beurteilt werden kann:
– Wie ist das Gleichgewicht von Flächen oder Flächengestaltung im Schmuckstück verteilt? Gibt es ein optisches Übergewicht zu einer Seite, nach oben oder unten?
– Passen die Farben zueinander? Sind sie komplementär oder nehmen sie sich gegenseitig die Wirkung?
– Sind die Metalle aufeinander abgestimmt? Wie korrespondieren sie mit den Farben der Edelsteine?
– Wirkt das Schmuckstück insgesamt ausgewogen, oder ist es mit zu vielen erschiedenen Gestaltungselementen überladen?
Solches Form- und Farbempfinden ist erlernbar, es hilft den KünstlerInnen maßgeblich dabei, die Individualität ihrer KundInnen zu entdecken und zu fördern. Ein besonders beglückendes Gefühl ist es, wenn Frauen „ihr Schmuckstück“ gefunden haben – und manchmal findet das Schmuckstück auch „seine Kundin“. Dann fühle ich mich als Künstlerin in der Arbeit bestätigt. Mitunter entwickelt die Goldschmiedin zu ihrem Werkstück auch eine ganz besondere Beziehung und gibt es deshalb ungern aus der Hand.
Neben den verschiedenen Metallen wie Platin, Gold und Silber, das häufig selbst legiert wird, verwendet eine Goldschmiedin natürlich auch Edelsteine und Perlen in allen Formen und Farben. Edelsteine haben eine magische Anziehungskraft auf Menschen – nicht umsonst gibt es so viel Literatur über ihre Wirkung. Einige wichtige Steine möchte ich hier etwas näher beschreiben.
Diamant (chem. Kohlenstoff; griech. „der Unbezwingbare“) ist mit der Härte 10 der härteste aller Edelsteine. Auf diese Härte spielen auch die Bibelstellen Jer 17,1 und Ez 3,9 an. Der weiße, gelbliche oder bräunliche Stein wird in Afrika, den GUS-Staaten, Brasilien und Australien gefunden. Seine phantastische Lichtbrechung macht ihn zu einem der wertvollsten Schmucksteine. Der Brillant ist eine Schliffform und bringt den Diamanten zur funkelnden Vollendung. In der Medizin reichen die Heilerfahrungen bis auf 2000 Jahre vor Christus zurück; er soll helfen, Blockaden und Verunreinigungen im Körper zu beseitigen.
Rubin (chem. Aluminiumoxid; von lat. rubeus = rot) gehört mit der Härte 9 zu der Gruppe der Korunde. Eine besondere Art ist der Sternrubin. Rubin wird gefunden in Sri Lanka, Indien Burma, Brasilien und Norwegen. Rubine, so dachte man in der Antike, seien das direkte Blut der Erde, sie verkörpern die Kraft und die Liebe des Lebens. Im Mittelalter bezeichnete man sie auch als Karfunkelsteine. Hildegard von Bingen erkannte ihre besondere Heilwirkung auf das Blut, die Blutgefäße und die Leber.
Saphir (chem. Aluminiumoxid), ebenfalls ein Korund mit der Härte 9, schimmert farblich von weiß über gelb, rosa und grün, meist aber, durch die Anteile von Titan und Eisen, kornblumenblau. Er wird gefunden Sri Lanka, Indien, Australien und Brasilien. Als ein Grundstein des neuen Jerusalems wird der Saphir auch in der Bibel erwähnt (vgl. Offb 21,18; 2.Mose/Ex 24,109; Jes 54,11; Ez 1,26; Tob 13,20). Die Griechen verehrten Saphire als Steine der Weisheit, Treue, Klugheit und Vernunft. Hildegard v. Bingen, Bischöfe und Könige verwandten sie als Schutz- und Heilsteine. Der Saphir verbindet den Körper mit dem Geist und der Seele und baut stressbedingte und chronische Erkrankungen ab.
Granat (chem. Magnesium-Aluminium-Mineral; lat. granatus = Korn) mit dem Härtegrad 7-7,5 kann in den vielfältigsten Farben auftreten, meistens aber rot und rotbraun. Fundorte sind Böhmen, Madagaskar, Kanada, Indien, Südafrika, Brasilien und Österreich. Der Granat gehört seit dem Altertum zu den 29 „Grundsteinen des Lebens“. Im Mittelalter wurde er als Vermittler des Selbstvertrauens und zur Erhaltung der Freundschaft geschätzt. Als Heilstein stärkt er das Herz, regelt den Blutdruck und stärkt den Blutkreislauf.
