Alle Ausgaben / 2007 Editorial von Margot Papenheim

Schmuck – Sprache der Geschlechter

Von Margot Papenheim


„Eine Halskette, ein Armband und Ohrringe!“ Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, beantwortet die junge Frau die Frage der Mitarbeiterin einer Ausländerbehörde, was ihr Mann ihr zum letzten Geburtstag geschenkt habe. Das Gespräch dient der Prüfung, ob das Paar – sie Deutsche, er Türke – wegen einer Aufenthaltserlaubnis für den jungen Mann eine Scheinehe führt.

Szenenwechsel. „Erinnern Sie sich, was Sie Ihrer Frau zum letzten Geburtstag geschenkt haben?“ Ein strahlendes Lächeln überzieht sein Gesicht, bevor er im Brustton der Überzeugung verkündet: „Aber natürlich! Eine dunkelrote Rose …“

Ende der Vorstellung. Ganz nebenbei enthüllt diese kleine, eigentlich bedrückende Szene: Wie nichts sonst ist Schmuck seit eh und je vor allem Sprache. Sprache zwischen den Geschlechtern. „Juwelen sprechen oft mit stummer Kunst, gewinnen mehr als Wort des Weibes Gunst“, verdichtete William Shakespeare den Gedanken – und empfahl den Einsatz der funkelnden Pracht zu Werbezwecken. Wesentlich unfreundlicher kommentiert Ernest Hemingway die schier unauflösliche Beziehung zwischen den Frauen und ihrem Schmuck: „Keine Situation kann für eine Frau so kritisch sein, dass sie ihren Schmuck vergäße.“ Hören wir da Frauenverachtung? Originell wäre es nicht. Schon einige Jahrzehnte vor Christi Geburt lästerte der römische Gelehrte – und erste Gemologe – Plinius der Ältere: „Unsere Damen schätzen Perlen an ihren Fingern wie auch zwei oder drei, welche von ihren Ohren baumeln. Dem nicht genüge, tragen sie diese auch an den Füßen – nicht nur an den Schnürbändern ihrer Sandalen, sondern auf dem ganzen Schuh. Es genügt ihnen nicht die Perlen zu tragen, sie müssen auf ihnen treten.“

Frauenfeind oder nicht – wahrscheinlich lag Hemingway mit seiner bissigen Bemerkung nicht ganz falsch. Oder ist die beziehungserfahrene Zsa Zsa Gabor eine große Ausnahme unter den Frauen, wenn sie zugibt: „Ich habe keinen Mann so gehasst, dass ich ihm seine Diamanten zurückgegeben hätte“? In kirchlichen Kreisen sind viele Frauen allerdings eher zurückhaltend beim Tragen, gar Schwärmen von Schmuck. Anders als der Koran – wo es in Sure 16,14 heißt: „Und Er ist's, der euch das Meer dienstbar machte, damit ihr … Schmuck daraus hervorholet ihn anzulegen“ – raten neutestamentliche biblische Texte den Frauen eindringlich dazu, die Finger vom Schmuck zu lassen und auch ihre natürlichen schmückenden Accessoires zu verbergen, weil „Mann“ da etwas falsch bzw. richtig verstehen könnte. Was allerdings darauf schließen lässt, dass auch die Herren Schreiber biblischer Briefe durchaus um die kraftvolle Sprache der glitzernden Kleinode wussten. Warum sonst hätten sie den Frauen das Tragen von Schmuck madig machen sollen?

Ich wünsche Ihnen beim Lesen unserer Schmuckgeschichten viel Freude – und genussvolle Träume in Gold und Edelstein, ob zuhause oder gemeinsam in der Gruppe!

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