Alle Ausgaben / 2006 Editorial von Margot Papenheim

Tanzen bis in den Himmel hinein

Von Margot Papenheim

„Ich tanze mit Dir in den Himmel hinein, in den siebenten Himmel der Liebe. Die Erde versinkt, und wir zwei sind allein…“ – Schwingt da nicht der Körper schon im Dreivierteltakt, sobald die Melodie im Kopf klingt? Seit 1937, als Lilian Harvey und Willy Fritsch erstmals zu den Klängen dieses Langsamen Walzers übers Parkett schwebten, hat der Schlager offenbar nichts von seinem Zauber verloren. Vielleicht deshalb, weil jede und jeder weiß, dass das Tanzen und der Himmel – irgendwie – zusammen gehören?

Dass das Tanzen etwas „Überirdisches“ hat, spürte wohl auch Fred Astaire. Er nannte es „ein Telegramm an die Erde mit Bitte um Aufhebung der Schwerkraft“. Friedrich Nietzsche würde sogar „nur an einen Gott glauben, der zu tanzen verstünde“. Und selbst wer das Tanzen so gar nicht mit dem Himmel in Verbindung bringen kann, ahnt die „unterirdischen“ Fallstricke: „Beim Tanz geigt der Teufel gern auf“, warnt der Volksmund. Da verwundert es nicht, dass sich auch die Kirchen immer wieder mal zum Tanzen geäußert haben. Der heilige Thomas von Aquin befand, dass der Tanz an sich nichts Böses sei, sondern ein Akt der Tugend oder des Lasters sein könne. Je nachdem. Ähnlich dachte Martin Luther, der 1525 klar stellte, dass es nicht des Tanzens Schuld sei, wenn Sünden dabei geschehen. „Gleichwie es nicht des Essens und Trinkens Schuld ist, wenn etliche zu Säuen darüber werden.“ Diese gelassene Bewertung wurde allerdings in der evangelischen Frömmigkeitsgeschichte nicht durchgehalten. So schreibt etwa der Prediger Lucae in Kassel in seinem „Geistlichen Weltschlüssel“ 1679, dass die heutigen Tänze nicht mit denen „ehrbarer Heiden“ verglichen werden könnten, geschweige denn mit denen Davids oder Miriams, die „allein ohne Gesellschaft tantzeten“, während „bey uns kan ohne Vermischung Weiber und Männer kein fröhlicher Tantz geschehen“. Die Furcht vor dem, was passieren kann, wenn Menschen tanzen, saß tief. Ihnen das Tanzen auszutreiben, ist aber trotzdem nicht gelungen. Vielleicht deshalb, weil es zutiefst menschlich ist, im Tanz „natürliche“ Grenzen zu überwinden: Grenzen zu anderen Menschen, Grenzen zu den eigenen Gefühlen, Grenzen zu Gott?

Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen und beschwingte Stunden in den Gruppen. Tanzen Sie einfach mit – bis in den Himmel hinein!

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