Lapislazuli (chem. Natrium-Aluminium-Silikat) weist die Härten 5 und 6 auf. Fundorte sind Afghanistan, Chile und GUS-Staaten. Seine Farbe variiert von hellblau bis dunkelblau undurchsichtig, oft mit goldenen Pyrit-Einschlüssen. Das Wort Lapislazuli leitet sich ab von arab. Azul = Himmel und lat. lapis = Stein. Der Lapislazuli wurde schon 5000 vor Christus zu Schmuck verarbeitet. Er wurde zum Schutzstein der Ägypter, Griechen, Römer und Indianer. Die Menschen glaubten, dass es ein Himmelsstein sei, in dem sich die göttliche Kraft, die Geborgenheit und das unendliche Leben konzentriert. Ebenso soll er die zwischenmenschlichen Beziehungen, das Selbstvertrauen und die wahre Freundschaft fördern. Als Heilstein löst er Verkrampfungen, wirkt beruhigend, reinigend, senkt den Blutdruck und soll Hautkrankheiten vorbeugen.
Mondstein (chem. Kalium-Aluminium-Silikat, Härte 6-6,5) ist weiß, milchig. Natrium verleiht dem Mondstein seinen opalisierenden Charakter. Fundorte sind Brasilien, USA und Madagaskar, Sri Lanka und Indien. Dieser Stein galt schon bei den Griechen und Römern als Kraftstein, der die Eigenschaften des Mondes auf der Erde verstärken sollte. In arabischen Ländern gilt er noch heute als Segen bringender Familienstein. Er wird auch häufig mit in die Kleidung eingenäht. Der Mondstein soll eine starke Kraft besonders auf die Eigenschaften der Frau ausüben. Er hat durch seine Wirkung auf die Hypophyse Einfluss auf den Hormonhaushalt und wirkt so harmonisierend.
Smaragd (chem. Aluminium-Beryllium-Silizium) erhält seine grüne Farbe durch das Chrom und gehört mit Härte 7-8 zu den Beryllen. Fundorte sind Kolumbien, Indien, GUS-Staaten, Pakistan, Brasilien, Australien und Österreich. Seinen Namen erhielt er vom griech. smaragdos = die grüne Göttin aller Steine. Schon in der Antike galt der Smaragd als Stein der Liebe und Beständigkeit und Treue. Besonders Kleopatra verjüngte ihr Aussehen damit, weil sie glaubte, im Smaragd wohne die unendliche Schönheit der Venus. Aber auch die Inkas und Azteken verehrten Smaragde als heilige Steine. Als Heilstein hat der Smaragd eine besondere Wirkung auf die Wirbelsäule, das Nervensystem, die Muskulatur und die Knochen und stärkt auch das innere Gleichgewicht.
Opal (chem. Siliziumdioxid) der ¬ Härte 5,5-6,5 ist durchsichtig, weiß, blau oder schwarz mit opalisierenden Einschlüssen. Fundorte sind vor allem Australien und Brasilien. Der Opal wurde in der Antike unmittelbar mit den Göttern in Verbindung gebracht. Er hatte von allen anderen Edelsteinen etwas abbekommen, denn in ihm finden sich alle Farben wieder. Er symbolisierte die unverfälschte Liebe und galt als Balsam für die Seele. Die Heilwirkung bezieht sich auf den Magen und die oberen Verdauungsorgane. Boulderopale, dunkelbraunes, eisenhaltiges Muttergestein mit farbigen Einschlüssen, wirken besonders auf Venen und Arterien und beugen Verkalkungen und Entzündungen vor.
Ziel
Die Frauen haben miteinander Spaß daran, Schmuck auszuprobieren – und vielleicht ihren persönlichen Geschmack weiter zu entwickeln, wenn sie fragen: Welcher Schmucktyp bin ich?
Zeit
1,5 – 2 Stunden
Material
Schmuckstücke aller Art (von den Frauen mitgebracht);
3 Kärtchen pro Teilnehmerin:
(1) Schmucktyp A: eher sportlich – klare, grafische Formen und Flächen, helle und klare Farben – Platin, Silber, Weißgold
(2) Schmucktyp B: eher verspielt – florale, verschnörkelte, geschwungene Formen – Rotgold, Silber
(3) Schmucktyp C: eher klassisch – archaische Formen – Schwerpunkt Edelsteine – Gelbgold
Kopiervorlage für die Kärtchen für AbonnentInnen unter www.ahzw.de unter Service zum Herunterladen vorbereitet
Vorbereitung
Beim vorhergehenden Treffen oder in der Einladung bittet die Leiterin die Frauen, zum verabredeten Termin ihr Lieblingsschmuckstück anzulegen und eine Reihe von weiteren Schmuckstücken mitzubringen, auch solche, die in der Regel unbenutzt im Schmuckkästchen liegen; diese evtl. schon zuhause mit einem kleinen Faden o.ä. kennzeichnen lassen!
