Alle Ausgaben / 2005 Material von Sabine Jäger

Tulpenfieber

Von Sabine Jäger


Als frisch ernannter Botschafter war Ghislain de Busbecq am 23. November 1554, im Auftrag des österreichischen Kaisers, in die Türkei aufgebrochen. Sein Ziel war der Hof des Sultans Süleyman des Prächtigen. Zwar war Busbecq vordringlich in diplomatischen Diensten unterwegs, doch sollte der vielseitig gebildete Flame außerdem auch ein Auge auf die fremdländische Botanik haben.
„Nachdem wir einen Tag in Adrianopel gelegen hatten, setzten wir unsere Reise nach Konstantinopel fort, das nun nicht mehr fern war. Auf unserem Weg wurden uns überall Blumen angeboten: Narzissen, Hyazinthen, und auch solche, die die Türken tulipam nennen.“ Dieser Brief ist der Ausgangspunkt für die Verwirrung um die Namensgebung der Tulpe. Denn die Türken nannten die Tulpe keineswegs tulipam oder tülbend, sondern lalé. Sie hatten den Namen ebenso wie die Blume selbst aus Persien importiert. Ghislain de Busbecq hielt tülbend für den Namen dieser schönen Blume, tatsächlich bezeichnet „tülbend“ aber das gewickelte Turbantuch der Türken.
Jedenfalls verschickte Busbecq schon bald Tulpenzwiebeln und Samen an den Wiener Hof. In Wien agierte geraume Zeit später Carolus Clusius als Leiter des kaiserlichen Gartens. Seine Tätigkeit in Wien hat Clusius wenig befriedigt, und er hat dann einen Ruf an die Universität Leiden angenommen. Als Clusius 1593 in Leiden eintraf, hatte er im Gepäck die wohl beste Tulpensammlung Westeuropas.
Noch ist zu Beginn des 17. Jahrhunderts die Tulpe eine exotische Blume, die vorerst nur von ausgesprochenen Liebhabern gewürdigt wurde. Ab 1634 erfasst der sogenannte Tulpenwahn die Niederlande. Es werden jetzt nicht mehr die Tulpen selbst, sondern Besitzrechte an Tulpen verkauft. 2500 Gulden wurden z.B. für eine Tulpe der berühmten Sorte „Viceroy“ geboten. Zu Beginn des Jahres 1637 erreichte der Tulpenhandel seinen Höhepunkt. Es kam zu der berühmten Auktion in Alkmaar, wo 70 Tulpenzwiebeln für 90.000 Gulden versteigert wurden. Es sollte die letzte Auktion werden, bei der horrende Summen für Tulpen zu erzielen waren. Denn bereits im Februar brach der Markt wie aus heiterem Himmel plötzlich zusammen. Knapp drei Jahre hatte der Spuk gedauert. Zurück blieben Tausende überschuldeter Menschen. Doch es war auch der Beginn der Tulpenzucht, die die Niederlande berühmt machen sollte. 

aus: Von Zwiebeln, Delfter Fliesen und dem Tulpenfieber
© Westdeutscher Rundfunk Köln

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