Ausgabe 2 / 2006 Editorial von Claudia Janssen und Margot Papenheim

Schönheit im Gesprach

Von Claudia Janssen und Margot Papenheim

Selten genug, aber manchmal passiert es doch. Dann erleben wir, was Elke Heidenreich in einer ihrer hinreißenden Kolumnen in der Brigitte einmal beschrieben hat. Wir schauen in den  Spiegel und denken: „Schade, dass mich heute Morgen niemand sieht! Nein, ich habe kein neues beeindruckendes Kleid an. Nein, es ist überhaupt nichts Besonderes los. Ich sehe nur einfach heute  Morgen fabelhaft aus, ja, man muss es in aller Schlichtheit so sagen: fa-bel-haft.“

Der Regelfall ist das aber für die meisten Frauen leider nicht. Wesentlich vertrauter sind uns Spiegel-Gedanken wie: Diese Ringe unter den Augen! Und: Wie sehen meine Haare denn schon wieder aus! Zu kurz, zu lang, zu kraus, zu glatt, zu rot, zu grau. Und: Im Laden saß der Pullover doch wie angegossen – warum fühle ich mich jetzt darin wie eine fette Wurst in der Pelle? Oder: Gut, dass gleich die lange Hose drüber kommt und ich diese formlosen Beine nicht in Nylons vorführen muss. Nein, fa-bel-haft! sehe ich wirklich nicht aus. Habe ich nie ausgesehen und werde ich auch nie aussehen. Da kann ich machen, was ich will. Andererseits: Muss, ja will ich denn überhaupt fa-bel-haft! aussehen? Wer legt eigentlich fest, was schön und nicht schön ist? Und kommt es nicht sowieso mehr auf innere Werte als auf die äußere Erscheinung an? Obwohl: Wenigstens einmal, ein einziges Mal im Leben die Schönste sein, die bewundernden Blicke der anderen spüren, sich  einfach nur schön fühlen – welche Frau hätte davon noch nie geträumt?

Fragen wie diese stellen sich Frauen heute in einem gesellschaftlichen Klima, das oft mit „Schönheitswahn“ beschrieben wird. Den uralten Wunsch, sich schön zu machen, erfüllen Frauen sich in einer Zeit, in der „schön“ so viel heißt wie perfekt, ein entsprechend auf Norm gebrachter Körper inklusive. Sich schön anziehen und so auch anziehend sein zu wollen, trifft auf die Erwartung, durchgestylt daher zu kommen. Alles ist – oder scheint zumindest – machbar. Gegen jeden „Makel“ gibt es das passende Mittel, und für jede erwünschte Wirkung auch. Tausendfach werden uns Tag für Tag die Bilder weiblicher Schönheit vor Augen geführt, an denen wir Maß nehmen. Bewusst oder unbewusst. Gewollt oder ungewollt. Sich damit auseinander zu setzen, bleibt  keiner Frau erspart. Es im Gespräch mit anderen zu tun, macht die Sache leichter.

Und weil die Schönheit nicht nur ein  Thema, sondern auch ein schönes  Frauenthema ist, wurde diese Ausgabe der ahzw gemeinsam von der Ev. Frauenhilfe in Deutschland und der Ev. Frauenarbeit in Deutschland vorbereitet. So unterschiedlich Frauen sind, so verschieden sind die Gefühle und Gedanken, die das Stichwort Schönheit bei ihnen auslöst. Vielfältig, auch widersprüchlich. Anregend, und manchmal auch aufregend. Wir würden uns freuen, wenn diese Arbeitshilfe Sie darüber ins Gespräch bringt.

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