Ablauf
Die Leiterin hat auf dem Tisch oder in der Mitte des Stuhlkreises ein großes dunkles Tuch ausgebreitet. Sie bittet die Frauen, das Tuch mit den mitgebrachten Schmuckstücken zu dekorieren.
Mein liebstes Stück
In einer ersten Runde erzählen die Frauen einander reihum, warum das angelegte Schmuckstück ihr Lieblingsschmuck ist.
Reine Geschmackssache?
Die Leiterin weist darauf hin, dass Schmuck natürlich persönliche Geschmackssache ist – dass wir dabei aber durchaus „Schmucktypen“ sind. Sie verteilt die Kärtchen mit den Hinweisen zu den drei Schmucktypen auf dem Tisch und bittet die Frauen, sich „ihre“ Karte zu nehmen.
Nun tun sich jeweils 3 – 4 Frauen zu Grüppchen zusammen und schmücken einander aus dem reichhaltigen Fundus in der Mitte entsprechend den gewählten Schmucktypen. Sie tauschen sich darüber aus, wie jede selbst sich in dem nun angelegten Schmuck des Typs ihrer Wahl fühlt – und ob die anderen ebenfalls finden, dass diese Frau und dieser Schmuck zueinander passen. Wenn die Zeit reicht und die Frauen mögen, kann (in denselben Kleingruppen) eine gegenseitige Schmuckberatung folgen – und nach Herzenslust ausprobiert werden!
Untragbar?
Die Frauen treffen sich (mit dem in den Kleingruppen zuletzt angelegten Schmuck) wieder in der großen Runde. Die Leiterin gibt den Impuls zum folgenden Gespräch mit etwa dem Hinweis: Welchen Schmuck finde ich für mich völlig „untragbar“? Wer oder was hat dabei meinen gegenwärtigen Schmuckgeschmack geprägt? Orientiere ich mich an bestimmten Trends – oder ist es mir wichtiger, mich unabhängig von Moden mit meinem Schmuck wohl zu fühlen?
Umgestalten
Nun bittet die Leiterin die Frauen, den ganzen Schmuck wieder in die Mitte zu legen; jede Frau nimmt die von ihr mitgebrachten Stücke wieder an sich und legt sie vor sich auf den Tisch oder Boden.
Abschließend regt die Leiterin die Frauen dazu an, von ihrem selten oder nie getragenen Schmuck ein Stück in die Hand zu nehmen, das sie eigentlich gerne tragen würde, etwa, weil damit eine besondere Erinnerung verbunden ist. Jeweils zwei Frauen, die nebeneinander sitzen, überlegen gemeinsam, mit welchen kleinen oder größeren Veränderungen diese Stücke wieder „tragbar“ wären. Evtl. können kleine Entwürfe dazu gezeichnet werden – ggf. Papier und Stifte bereithalten.
Wenn die Frauen Lust dazu haben, könnte die Leiterin zu einem nächsten Treffen eine Goldschmiedin aus der Nähe einladen und die Frauen könnten mit ihr besprechen, ob (und zu welchem Preis) sich ihre Ideen zur Umgestaltung verwirklichen ließen.
Petra Wegner, Jg. 1957, ist Goldschmiedemeisterin und arbeitet seit 1999 selbständig. Die Mutter von 16-jährigen Zwillingen war 13 Jahre lang nebenberuflich Küsterin und ist ehrenamtl. Kreisbeauftragte für Frauenarbeit in Ronnenberg, Region Hannover. Durch Teilnahme am Stipendium Ehrenamt „Kompetent in Beruf und Öffentlichkeit“ fand sie eine Möglichkeit, Beruf und Frauenarbeit zu verknüpfen.
Auf Anfrage sind Ausstellungen mit Schmuck in Gemeinden der Region Hannover möglich.
Informationen: Tel.: 05109-7147; www.goldschmiede-wegner.de
Eine letzte Ausgabe der leicht&SINN zum Thema „Bauen“ wird Mitte April 2024 erscheinen.
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